(193-256) (2,0 MB) - Anwaltsblatt - Deutscher Anwaltverein
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204<br />
MN<br />
Anlehnung an die in der Geldwäscheverlautbarung des<br />
Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen (s. o.) dargestellten<br />
Sicherungssysteme und Kontrollen kommen folgende<br />
Maßnahmen in Betracht:<br />
9 Durch die Erstellung von Arbeits- und Organisationsanweisungen<br />
ist sicherzustellen, dass alle Verdachtsfälle<br />
(auch die angetragenen, aber abgelehnten Mandate bzw.<br />
alle unter Geldwäschegesichtspunkten ungewöhnlichen<br />
Transaktionen) dem Geldwäschebeauftragten in schriftlicher<br />
Form zur weiteren Verdachtsprüfung und Entscheidung<br />
vorgelegt und dort auch dokumentiert werden. Die<br />
Verdachtsmeldungen der Berufsträger sind sechs Jahre<br />
lang vom Geldwäschebeauftragten aufzubewahren.<br />
9 Soweit von einer Verdachtsanzeige gemäß § 11 GwG abgesehen<br />
wird, sind die Gründe hierfür schriftlich niederzulegen.<br />
Die Gründe sollen auch dem meldenden Berufsträger<br />
bekannt gegeben werden, um dem einzelnen<br />
Mitarbeiter ggf. die Erstattung einer eigenen Verdachtsanzeige<br />
zu ermöglichen.<br />
9 Die Berufsträger der Sozietät sind anzuweisen, die Identifizierungspflichten<br />
des GwG zu befolgen. Der Geldwäschebeauftragte<br />
hat sich regelmäßig durch Stichproben<br />
davon zu überzeugen, dass die<br />
Identifizierungspflichten erfüllt werden.<br />
9 Die Berufsträger und Mitarbeiter der Buchhaltung sind<br />
regelmäßig und zeitnah über die neu bekannt gewordenen<br />
Erscheinungsformen (Methoden und Techniken) der<br />
Geldwäsche zu unterrichten. Neben sozietätsinternen Erkenntnissen<br />
sind aktuelle Informationen der Strafverfolgungsbehörden,<br />
der Berufskammern und der BAFin zur<br />
Verfügung zu stellen.<br />
c) Buchhaltung<br />
Weiterhin ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten, die<br />
befugt sind, bare und unbare Finanztransaktionen durchzuführen<br />
(letztlich also die Angestellten der Buchhaltung) zuverlässig<br />
sind und diese über die Erscheinungsformen der<br />
Geldwäsche regelmäßig unterrichtet werden.<br />
Zuverlässig in diesem Sinne ist, wer die Gewähr dafür<br />
bietet, dass er/sie die Pflichten nach dem GwG und die in<br />
der Sozietät eingeführten Grundsätze, Verfahren, Kontrollen<br />
und Verhaltensrichtlinien zur Verhinderung der Geldwäsche<br />
sorgfältig beachtet, Sachverhalte, die auf Geldwäsche hindeuten,<br />
dem Geldwäschebeauftragten meldet, und sich<br />
selbst nicht an zweifelhaften Transaktionen aktiv oder passiv<br />
beteiligt. Bei Begründung des Dienst- und Arbeitsverhältnisses<br />
sind durch Heranziehung des Lebenslaufes, der<br />
Zeugnisse und Referenzen die Zuverlässigkeit des Mitarbeiters<br />
zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung und die<br />
wesentlichen dieses Ergebnis stützenden Erwägungen dem<br />
Geldwäschebeauftragten mitzuteilen. In Zweifelsfällen<br />
muss der Geldwäschebeauftragte die vorliegenden Dokumente<br />
selbst prüfen.<br />
Zudem muss der Geldwäschebeauftragten unverzüglich<br />
schriftlich über Tatsachen unterrichtet werden, aus denen<br />
sich die Unzuverlässigkeit eines Angestellten der Buchhaltung<br />
ergibt.<br />
d) Zuständigkeit<br />
Für Vorkehrungen nach § 14 Abs. 2 GwG ist bei Sozietäten<br />
von Rechtsanwälten diese anstelle des einzelnen Anwalts<br />
zuständig, § 14 Abs. 3 Satz 1 GwG 34 . Die Sozietät<br />
kann sich nach Zustimmung der Kammer Dritter bedienen,<br />
AnwBl 4/2004<br />
Aufsätze<br />
§ 14 Abs. 3 Satz 2 GwG lässt das Outsourcing ausdrücklich<br />
zu35 . Dies dürfte namentlich für Mitarbeiterschulungen<br />
praktische Bedeutung erlangen. Erfüllt ein Verpflichteter<br />
seine Pflicht zur Entwicklung interner<br />
Grundsätze (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG) nicht, kann die Aufsichtsbehörde<br />
die im Einzelfall geeigneten und erforderlichen<br />
Anordnungen treffen, § 14 Abs. 4 Satz 1 GwG.<br />
Die BRAK hat jüngst von ihrer Befugnis nach § 14<br />
Abs. 4 Satz 2 und 3 GwG Gebrauch und diejenigen Berufsangehörigen<br />
von den Verpflichtungen befreit, die in beruflichen<br />
Einheiten tätig sind, die nicht mehr als zehn Berufsangehörige<br />
oder Angehörige sozietätsfähiger Berufe gemäß<br />
§ 59 a BRAO erfassen. Als Grund hierfür wird angegeben,<br />
dass die Gefahr eines Verlustes geldwäscherelevanter Informationen,<br />
die durch ein arbeitsteiliges Vorgehen in größeren<br />
Unternehmensstrukturen vorhanden sein kann, bei einer<br />
Anzahl von bis zu zehn Berufsträgern bzw. Gleichgestellten<br />
nicht besteht36 .<br />
Verstöße gegen die Pflichten aus § 14 GwG sind nicht<br />
als Ordnungswidrigkeiten nach § 17 GwG sanktionierbar.<br />
5. Schlussfolgerungen<br />
a) Identifizierungspflichten nach dem Geldwäschegesetz<br />
bestehen im Regelfall der wirtschaftsanwaltlichen Beratungstätigkeit<br />
nur, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen<br />
vorliegen:<br />
9 Es handelt sich um einen neuen Mandanten, d. h. die juristische<br />
Person und die natürlichen Personen, die für<br />
Rechnung des Unternehmens handeln, sind nicht schon<br />
„identifiziert“ i. S. d. § 1 Abs. 5 GwG bzw. persönlich bekannt.<br />
Alte Mandanten, die nicht in einer den Anforderungen<br />
nach § 1 Abs. 5 GwG genügenden Weise identifiziert<br />
wurden, müssen erneut identifiziert werden.<br />
9 Mit dem Mandanten soll eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung<br />
eingegangen werden. Dies kann auch<br />
schon bei einer Einzelfallberatung zutreffen.<br />
9 Gegenstand ist eine Unternehmens- oder Immobilientransaktion<br />
(„Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben“),<br />
die Umstrukturierung von Unternehmen<br />
im weitesten Sinne (Mitwirkung bei „Gründung von<br />
Gesellschaften“), eine Private Equity/Venture Capital-<br />
Transaktion oder ein Börsengang/IPO oder die Emission<br />
von Anleihen („Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb<br />
oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen<br />
Mittel“) oder ein anderes unter § 3 Abs. 1 Satz 1<br />
Nr. 1 GwG zu subsumierendes Geschäft.<br />
b) In Verdachtsfällen, insbesondere wenn der Verdacht besteht,<br />
die beabsichtigte Vermögensverschiebung diene einer<br />
Geldwäsche i. S. d. § 261 StGB, besteht die allgemeine<br />
Pflicht zur Anzeige an die BRAK nicht, wenn dem Geldwäscheverdacht<br />
im Rahmen der Rechtsberatung oder der<br />
Prozessvertretung erlangte Informationen zugrunde liegen<br />
und keine Anhaltspunkte für die dolose Inanspruchnahme<br />
der Beratung durch den Mandanten vorliegen. Die Transaktion<br />
darf nicht durchgeführt werden. Bei positiver Kenntnis<br />
der (beabsichtigten) Geldwäsche würde eine Mitwirkung<br />
an der Transaktion die Strafbarkeit wegen Beihilfe zur<br />
Geldwäsche begründen.<br />
34 „Unternehmen“ i. S. d. Vorschrift sind auch Berufsausübungsgemeinschaften<br />
von Freiberuflern, siehe BT-Drs. 14/8379, S. 17.<br />
35 Siehe dazu Findeisen, WM 2000, 1234 ff.<br />
36 Anordnung des Präsidiums der BRAK vom 26.7.2003, BRAK-Mitt. 5/2003,<br />
229 f.