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SPORTaktiv Juni 2020

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Alexander, wann hast du in den Bergen<br />

das letzte Mal Angst gehabt?<br />

Bergsteigen ist etwas, das durchaus gefährlich<br />

ist. Man kann es ganz gemütlich machen,<br />

einen Wanderberg ersteigen. Aber ich<br />

bin ein engagierter Bergsteiger und immer,<br />

wenn ich engagiert unterwegs bin, bin ich<br />

im Absturzgelände unterwegs. Und in so einem<br />

Gelände hat man berechtigterweise<br />

Angst im Falle eines Sturzes sein Leben zu<br />

verlieren. Die Frage ist: Wie reagiert man<br />

auf diese Angst?<br />

Und wie reagierst du?<br />

Typischerweise – und so sollte es sein – löst<br />

die Angst in mir nichts anderes als Konzentration<br />

aus, sodass ich in dem Moment voll<br />

auf die Aufgabe fixiert und fokussiert bin<br />

und sie sauber durchschreite. Dann hat<br />

man alles unter Kontrolle! Ist man dagegen<br />

der Aufgabe nicht gewachsen oder stimmen<br />

die äußeren Umstände nicht, dann wird<br />

man allerdings nervös. Und auch dann ist<br />

die Angst mein bester Freund, weil sie mir<br />

was mitteilen will. Dass ich überfordert bin,<br />

dass das Risiko unkontrollierbar ist. Die logische<br />

Konsequenz lautet umkehren.<br />

Wann bist du denn draufgekommen,<br />

dass die Angst etwas<br />

Wichtiges ist. Hat es da ein<br />

auslösendes Moment gegeben?<br />

Sehr früh. Ich hab in der Schule Handball<br />

gespielt und mein wichtigster Mitspieler ist<br />

bei einem Skitourenausflug in eine Lawine<br />

gekommen, verschüttet und erst vier Tage<br />

später geborgen worden. Das war in einem<br />

Alter von 10 Jahren und das prägt. Jetzt ist<br />

die Lawine eine sehr tückische Gefahr, weil<br />

die Gefahr nur sehr schwer wahrnehmbar<br />

ist. Da sieht man: Es wird dann richtig brisant,<br />

wenn einem die Kompetenz fehlt, die<br />

Gefahr richtig einzuschätzen. Auf dem<br />

wunderschönen Tiefschneehang steht ja<br />

nicht drauf: „Ich bin sehr gefährlich“, sondern<br />

es ist einfach nur sehr verlockend.<br />

Und dann geht vielleicht schon eine Spur<br />

rein und dann fährt man halt hinterher.<br />

BEI<br />

MIR<br />

WAR<br />

ES<br />

KURZ<br />

VOR<br />

KNAPP<br />

Wirklich gefährlich wird es immer dann,<br />

wenn die Leute die Gefahr überhaupt nicht<br />

erkennen. Das Erkennen der Gefahr sichert<br />

uns das Überleben. An der Straße werde ich<br />

vor dem Überqueren nicht nervös, sondern<br />

für einen kurzen Moment konzentriert,<br />

dann analysiere ich und wenn die Straße<br />

frei ist, geh ich drüber. Ich werde nicht nervös,<br />

weil ich der Aufgabe gewachsen bin.<br />

Du schreibst in deinem neuen Buch auch,<br />

wie wichtig es ist, die Angst zuzugeben.<br />

Wie viel Mut gehört denn dazu, in der harten<br />

Welt der Bergsteiger seine Angst zuzugeben?<br />

Fotos: Alexander Huber<br />

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