SPORTaktiv Juni 2020
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ERWIN PIELER AUS ROHRBACH<br />
IM BURGENLAND HAT SCHON<br />
DEN NEUSIEDLER SEE UMRUN-<br />
DET UND SEIN HEIMATBUNDES-<br />
LAND DURCHQUERT, ER IST<br />
DIE GROSSGLOCKNER-HOCHAL-<br />
PENSTRASSE HOCHGEFAHREN<br />
UND OFFROAD VOM KITZSTEIN-<br />
HORN RUNTERGEBRETTERT:<br />
AUF DEM EINRAD.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
ONE<br />
WHEEL,<br />
ONE<br />
LIFE<br />
ERWIN PIELER<br />
aus Rohrbach (B) ist 53, verheiratet, ein Sohn (Erik, 17).<br />
Beruf: Lehrer an der NMS Lichtenwörth; Obmann des<br />
Einradclubs One Wheel Dragons Rohrbach.<br />
www.theonewheel dragons.at<br />
Es hat etwas Erhabenes, wenn Erwin Pieler auf dem Radweg<br />
dahingleitet und lächelnd einen „Stützradler“ überholt.<br />
Von seinem 36-Zoll-Einrad schaut er auf gewöhnliche<br />
Zweirad-Pedalisten – die im Jargon der Einradfahrer<br />
„Stützradler“ heißen – nämlich herunter (aber nur im wörtlichen,<br />
nicht im übertragenen Sinn: Was Scherzbezeichnungen<br />
betrifft, bleiben einander Zwei- und Einradfahrer nichts<br />
schuldig). 25 bis 30 km/h sind eine gewöhnliche Reisegeschwindigkeit<br />
auf seinem Marathon-Einrad, die Pieler<br />
erreicht, bis zu 40 km/h sind drin. Mitunter radelt<br />
der burgendländische NMS-Lehrer von seinem<br />
Heimatort Rohrbach in die Schule nach Lichtenwörth,<br />
das sind 55 Kilometer hin und retour.<br />
„Es fühlt sich fast wie fliegen an – nur am Boden.<br />
Man floatet so richtig durch die Gegend“,<br />
erzählt der 53-Jährige mit fast jugendlicher Begeisterung<br />
in der Stimme. Das fliegende Gefühl<br />
ergibt sich logischerweise auch aus dem Blickwinkel<br />
– wenn sich das Sportgerät unterm Hintern<br />
befindet, der Blick aus luftiger Höhe in die<br />
Ferne schweift, eine Hand sich am Sattel und die<br />
andere sich zum Balancehalten in der Luft befindet.<br />
Als unbedarfter Beobachter staunt man über die<br />
Körperbeherrschung der seltenen Spezies Einradfahrer,<br />
der Erwin Pieler seit gut 20 Jahren angehört.<br />
Fragt man nach dem Ursprung seiner Leidenschaft, holt<br />
der Rohrbacher ein wenig aus. Kurzversion: Als jungem<br />
Englisch- und Zeichenlehrer sowie leidenschaftlichem Fußballer<br />
habe man ihm damals auch gleich das Fach „Turnen“ überantwortet.<br />
Und weil er seinen Unterricht immer schon etwas<br />
anders gestalten wollte und er außerdem jonglieren konnte,<br />
kam er irgendwann aufs „Zirkusgerät“ Einrad. Zunächst für<br />
sich selbst, bald auch für seine Schüler.<br />
„Ich bin irrsinning neugierig auf alles, was es in der Welt<br />
gibt“, erklärt Pieler – der kürzlich etwa auch das Dudelsackspielen<br />
entdeckt hat und momentan „wie ein Verrückter<br />
lernt“. Mit diesem Instrument könne man das Einradfahren<br />
auch vergleichen: „Da brauchst du auch wochenlang, bis du<br />
nur einen Ton herausbringst.“ Aber genau das sei auch ein<br />
Reiz für ihn: etwas zu beherrschen, was nicht alle können,<br />
und am eigenen Leib zu spüren, welches Entwicklungspotenzial<br />
in Körper und Geist steckt.<br />
Denn natürlich hat ihn das Einrad zunächst etliche Male<br />
abgeworfen. Als Mensch und Sportgerät sich zusammengerauft<br />
hatten, wurde daraus eine Leidenschaft fürs Leben.<br />
„One Wheel – One Life“ ist sein Motto. Dem in Rohrbach<br />
aber nicht nur Erwin Pieler selbst verfallen ist: 2007 hat er mit<br />
Mitstreitern die One Wheel Dragons gegründet. Der Verein<br />
brachte es in Höchstzeiten auf 85 Mitglieder, davon viele Kinder<br />
und Jugendliche, und ist bei nationalen und internationalen<br />
Wettkämpfen in den unterschiedlichsten Wettkampfdisziplinen<br />
meist ganz vorne dabei.<br />
Erstaunlich ist auch die Vielfalt innerhalb der Sportart Einradfahren:<br />
Neben dem 36-Zoll-großen Marathon-Einrad – so-<br />
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