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(193-256) (2,0 MB) - Anwaltsblatt - Deutscher Anwaltverein

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200<br />

MN<br />

denen die schon erwähnte Gefahr sehr groß ist, dass ihre<br />

Dienste für das Waschen von Erlösen aus kriminellen Tätigkeiten<br />

missbraucht werden.<br />

Die Parenthese lässt sich im Sinne eines Willens des<br />

Richtliniengebers verstehen, Rechtsanwälte und Notare<br />

auch dann nur partiell (nämlich nur unter den Voraussetzungen<br />

des Art. 2 a Nr. 5 der Richtlinie/§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1<br />

GwG) den Geldwäschebestimmungen zu unterwerfen,<br />

wenn sie sich steuerberatend betätigen. Eine Rechtsanwaltskanzlei<br />

wird sich zudem auch deshalb auf diese Privilegierung<br />

der Rechtsanwälte stützen können, wenn sie nach außen<br />

nur als Rechtsanwaltskanzlei oder Sozietät bzw.<br />

Partnerschaft von Rechtsanwälten auftritt und nicht etwa<br />

als „Rechtsanwälte Steuerberater“.<br />

Würde ein Rechtsanwalt hingegen als Wirtschaftsprüfer<br />

bei „betriebswirtschaftlichen Prüfungen“ (§ 2 Abs. 1 WPO)<br />

tätig, dürfte dafür grundsätzlich § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

GwG gelten, da sich in diesem Fall eine entsprechende Privilegierung<br />

wie bei der anwaltlichen Steuerberatung weder<br />

der Richtlinie noch dem GwG entnehmen lässt.<br />

c) Notare<br />

Für Notare gehen die beschriebenen Pflichten nach dem<br />

GwG grundsätzlich abweichenden beurkundungsrechtlichen<br />

Bestimmungen vor. Dies hat die Bundesregierung in ihrer<br />

Gegenäußerung auf die Stellungnahme des Bundesrates zum<br />

Entwurf des Geldwäschebekämpfungsgesetzes klargestellt.<br />

Der Bundesrat hatte eingewandt, dass nach § 26 Abs. 1<br />

Satz 1 der Dienstordnung für Notarinnen und Notare für die<br />

Identitätsfeststellung geringere Anforderungen gelten als<br />

nach dem GwG. Beurkundungsrechtlich müsse der Notar<br />

auch bei Ungewissheit über die Beteiligten die Niederschrift<br />

aufnehmen, wenn ein Beteiligter dies verlange; der Notar<br />

habe nur diesen Sachverhalt nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BeurkG<br />

in die Niederschrift aufzunehmen 6 . Die Bundesregierung<br />

hat dem entgegengehalten, dass die Identifikation nach<br />

den (strengeren) Anforderungen des GwG erfolgen müsse,<br />

die Identifizierung aber unverzüglich nachgeholt werden<br />

könne und müsse, wenn die Beurkundung beurkundungsrechtlich<br />

durchzuführen sei. Die unverzügliche Nachholung<br />

sei noch eine Identifizierung „bei“ der Mitwirkung an einem<br />

in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG genannten Geschäft 7 .<br />

2. Inhalt und Umfang der Identifizierungspflichten<br />

a) Identifizierungspflicht nur bei „auf Dauer angelegten<br />

Geschäftsbeziehungen“ oder Annahme von Bargeld<br />

und dgl.<br />

Die Identifizierungspflicht ist die Grundpflicht des GwG<br />

und verankert das „Know your customer“-Prinzip, das der<br />

EG-Geldwäscherichtlinie zugrunde liegt 8 . Sofern Rechtsanwälte<br />

und Notare an der Planung und Durchführung der<br />

in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG genannten Transaktionen<br />

mitwirken, unterliegen sie den Identifizierungspflichten des<br />

Geldwäschegesetzes – dies jedoch nur unter einer weiteren,<br />

wesentlichen Einschränkung: Die in § 3 Abs. 1 Satz 1<br />

GwG in Bezug genommenen allgemeinen Identifizierungspflichten<br />

für Institute nach § 2 Abs. 1 bis 3 GwG setzen<br />

stets eine „auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung“ (§2<br />

Abs. 1 Satz 1 GwG) oder die „Annahme von Bargeld,<br />

Wertpapieren im Sinne von § 1 Abs. 1 des Depotgesetzes<br />

oder Edelmetallen im Wert von (ggf. zusammen) 15.000<br />

Euro“ (§ 2 Abs. 2 i.V. m. Abs. 3 GwG) voraus.<br />

Der Fall der Empfangnahme von Geld, Wertpapieren<br />

oder Wertsachen soll im Folgenden weitgehend außer Be-<br />

AnwBl 4/2004<br />

Aufsätze<br />

tracht bleiben – er ist im Rahmen der wirtschaftsanwaltlichen<br />

Beratung von vergleichsweise geringer Bedeutung –;<br />

näher untersucht werden sollen nur die Pflichten bei einer<br />

„auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung“.<br />

Für die betragsunabhängige Identifizierungspflicht<br />

kommt es entscheidend darauf an, was eine „auf Dauer angelegte<br />

Geschäftsbeziehung“ ist. Der Begriff ist weder legaldefiniert<br />

noch liefert die Gesetzesbegründung zum GwG<br />

insoweit für die anwaltliche Tätigkeit Anhaltspunkte. Zwar<br />

hat das Geldwäschebekämpfungsgesetz in § 2 Abs. 1 Satz 2<br />

für Institute festgelegt, dass eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung<br />

„insbesondere bei der Führung eines Kontos<br />

und bei den sonstigen in § 154 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung<br />

genannten Geschäften“ besteht. Da eine<br />

Anwaltssozietät in den meisten Fällen weder in diesem<br />

Sinne Mandantenkonten führt noch „Wertsachen verwahrt<br />

oder als Pfand nimmt oder ein Schließfach überlässt“<br />

(§ 154 Abs. 2 Satz 1 AO), kann sich die Auslegung daran<br />

nicht orientieren. Auch die EG-Richtlinie trägt zur Auslegung<br />

nichts bei; weder in ihrer Fassung von 1993 noch in<br />

der Fassung der Änderungsrichtlinie von 2002 nimmt sie<br />

eine Differenzierung nach auf Dauer angelegten und sonstigen<br />

Geschäftsbeziehungen vor.<br />

Vor diesem Hintergrund wurde bereits verschiedentlich<br />

auf die Gefahr aufmerksam gemacht, dass auch ein Einzelmandat<br />

zu einer lang andauernden und damit im Sinne der<br />

Vorschrift „auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung“ werden<br />

könne9 . Auf den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1<br />

GwG kann sich diese Sorge indes nicht stützen. Er stellt generisch<br />

auf den Kauf oder Verkauf von Immobilien oder<br />

Gewerbebetrieben (lit. a) oder die Gründung etc. von Gesellschaften<br />

(lit. d) ab; ob schon die Beratung etwa bei dem<br />

Verkauf einer Einzelimmobilie genügt, kann der Vorschrift<br />

nicht entnommen werden10 .<br />

§ 2 Abs. 1 GwG verlangt, wie gesehen, dass der Mandatsvertrag<br />

eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung<br />

begründen soll. Dieses prospektive Merkmal kann je nach<br />

Gegenstand der Beratung durch ein Einzelmandat erfüllt<br />

werden, eine bei Abschluss des ersten Beratungsvertrages<br />

noch nicht absehbare Reihe von Einzelmandaten oder das<br />

„klassische“ Dauerberatungsmandat11 .<br />

Die Neuregelung krankt daran, dass die identifizierungspflichtigen<br />

Geschäftsbeziehungen nach dem alten GwG und<br />

der Geldwäscherichtlinie 1993 sehr stark auf Kreditinstitute<br />

zugeschnitten waren. Der Begriff der „dauernden Geschäftsbeziehung“<br />

scheint auch aus der finanzgerichtlichen<br />

Judikatur herzurühren: So definierte der Reichsfinanzhof in<br />

einem Gutachten 1928 als „Konto“ das Bankkonto sowie<br />

darüber hinaus den Fall, dass jemand zu einem anderen in<br />

6 BT-Drs. 14/9043, S. 2.<br />

7 BT-Drs. 14/9043, S. 9.<br />

8 BT-Drs. 14/8739, S. 12; Dombek, ZAP 2003, 543 (545).<br />

9 Große-Wilde, MDR 2002, 1288 (1289).<br />

10 Dombek, ZAP 2003, 543 (547 f.), siehe auch Schreiben der Bundessteuerberaterkammer<br />

vom 16.8.2002, http://www.stbka.org/news/download/news235.doc.,<br />

Rundschreiben Nr. 48/2003 der Bundesnotarkammer vom 19.11.2003 (auf<br />

Dauer angelegte Geschäftsbeziehung schon, wenn der Notar Entwurfs-, Beratungs-<br />

oder Vollzugstätigkeiten übernommen hat).<br />

11 Die Abgrenzungsschwierigkeiten sind offensichtlich. So dürfte beispielsweise<br />

der Auftrag eines Mandaten, für ihn ein Testament über sein umfangreiches<br />

und diversifiziertes Privatvermögen zu entwerfen, zunächst als Einzelmandat<br />

zu verstehen sein, das spätestens mit der letztwilligen Verfügung des Mandanten<br />

endet. Es löst keine Pflichten nach dem GwG aus, weil es nicht dem Katalog<br />

des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG unterfällt und seinem Wesen nach nicht<br />

auf Dauer angelegt ist. Wie aber, wenn demselben Anwalt bei Mandatserteilung<br />

für den Fall, dass er seine Sache gut macht, avisiert wird, als Testamentsvollstrecker<br />

eingesetzt zu werden und er im Rahmen der Testamentsvollstrekkung<br />

Geschäfte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a, b, c (ggf. auch lit. d und e)<br />

GwG tätigen soll?

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