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ZETT No. 3

900 Jahre Stadtjubiläum Freiburg Kulturförderung. Wer bekommt was? Angst in der Kunst ...

900 Jahre Stadtjubiläum Freiburg
Kulturförderung. Wer bekommt was?
Angst in der Kunst
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musik

…ich persönlich kann das bestätigen.

Ich bin gern und viel unterwegs, aber ich fahre immer gern

wieder nach Hause. Es ist schon ein großer Luxus, am Meer zu

wohnen.

Ich habe gelesen, dass Ihre Band erst seit dem letzten Jahr einen

eigenen Proberaum hat in Greifswald - gibt es heute überhaupt

noch so etwas wie Subkultur, also einen Gegenentwurf zur etablierten

Kulturszene mit kommerziellen Großkonzerten, wie Sie

sie ja inzwischen auch geben?

Klar gibt es die, speziell im Punkrock und im Hip-Hop. Wir hatten

uns jahrelang Proberäume mit anderen geteilt, und jetzt

haben wir einen eigenen mit unseren Vätern zusammen eingerichtet.

Das ist ein immenser Luxus. Jetzt können wir auch mal

chillen und haben nicht den Druck, dass gleich schon wieder die

nächste Band kommt.

Noch eine weitere Frage zum Thema Gegenentwurf: Sind Sie

deshalb ein wilder Punkrocksänger geworden, weil Sie als Kind

mal Blockflöte lernen mussten?

[lacht] Nein, keine Ahnung. Ich hatte das ja damals als Kind

schon nach zwei, drei Mal abgebrochen. Wenn ich gewusst hätte,

dass man da Noten können muss, hätte ich ja auch gleich Klavier

lernen können.

In diesem Jahr haben Sie als Statist in einem Polizeiruf mitgespielt.

Davor gab es einen Dokumentarfilm über Sie und Ihre Band

von Charly Hübner mit dem Titel „Mein wildes Herz“. Werden wir

Sie in zwanzig Jahren, nach all den wilden Sprüngen auf der Bühne,

als Polizeikommissar im Fernsehen erleben, zieht es Sie da hin?

Ich konnte es mir genauso wenig vorstellen, mal in einem Polizeiruf

mitzuspielen, wie ich es mir damals vorstellen konnte, in

einer Band in Rock am Ring zu spielen. Ich bin da einfach immer

offen für ganz viele Sachen. Vor ein paar Jahren haben wir auch

Lieder für eine moderne Version des Theaterstücks „Die Leiden

des jungen Werthers“ geschrieben und eingespielt. Ich habe da

später auch noch eine Schauspielrolle gespielt. Ich hatte keine

Ahnung, aber Bock drauf. So ist das bei uns mit vielen Sachen.

Oft sieht man Ihre Beine auf Fotos und im TV – was schätzen

Sie, wie viele Menschen haben sich ihre Eltern auf den Körper

tätowieren lassen?

Das kann ich nicht sagen. Aber ich habe ja den Song „Niemand

wie Ihr“ auf der neuen Platte als Geschenk für meine Eltern geschrieben.

Seither schicken mir dauernd Leute Fotos, darunter

auch immer wieder welche, die ihre Eltern tätowiert haben. Da

bin ich also keine Ausnahme. Aber in meinem engsten Umfeld

kenne ich auch wenig Leute mit sowas. Aber ich finde das bis heute

immer noch cool und freue mich, dass ich das gemacht habe.

Noch so eine Frage nach den modernen Zeiten: Politisch rechts

und links – gibt es das überhaupt noch? Oder verlaufen die Gräben

inzwischen woanders? Zwischen klug und dumm, reich und arm

oder Stadt und Land?

Ja, es gibt viele Gräben, aber es gibt auch noch rechts und links,

in vielerlei Hinsicht. Wenn heute Leute kein Problem damit haben,

wieder dem Nationalismus zu frönen und nach unten zu

treten, dann ist das für mich eine klare, rechte Einstellung. Natürlich

gibt es auch Unterschiede zwischen Stadt und Land und

noch viele andere Dinge, die die Leute trennen oder eben auch

vereinen.

Thema Neonazis: Wie groß ist die Gefahr wirklich? Droht uns

ein zweites 1933, ist es so ernst?

Vor zehn Jahren hätte sich niemand vorstellen können, dass

die AfD heute im Bundestag sitzt und bei Wahlen zweistellige

Ergebnisse erzielt, auch im Westen. Da stellt sich jetzt die Frage:

Was wird sein in nochmal zehn Jahren, wenn die Leute nicht den

Arsch hochbekommen, dagegen vorzugehen? Es gibt die

NSU-Morde, Todeslisten bei einzelnen Bundeswehr-Soldaten,

den Fall Walter Lübcke, der zuhause von Neonazis hingerichtet

wurde, die Synagoge in Halle. Was de facto schon passiert ist,

dass Leichensäcke bestellt wurden mussten, da weiß man, dass

die Gefahr doch immens ist. Ich glaube, es ist wichtig, sich auf

die coolen Leute zu fokussieren und die zu stärken und Projekte,

die sich gegen Neonazis einsetzen und gegen all die, die diesem

Rechtsruck hinterherlaufen. Es gibt viele Leute, die auf die Straße

gehen und sagen, OK, bis hierhin und nicht weiter. Es ist wichtig

für das eigene Leben, diese Leute zu supporten.

Foto: Andreas Hornoff

Foto: Andreas Hornoff

Positioniert sich klar gegen rechts: Die Greifswalder Band Feine Sahne Fischfilet.

62 zett. Monat November 2019 2019

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