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Berliner Zeitung 10.01.2020

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6 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 8 · F reitag, 10. Januar 2020<br />

·························································································································································································································································································<br />

Made in Berlin<br />

BERLINER BEKANNTE<br />

NEU IN DER STADT<br />

Supermarkt<br />

in<br />

XXL<br />

VonJochen Knoblach<br />

Wenn man mit der Ringbahn<br />

auf der nördlichen Route unterwegs<br />

ist, kann man ihn sehen,<br />

auch als Autofahrer von der Beusselstraße<br />

aus –den <strong>Berliner</strong> Großmarkt.<br />

Seit den 60er-Jahren versorgen<br />

sich auf dem 320 000 Quadratmeter<br />

großen Areal am Westhafen<br />

Ladenbesitzer und Gastronomen<br />

mit frischem Obst und Gemüse,mit<br />

Fleisch und Fisch. Obwohl es dort<br />

auch Blumenläden mit einer Gesamtfläche<br />

vonfast zwei Fußballfelderngibt,<br />

gilt der Großmarkt in Moabit<br />

als der „Bauch Berlins“.<br />

Bereits zwei Stunden nach Mitternacht<br />

beginnt dort inder Halle des<br />

Fruchthofs das Geschäft. Danach folgen<br />

im Zwei-Stunden-Takt der Blumenmarkt,<br />

die Fleisch- und die<br />

Fischgeschäfte. Rund 300 Großhandelsfirmen<br />

sind auf dem Markt tätig<br />

und beschäftigen etwa 2500 Menschen.<br />

Wasauf dem Großmarkt jährlich<br />

umgeschlagen wird, bringt zusammen<br />

fast 600 000 Tonnen auf die<br />

Waage.Der Jahresumsatz wirdmit einer<br />

Milliarde Euro beziffert. Ein Supermarkt<br />

in XXL.<br />

Am Alex gegründet<br />

Der Ursprung des <strong>Berliner</strong> Großmarkts<br />

liegt indes ganz woanders: am<br />

Alexanderplatz. In den 80er- und<br />

90er-Jahren des 19. Jahrhunderts ließ<br />

der Magistrat von Berlin im Rahmen<br />

eines kommunalen Bauprogramms<br />

elf Markthallen in der Stadt errichten.<br />

Für diese wurde in der Folge der <strong>Berliner</strong><br />

Großmarkt als Betreibergesellschaft<br />

installiert. Ihren Sitz hatte die<br />

Gesellschaft in der „Zentralen Markthalle“<br />

am Alexanderplatz, die 1886 als<br />

erste kommunale <strong>Berliner</strong> Markthalle<br />

im nordwestlichen Eck zwischen der<br />

heutigen Karl-Liebknecht-Straße und<br />

S-Bahn-Trasse eröffnet wurde.<br />

Nachdem die Markthalle am Alexanderplatz<br />

im Krieg zerstört und nur<br />

zumTeil wieder aufgebaut wurde,zog<br />

die Verwaltungsgesellschaft 1949<br />

nach Mariendorfumund wurde dort<br />

1960 in die <strong>Berliner</strong> Großmarkt<br />

GmbH umfirmiert. Fünf Jahre später<br />

folgte der Umzug in neu gebaute Hallen<br />

an der Beusselstraße.Dortwurde<br />

der neue <strong>Berliner</strong> Großmarkt am<br />

20. März1965 eröffnet.<br />

Nach wie vorist der <strong>Berliner</strong> Großmarkt<br />

ein landeseigenes Unternehmen.<br />

Hauptmieter auf dem Gelände<br />

ist der Fruchthof Berlin, eine bereits<br />

1949 gegründete Genossenschaft von<br />

Händlern, die an der Beusselstraße<br />

gut ein Drittel des Warenumschlags<br />

bestreitet und sich durchaus als<br />

Macht auf dem Marktversteht.<br />

Im Sommer 2017 initiierten die<br />

Fruchthofler jedenfalls die „Interessengemeinschaft<br />

Lebensmittel- und<br />

Frischecluster Berlin“. DerenZiel war<br />

es,den <strong>Berliner</strong> Großmarkt in eigene<br />

Regie zu nehmen und effizienter zu<br />

organisieren. Dafür sollte mit dem Senat<br />

ein Erbpachtvertrag abgeschlossen<br />

werden. Neue Straßen, Investitionen<br />

in Hallen und handwerkliche Lebensmittelproduktion<br />

waren geplant.<br />

Im März2018 lehnte der Senat<br />

das Ansinnen jedoch ab. In jenem<br />

Jahr erwirtschaftete der Großmarkt<br />

einen Gewinn von3,1 Millionen Euro.<br />

Auch die Einkaufswagen sind auf dem<br />

Großmarkt größer.<br />

BLZ/MARKUS WÄCHTER<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

... nach<br />

Geschlecht<br />

in Berlin<br />

Frauen Männer<br />

29 050<br />

29 313<br />

2016<br />

2017<br />

Zu Besuch in Deutschlands<br />

einzigem inklusiven Coworking<br />

Space Tuechtig<br />

lädt Gründerin Stefanie<br />

Trzecinski ein, sich auf dem Anpass-<br />

Bar-Hocker niederzulassen und einen<br />

Kaffee zu trinken. Es ist ein Hocker<br />

der besonderen Art. Wie der<br />

Name sagt, anpassbar. Bestehend<br />

aus einem System von aufeinander<br />

gestapelten Boxen, die auch als Tritt<br />

funktionieren, macht er es Menschen<br />

jeder Größe möglich, auf Augenhöhe<br />

mit am Tisch zu sitzen –so<br />

zum Beispiel auch Kleinwüchsigen.<br />

Entworfen wurde er in Kooperation<br />

mit dem Produkt-Designer Moritz<br />

Balzer.<br />

Behinderte und nicht behinderte<br />

Menschen arbeiten hier auf 760 barrierefreien<br />

Quadratmetern zusammen.<br />

Es gibt vier Besprechungsräume,<br />

einen Raum der Stille, ein<br />

Großraumbüro und ein Filmstudio<br />

mit Greenscreen, der auch Rollstuhlfahrern<br />

zugänglich ist. Hier werden<br />

Videos zu Themen inklusiven Lebens<br />

produziert. Außerdem gibt es Konferenzräume,die<br />

vermietet werden.<br />

2012 hat Stefanie Trzecinski<br />

Tuechtig eröffnet. Zusätzlich steuert<br />

sie auch die Projekte von „Kopf,<br />

Hand &Fuß“, einer gemeinnützigen<br />

Gesellschaft für Bildung, die sie 2010<br />

ins Leben gerufen hat und deren Anliegen<br />

es ist, das Leben behinderter<br />

Menschen leichter zu machen und<br />

das Zusammenleben selbstverständlicher.<br />

Die Entwicklung einer<br />

App, mit der Jobcenter-Formularein<br />

deutscher Gebärdensprache erklärt<br />

werden, gehörte zu den ersten Projekten<br />

von „Kopf, Hand &Fuß“, ein<br />

anderes war die Entwicklung von<br />

„Irmgard“: Mit dieser App können<br />

Menschen, die nicht schreiben und<br />

lesen können, es lernen. DerCoworking<br />

Space Tuechtig ist quasi die<br />

Zentrale,das Labor für diese Ideen.<br />

Hier geht es aber auch darum zu<br />

zeigen, wie Behinderte und nicht behinderte<br />

Menschen gut zusammenarbeiten<br />

können und was dazu gehört.„Es<br />

gibt viel zu bedenken, wenn<br />

22 919<br />

23 258<br />

Schwerbehinderte<br />

in Beschäftigung<br />

in Berlin<br />

52 571<br />

51 969<br />

2016<br />

Besetzte Pflichtarbeitsplätze<br />

von schwerbehinderten Menschen, Berlin 2017<br />

Schleswig-Holstein 4,4%<br />

Bremen 4,3%<br />

5,2%<br />

Rheinland-Pfalz 4,1%<br />

Saarland 4,2%<br />

Hamburg<br />

4,2%<br />

Niedersachsen 4,3%<br />

Hessen<br />

5,1%<br />

Baden-<br />

Württemberg<br />

4,3%<br />

Sachsen-<br />

Anhalt<br />

Thüringen<br />

4,4%<br />

3,4%<br />

Bayern<br />

4,6%<br />

5,2%<br />

2017<br />

Private<br />

Arbeitgeber<br />

Anteil der besetzten<br />

Pflichtarbeitsplätze<br />

in Berlin 2017<br />

3,7%<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

5,3%<br />

Berlin<br />

4,2% Brandenburg<br />

4,1%<br />

Sachsen<br />

Arbeitgeber mit<br />

20 und mehr<br />

Arbeitsplätzen<br />

Arbeitslose<br />

schwerbehinderteMenschen<br />

in Berlin, Oktober 2019, in Klammern<br />

Veränderung zum Vorjahreszeitraum<br />

Männer Frauen<br />

4519 (–2,6%) 7618 3099 (–4,3%)<br />

Mit Schulabschluss<br />

5738 (–3,3%)<br />

Barrierefreie<br />

Büroarbeit<br />

Im Coworking Space Tuechtig arbeiten behinderte<br />

und nicht behinderte Menschen zusammen.<br />

Es ist ein Ort, an dem Inklusion funktioniert<br />

man barrierefrei arbeiten und das<br />

Zusammenleben von Behinderten<br />

und Nicht-Behinderten möglichst<br />

einfach gestalten möchte“, sagt<br />

Trzecinski. Deshalb bildet sie Inklusionsberater<br />

aus, die von Anfang an<br />

unterstützend zur Seite stehen können,<br />

wenn ein Büro eingerichtet<br />

oder vielleicht auch eine Ausstellung<br />

konzipiert wird. „Oft werden die Bedürfnisse<br />

Behinderter erst in Betracht<br />

gezogen, wenn die Planungen<br />

schon abgeschlossen sind. Viel besser<br />

wärees, sie vonAnfang an mitzudenken.<br />

Wer wäre dafür besser geeignet<br />

als Menschen, die aus eigener<br />

Erfahrung wissen, was eine Behinderung<br />

bedeutet.“<br />

Sichtbar für Sehbehinderte<br />

Öffentliche<br />

Arbeitgeber<br />

Anteil der besetzten<br />

Pflichtarbeitsplätze<br />

in Berlin 2017<br />

8,2%<br />

7618<br />

Ohne Schulabschluss<br />

1240 (–3,8%)<br />

Keine<br />

Angaben<br />

640<br />

(–2,0%)<br />

Erwerbstätigkeit<br />

schwerbehinderter<br />

Menschen in Berlin<br />

2017, in Klammern<br />

Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

Stand Oktober 2019<br />

Arbeitslose<br />

Schwerbehinderte nach Berufen<br />

Berlin, Stand Oktober 2019<br />

Unternehmensführung/-organisation<br />

Lebensmittel- /Gastgewerbe<br />

Handel<br />

Soziale u. kulturelle Dienstleistung<br />

Verkehr- und Logistik<br />

Sicherheit<br />

Fertigung<br />

Bau- und Ausbau<br />

Reinigung<br />

Unternehmensbezogene Dienstleistung<br />

Medizinische/nicht-medizinische Gesundheit<br />

Fertigungstechnik<br />

Land-, Forst- und Gartenbau<br />

IT- u. naturwissenschaftliche<br />

Dienstleistung<br />

Arbeitslose<br />

insgesamt in Berlin 2019,<br />

in Klammern Veränderung<br />

zum Vorjahreszeitraum<br />

Gesamt<br />

152 105<br />

(–4,0%)<br />

VonNikolas Feireiss (Text) und Isabella Galanty (Infografik)<br />

darunter<br />

schwerbehinderte<br />

Menschen<br />

5%<br />

248<br />

246<br />

243<br />

174<br />

433<br />

430<br />

406<br />

390<br />

800<br />

579<br />

672<br />

Langzeitarbeitslose<br />

schwerbehinderte<br />

Menschen in Berlin<br />

2912 2725<br />

2018<br />

2019<br />

724<br />

627<br />

1406<br />

QUELLE: BA<br />

Die Säulen in der ehemaligen Industriehalle,<br />

inder Tuechtig betrieben<br />

wird, sind etwa von der Klebebande,einem<br />

Tape ArtKollektiv,verschönertworden.<br />

Dassieht cool aus,<br />

macht sie aber auch sehbehinderten<br />

Coworkernsichtbar.Dagegen laufen<br />

ausgeschlossen. Die Türen zu den<br />

Toiletten sind grau gestrichen, die zu<br />

den Meetingräumen gelb.Sowerden<br />

sie besser unterscheidbar. Brailleschrift<br />

ist selbstverständlich. Gerne<br />

entwickeln würde Trzecinski noch<br />

eine Funktion, die es tauben Menschen<br />

ermöglicht zu erfahren, ob sie<br />

eintreten können, wenn sie an eine<br />

Tür geklopft haben. Einfreundliches<br />

„Herein“, können sie schließlich<br />

nicht hören.<br />

Von einem selbstverständlichen<br />

Zusammenleben und -arbeiten behinderter<br />

und nicht behinderter<br />

Menschen sei man leider noch weit<br />

entfernt, meint auch Dominik Peter,<br />

Vorsitzender des <strong>Berliner</strong> Behindertenverbands<br />

„Für Selbstbestimmung<br />

und Würde“. Längst nicht genug Betriebe<br />

erreichen die Pflichtquote von<br />

fünf Prozent behinderter Mitarbeiter.<br />

Auch die Arbeitslosenzahlen Behinderter<br />

sind immer noch höher,als die<br />

nicht behinderter Menschen. Aus<br />

dem aktuellen Jahresbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Integrationsämter<br />

und Hauptfürsorgestellen<br />

geht hervor, dass die Arbeitslosigkeit<br />

bundesweit von 2017 auf 2018 bei<br />

schwerbehinderten Menschen um<br />

minus vier Prozent gesunken ist, bei<br />

Menschen ohne Schwerbehinderung<br />

aber um minus acht Prozent. „Selbst<br />

wenn die Statistik mal ein paar Vermittlungen<br />

mehr angibt, sind die Probleme<br />

seit Jahren die gleichen“, sagt<br />

Peter. In Berlin würden die bürokratischen<br />

Mühlen des Landesamtes für<br />

Gesundheit und Soziales (Lageso) zu<br />

langsam arbeiten, wenn es darum<br />

gehe Anträge auf Förderungen zu bearbeiten,<br />

so seine Erfahrung. „Die<br />

Freie Wirtschaft kann nicht monatelang<br />

warten, bis eine Unterstützung<br />

gewährt oder auch eben nicht gewährtwird“,sagt<br />

er.<br />

Peterist selbstRollstuhlfahrer und<br />

arbeitet freiberuflich als Journalist.<br />

Freiberuflichkeit sei für viele Menschen<br />

mit Behinderung bislang eher<br />

keine Option. „Ein inklusiver Coworking<br />

Space wie Tuechtig hat da eine<br />

Vorreiterrolle.Erzeigt, dass das möglich<br />

ist, und zwar nicht nur vomeigenen<br />

Wohnzimmer aus“, sagt Peter.<br />

„Die Zusammenarbeit an so einem<br />

Ort macht Mut zur Unabhängigkeit,<br />

auch vonoffiziellen Stellen.“<br />

DasTuechtiglebt ganz ohne institutionelle<br />

Unterstützung. Der bürokratischeAufwand<br />

sei dafür zu groß.<br />

Stefanie Trzecinski arbeitet dafür mit<br />

Universitäten zusammen, etwa der<br />

Kunsthochschule Weißensee oder<br />

der Humboldt-Universität.<br />

Bruno Ziebell, der gerade sein<br />

Studium als Designer abgeschlossen<br />

hat, ist über eine Kooperation<br />

der Kunsthochschule Weißensee<br />

auf Tuechtig aufmerksam geworden.<br />

Er selbst ist nicht behindert.<br />

Für Ziebell ist seine jetzige Arbeit<br />

eine ganz neue Art Design zu denken.<br />

Er kann die Möbel von Anfang<br />

an mit den Menschen entwickeln,<br />

die sie später auch nutzen werden.<br />

Zurzeit entwickelt er eine Türklinke,<br />

die sich nach unten verlängert und<br />

es kleinwüchsigen Menschen und<br />

Rollstuhlfahrern leichter macht,<br />

Türen zu öffnen. „Das Tollste an Tuechtig<br />

ist für mich, dass ich sofort<br />

Feedback für meine Ideen bekomme“,<br />

sagt Ziebell. „Ich kann<br />

einfach etwas in den Raum stellen<br />

und finde sofortganz unterschiedliche<br />

Menschen, die sich interessierenund<br />

Anregungen geben.“<br />

Drachen<br />

holt Strom<br />

vom Himmel<br />

VonJochen Knoblach<br />

Wer Wind bestmöglich nutzen<br />

will, muss hoch hinaus. Jehöher,<br />

desto besser, lautet eine Grundregel<br />

im Geschäft mit Windkraftanlagen.<br />

In der Folge werden Windräder<br />

immer mächtiger. Ansehnlicher werden<br />

sie dadurch freilich nicht, billiger<br />

schon gar nicht. Und dennoch sind<br />

sie noch immer nicht hoch genug,<br />

um quasi jederzeit zuverlässig Strom<br />

liefern zukönnen. Die mögliche Lösung<br />

des Problems: fliegende Windkraftwerke.<br />

Weltweit befassen sich etwa<br />

70 Unternehmen intensiv mit der<br />

Entwicklung solcher Systeme. Allein<br />

in Europa sucht ein Dutzend Firmen<br />

nach Lösungen zur Stromerzeugung<br />

in großer Höhe –auch in Deutschland.<br />

In der Ackerstraße inMitte hat<br />

das Unternehmen Enerkite seinen<br />

Sitz,das sein fliegendes Kraftwerkinnerhalb<br />

der nächsten zwei Jahre zur<br />

Marktreife bringenwill. „Wir machen<br />

erneuerbare Energie so günstig, dass<br />

niemand mehr eine Ausrede hat, sie<br />

nicht zu nutzen“, sagt Firmenchef<br />

und -gründer Alexander Bormann.<br />

„Und zugleich liefernwir Stromsozuverlässig<br />

wie aus Kohle und Gas.“<br />

Enerkite liefertDrachenstrom.<br />

Effizienter als ein Windrad<br />

Dafür lässt das Unternehmen tatsächlich<br />

einen etwa 30 Quadratmeter<br />

großen Drachen mehrere Hundert<br />

Meter aufsteigen –bis dorthin,<br />

wo der Wind kräftig und beständig<br />

bläst. Dort oben drehen sich allerdings<br />

keine Windräder. Es ist die<br />

Zugkraft des Drachens, die hier zu<br />

Strom gemacht wird. Denn beim<br />

Aufstieg treiben diesich abrollenden<br />

Seile einen Generator am Boden an,<br />

der den Strom erzeugt. Dann wird<br />

derDrachen wieder ein Stückeingeholt,<br />

um in langen Achten erneut<br />

aufzusteigen und wiederum Strom<br />

zu produzieren. Computerprogramme<br />

starten und landen den<br />

Drachen automatisch und halten<br />

ihn stets in der optimalen Flugposition.<br />

Da beim Einholen des Drachens<br />

nur ein Zehntel der Energie<br />

benötigt wird, die beim Aufstieg erzeugt<br />

wird, bleibt ein nennenswerter<br />

Energieüberschuss übrig. „Außer bei<br />

Gewitter kann der Drachen eigentlich<br />

immer in der Luft sein“, sagt<br />

Bormann.<br />

Laut Firmenangaben arbeitet das<br />

Drachenkraftwerk vorallem sehr effizient.<br />

Denn während die Generatoren<br />

herkömmlicher Windkraftanlagen<br />

im Schnitt bei nur 25 Prozent der<br />

Zeit die maximale Stromausbeute liefern,<br />

soll dieser Anteil beim Drachen<br />

bei über 50 Prozent liegen. Die sogenannten<br />

Stromgestehungskosten beziffert<br />

Bormann auf fünf bis zehn<br />

Cent proKilowattstunde.<br />

InsgesamtfünfMillionen Euro hat<br />

das heute 22-köpfige Unternehmen<br />

bislang in die Entwicklung des Drachenkraftwerks<br />

investiert. Im Oktober<br />

hatte Enerkite während eines<br />

Branchentreffens im schottischen<br />

Glasgow die stabile Kontrolle über<br />

den fliegenden Drachen demonstriert.<br />

Nunwirdeine Containerlösung<br />

des Systems aufgebaut, die dann an<br />

fast jedem Ort aufgestellt werden<br />

kann, um beispielsweise Ladestationen<br />

für Elektrofahrzeuge netzunabhängig<br />

mit Stromzuversorgen. Allerdings<br />

ist die Energieausbeute noch<br />

gering. Daserste Kraftwerksoll es auf<br />

eine Leistung von 100 Kilowatt bringen,<br />

später soll eine Ein-Mega-Watt-<br />

Anlage folgen, sagt Bormann.<br />

ENERKITE

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