(193-256) (2,0 MB) - Anwaltsblatt - Deutscher Anwaltverein
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AnwBl 4/2004 201<br />
Aufsätze MN<br />
laufende Geschäftsbeziehungen tritt und deren jeweiligen<br />
Stand buch- und rechnungsmäßig festhält12 . Der abgabenrechtliche<br />
Kontobegriff prägt auch die Pflichten der Institute<br />
nach dem GwG bei dauernden Geschäftsbeziehungen13 .<br />
Er ist aber, wie dargelegt, für die Mandatsbeziehungen von<br />
Rechtsberatern unbrauchbar.<br />
Die Auslegung muss sich deshalb wieder der Richtlinie<br />
2001/97/EG zuwenden. Nach der Vorstellung des Gemeinschaftsgesetzgebers<br />
liegt offenbar in der Geschäftsbeziehung<br />
eines Neumandanten mit dem Berater ein Geldwäscherisiko,<br />
jedenfalls aber ein diesbezügliches<br />
Aufklärungspotenzial des Beraters. Der oben zitierte 16. Erwägungsgrund<br />
der Richtlinie fasst zusammen, aus welchen<br />
Gründen und unter welchen Voraussetzungen Rechtsberater<br />
den Bestimmungen über die Geldwäschebekämpfung unterliegen<br />
sollen. Das Potenzial, „für das Waschen von Erlösen<br />
aus kriminellen Tätigkeiten missbraucht“ zu werden, nimmt<br />
der Richtliniengeber nicht nur bei auf Dauer angelegten<br />
Geschäftsbeziehungen, sondern immer dann an, wenn eine<br />
Beteiligung an einer der genannten Finanz- und Unternehmenstransaktionen<br />
in Rede steht.<br />
Unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Interpretation14<br />
wird man daher dem Merkmal „auf Dauer angelegt“<br />
nur geringe Bedeutung beimessen dürfen. Da § 3<br />
Abs. 1 i.V. m. § 2 Abs. 1 GwG in Vollzug der Richtlinie<br />
2001/97/EG ergangen ist, verlangt dieser Auslegungsgrundsatz,<br />
im Zweifel dem der Richtlinie entsprechenden Sinn<br />
den Vorzug zu geben; ein Fall der überschießenden Umsetzung<br />
(bei dem dies nicht gelten würde) liegt hier nicht vor.<br />
Die Richtlinie macht aber keinen Unterschied zwischen<br />
„auf Dauer angelegten“ und „echten“ Einzelmandaten. Es<br />
dürfte deshalb genügen, wenn bei einer Einzelfallberatung<br />
eines neuen Mandanten erkennbar wird, dass der durch den<br />
Mandatsvertrag begründeten Geschäftsbeziehung das Potenzial<br />
innewohnt, zu einer über den konkreten Einzelfall hinausgehenden<br />
Mandatsbeziehung zu werden. In allen Zweifelsfällen<br />
sollte der Anwalt vorsichtshalber identifizieren15 .<br />
b) „Identifizieren“<br />
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GwG hat der Verpflichtete „bei<br />
Abschluss eines Vertrages zur Begründung einer auf Dauer<br />
angelegten Geschäftsbeziehung den Vertragspartner zu identifizieren“.<br />
§ 1 Abs. 5 GwG definiert „Identifizieren“ als<br />
das Feststellen des Namens aufgrund eines gültigen Personalausweises<br />
oder Reisepasses16 sowie des Geburtsdatums,<br />
des Geburtsortes, der Staatsangehörigkeit und der<br />
Anschrift, soweit sie darin enthalten sind, und das Feststellen<br />
von Art, Nummer und ausstellender Behörde des amtlichen<br />
Ausweises (Grundsatz der persönlichen und dokumentenmäßigen<br />
Identifizierung). Der Vertragspartner (Mandant)<br />
hat dafür grundsätzlich persönlich zu erscheinen. Alternativ<br />
kann er jedoch einen dritten Anwalt oder Notar aufsuchen,<br />
der dem Verpflichteten eine Kopie des Personalausweises<br />
oder Reisepasses des Mandanten übermittelt und schriftlich<br />
dessen Identität mit der im Personalausweis oder Reisepass<br />
ausgewiesenen Person bestätigt17 . Die Identifizierung kann<br />
auch anhand einer qualifizierten elektronischen Signatur im<br />
Sinne von § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes erfolgen.<br />
Ausweislich der Gesetzesbegründung stellt die GwG-<br />
Novelle bei der Frage der Adressaten der Mitwirkungspflichten<br />
bewusst auf den einzelnen Berufsträger ab18 .Auf<br />
eine zusätzliche Benennung von Anwalts-, Steuerberatungs-,<br />
Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften<br />
werde verzichtet, da dies letztlich nur zu einer Verdop-<br />
pelung der Mitwirkungspflichten bzw. der Frage nach dem<br />
Konkurrenzverhältnis zwischen den Pflichten des einzelnen<br />
Berufsträgers führen würde. Eine Regelungslücke sei insoweit<br />
nicht zu befürchten, als in den genannten Gesellschaften<br />
die konkrete Berufsausübung grundsätzlich durch einen<br />
der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Berufsträgers zu erfolgen<br />
habe. Bei Anwaltsgesellschaften treffe deshalb den<br />
einzelnen Berufsträger die Pflicht, den Vertragspartner der<br />
Gesellschaft zu identifizieren.<br />
c) Identifizierung bei juristischen Personen<br />
Nach dem ebenfalls neu gefassten § 8 Abs. 1 GwG haben<br />
sich gemäß § 3 Abs. 1 GwG identifizierungsverpflichtete<br />
Rechtsanwälte bei den zu identifizierenden Mandanten<br />
zu erkundigen, ob diese für eigene Rechnung handeln. Gibt<br />
der zu Identifizierende an, nicht für eigene Rechnung zu<br />
handeln, so sind nach dessen Angaben Namen und Anschrift<br />
desjenigen festzustellen, für dessen Rechnung er<br />
handelt.<br />
Wie zu verfahren ist, wenn der Mandant („Vertragspartner“<br />
i. S. d. § 2 Abs. 1 GwG) eine juristische Person ist, regelt<br />
das GwG nicht ausdrücklich. § 1 Abs. 5 GwG ist ganz<br />
auf natürliche Personen zugeschnitten. Die Bundesregierung<br />
hat in ihrer Gegenäußerung auf die Stellungnahme des<br />
Bundesrates zum Entwurf des Geldwäschebekämpfungsgesetzes<br />
(wenn auch im Zusammenhang mit den Pflichten<br />
von Kreditinstituten) erklärt, sie gehe davon aus, „dass bereits<br />
nach der Entwurfsfassung, die z. B. keine näheren Vorgaben<br />
für die Identifizierung juristischer Personen enthält,<br />
die vom Bundesministerium der Finanzen und der Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) zu § 154<br />
Abs. 2 Satz 1 AO entwickelten Auslegungsregeln grundsätzlich<br />
auch auf die neue Identifizierungspflicht nach § 2<br />
Abs. 1 GwG-E Anwendung finden“ 19 .<br />
Zwar hat die Bundesregierung im Folgenden auch den<br />
„originären und eigenständigen Regelungsanspruch des<br />
Geldwäschegesetzes gegenüber dem steuerverfahrensrechtlichen<br />
Regelungsgehalt der Abgabenordnung“ sowie den<br />
unterschiedlichen Adressatenkreis beider Gesetze betont,<br />
der sie – bemerkenswerterweise – von einer Klarstellung<br />
im Gesetzesentwurf abgehalten habe20 . Auch bestehen<br />
Zweifel, ob die vom Bundesfinanzministerium oder der BA-<br />
Fin entwickelten Auslegungsgrundsätze – es handelt sich<br />
dabei um bloße norminterpretierende Verwaltungsvorschriften<br />
– für die Tätigkeit von Rechtsanwälten und Notaren unmittelbare<br />
Bindungswirkung entfalten können.<br />
Wegen der Verweisung in § 3 Abs. 1 auf § 2 Abs. 1<br />
GwG ist jedoch anzunehmen, dass nach dem Willen des<br />
Gesetzgebers hinsichtlich der Art und des Umfangs der zu<br />
12 RFHE 24, 203.<br />
13 Fülbier/Aepfelbach, Kommentar zum GwG, 1999, § 2 Rdnr. 8.<br />
14 Art. 10 i. V. m. 243 EG, st. Rspr. des EuGH, Rs. 14/83, Slg. 1984, 1891 Rn. 26;<br />
Rs. C-106/89, Slg. 1990, I-4135 Rn. 8.<br />
15 Ebenso Dombek, ZAP 2003, 543 (548).<br />
16 Zur Identifizierung von Staatsangehörigen eines Drittstaats können grundsätzlich<br />
jeweils gültige nationale Reisepässe bzw. Personalausweise eines Drittstaats,<br />
deren Angaben zu den Anforderungen des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über<br />
Personalausweise vom 19.12.1950 (BGBl. 807), zuletzt geändert durch Gesetz<br />
vom 25.3.2002 (BGBl. I 1186), gleichwertig sind, verwendet werden.<br />
17 Derartige Dritte sind lediglich als Erfüllungsgehilfen des weiterhin pflichtigen<br />
Berufsträgers tätig. Sofern sie für die Identifizierung des Mandanten herangezogen<br />
werden, hat sich der Berufsträger im Hinblick auf seine Einstandspflicht<br />
für diese Erfüllungsgehilfen grundsätzlich bei Beginn der Zusammenarbeit von<br />
der Zuverlässigkeit dieses Dritten zu überzeugen.<br />
18 BT-Drs. 14/8739, S. 12.<br />
19 BT-Drs. 14/9043, S. 8.<br />
20 BT-Drs. 14/9043, S. 8.