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Der Stille
entgegen
Camping auf dem Wasser? Wird in einem Hausboot zu
Glamping. Mit einem Flair, das mancherlei dem Urlaub im
Reisemobil entspricht. Und darüber hinaus mehr bietet.
Text & Fotos: Helmut Stark
Abendrot in der Nacht: Im Juni
bleibt es in Finnland dämmrig.
Den Ankerplatz schützt der
Windschatten der Insel.
Wir sitzen auf der Terrasse, die Sonne
geht in einem grandiosen Feuerwerk
unter, still liegt der See vor
uns ausgebreitet. Ein paar Möwen schreien,
ein paar kleine Wellen plätschern. Fast unmerklich
schwankt unsere Terrasse hin und
her. Wir befinden uns auf unserem Hausboot
in Mittelfinnland. Der See heißt Päijänne und
ist der längste See Finnlands.
Die Geschichte dazu beginnt vor ein
paar Stunden: In strahlenden Sonnenschein
stehen wir in Jyväskylä am Hafen auf dem
Steg. Pavel von der Vermieterfirma Bellamer
Marinas erwartet uns und zeigt uns unser
schwimmendes Zuhause: einen rechteckigen
Block auf dem Wasser. Unser Hausboot.
Dabei hat dieser Katamaran mit einem
Boot auf den ersten Blick wenig zu tun, eher
mit einem Wohnmobil. Glasflächen bilden
Front und vordere Seitenwände. Große
Schiebetüren öffnen sich zum Frontdeck. Sie
lassen die Sonne hinein ins Wohnzimmer
samt Küchenzeile. Zwei Schlafräume, eines
mit Stockbetten, eines mit zwei Einzelbetten,
bieten jede Menge Platz für uns.
Sofort nehmen die beiden Mädchen,
Marlene und Patricia, das Schlafzimmer im
Heck in Beschlag. Meinem Sohn Manuel und
mir bleibt das Zimmer mit den Stockbetten.
Auch gut.
Neben dem Badezimmer steht – für Finnen
selbstverständlich – eine holzgeheizte
Sauna. Eine enge Wendeltreppe am Heck
führt ein Stockwerk höher auf das Sonnendeck:
Sitzgruppe, Sonnenliegen und Gasgrill.
Camperherz, was willst du mehr.
Pavel führt uns ein in die Geheimnisse
des Bootes. Die Stromversorgung mittels
Sonnenpanels auf dem Dach und Stromgenerator
am Heck. Das Tablet mit der Navigationssoftware,
immer online, immer 4G-Netzstatus,
eingerichtet als WLAN-Hotspot.
Den Vortrieb erzeugt am Heck ein 60 PS
starker Außenbordmotor von Mercury. Das
reicht für das maximale Tempo von stolzen
zehn km/h. Sprit sparen wir lieber mit durchschnittlich
fünf bis sieben km/h – gemütliches
Cruisen ist angesagt.
Pavel ernennt mich als einzigen Erwachsenen
zum Kapitän, die Jugendlichen dürfen
noch nicht. Ein Führerschein, egal ob für
Auto oder Boot, ist nicht notwendig, nur die
Kreditkarte mit einer Sicherheitsleistung.
Pavel nimmt sich lange Zeit, uns und vor
allem mir die Raffnessen der Motorsteuerung
zu zeigen. Wie das Triebwerk hydraulisch
auf das Steuerrad reagiert, wie sich das
Boot stoppen lässt. Nicht ruckartig, lieber
dem Getriebe Zeit lassen, in den Rückwärtsgang
zu schalten. Im Crashkurs erklärt uns
Pavel die notwendigen Knoten und wie das
Boot am Kai vertäut wird.
Dann geht‘s los. Alle an Bord, auch Pavel
noch, Leinen los. Aufregend, das erste Mal
den Ganghebel nach vorn zu drücken, das
Boot zu spüren, wie es vorwärts schiebt. Nach
links und rechts zu steuern. Nein, ein Sportboot
ist unser Klotz sicher nicht, dafür liegt er
zu breit und zu träge auf dem Wasser.
Auch das Anlegen üben wir unter Anleitung.
Langsam quer an die Mauer manövrieren,
mit kurzen Stößen des Bugstrahlruders
ausrichten und mit den Leinen vertäuen. Das
sieht bei Pavel so einfach aus, bei mir klappt
es so einigermaßen. Jedenfalls so gut, dass er
uns allein auf große Fahrt schickt.
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