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Welt des Vergessens - Demenz-Ratgeber Hildesheim

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MENSCHEN MIT DEMENZ: Rechtliches<br />

Haftung und Versicherung<br />

Wer aufgrund einer <strong>Demenz</strong> nicht in der<br />

Lage ist, die Folgen seines Handelns zu<br />

überblicken oder die Unrechtmäßigkeit<br />

einzusehen, der gilt vor dem Gesetz als<br />

„nicht schuldfähig“ oder „nicht delikt -<br />

fähig“. Für Schäden, die eine nicht<br />

schuldfähige Person verursacht, kann<br />

man in der Regel weder sie selbst noch<br />

ihre Angehörigen verantwortlich machen<br />

– beispielsweise wenn sie im Laden etwas<br />

mitnimmt, ohne zu bezahlen. Nur wenn<br />

einem Angehörigen vom Betreuungs -<br />

gericht ausdrücklich die gesamte<br />

Personen sorge und Beaufsichtigung eines<br />

Menschen mit <strong>Demenz</strong> übertragen wurde,<br />

haftet dieser für Schäden.<br />

Allerdings sollten Angehörige grundsätzlich<br />

versuchen, vorhersehbare Gefahren -<br />

situationen zu vermeiden. Wenn<br />

beispielsweise die demenzkranke Ehefrau<br />

schon wiederholt Blumentöpfe vom<br />

Balkon auf den Gehweg geworfen hat,<br />

dann sollte der Ehemann darauf achten,<br />

dass dort keine Blumentöpfe oder<br />

ähnliche Gegenstände mehr<br />

stehen. Sonst kann er unter<br />

Umständen mitverantwortlich<br />

gemacht werden, wenn<br />

etwas passiert.<br />

Die private Haftpflichtversicherung<br />

muss über die <strong>Demenz</strong>erkrankung<br />

informiert werden. Sie prüft im<br />

Schadensfall automatisch, ob der<br />

Angehörige überhaupt haftbar gemacht<br />

werden kann. Es gibt auch Haftpflicht -<br />

versicherungen, die die Absicherung von<br />

„deliktunfähigen erwachsenen Personen“<br />

mit einschließen. Sie zahlen in einem<br />

gewissen Rahmen auch für Schäden,<br />

für die diese nach dem Gesetz nicht<br />

verantwortlich gemacht werden können.<br />

Rechtliche Fragen<br />

Spätestens im frühen Stadium einer <strong>Demenz</strong>erkrankung<br />

sollte es an der Zeit sein, sich um Vorsorgevollmacht,<br />

Patienten verfügung und Testament zu kümmern.<br />

Geschäftsfähigkeit<br />

Wer durch eine <strong>Demenz</strong>erkrankung so<br />

weit in seiner Denk- und Urteilsfähigkeit<br />

beeinträchtig ist, dass er die Bedeutung<br />

und Folgen eines Rechtsgeschäfts<br />

– zum Beispiel eines Kaufvertrags –<br />

nicht mehr verstehen und vernünftig<br />

abwägen kann, gilt im juristischen Sinn<br />

als geschäftsunfähig. Im frühen Stadium<br />

einer <strong>Demenz</strong> ist die Geschäfts -<br />

fähigkeit häufig noch vorhanden. Bei<br />

einer mittelschweren oder schweren<br />

<strong>Demenz</strong> ist sie meist nicht mehr gegeben.<br />

Die Übergänge sind fließend. In der<br />

Geschäftsfähigkeit kann es Abstufungen<br />

geben: Jemand ist beispielsweise<br />

nicht mehr in der Lage, einen komplizierten<br />

Pachtvertrag mit vielen Klauseln<br />

zu verstehen, kann aber noch problemlos<br />

einen neuen Staubsauger kaufen.<br />

Wenn die Geschäftsfähigkeit ständig<br />

und in allen Bereichen nicht mehr besteht,<br />

kann ein Arzt die Geschäftsunfähigkeit<br />

bescheinigen. Damit kann man<br />

auch Käufe und Verträge rückgängig<br />

machen, die eine an <strong>Demenz</strong> erkrankte<br />

Person abgeschlossen hat.<br />

Vorsorgevollmacht<br />

Wer für den Fall vorsorgen will, dass er<br />

sich aus gesundheitlichen Gründen<br />

nicht mehr selbst um seine Angelegenheiten<br />

kümmern kann, kann mit einer<br />

Vorsorgevollmacht wichtige Entscheidungen<br />

auf eine Person seines Vertrauens<br />

übertragen. Das ist auch zwischen<br />

Eheleuten nötig! Fälschlicherweise denken<br />

viele Ehepaare und leibliche Kinder,<br />

sie hätten automatisch das Recht, für -<br />

einander Entscheidungen zu treffen.<br />

Aber das stimmt so nicht.<br />

Wenn eine erwachsene Person ihre persönlichen<br />

Angelegenheiten nicht mehr<br />

allein regeln und entscheiden kann,<br />

muss im Zweifel das örtliche Amts -<br />

gericht einen Familienangehörigen zum<br />

rechtlichen Betreuer bestellen. Um das zu<br />

vermeiden, sollten rechtzeitig eine oder<br />

mehrere Vertrauenspersonen eine schriftliche<br />

Vorsorgevollmacht bekommen. Der<br />

oder die Bevollmächtigte kann dann<br />

zum Beispiel<br />

– Entscheidungen über medizinische<br />

Behandlungen treffen<br />

– die finanziellen Angelegenheiten<br />

regeln<br />

– Verträge unterschreiben<br />

– entscheiden, wo der erkrankte<br />

Mensch leben soll.<br />

Für die finanzielle Vorsorge müssen<br />

beide gemeinsam zur Bank zu gehen.<br />

Banken verwenden eigene Formulare<br />

für Vollmachten.<br />

Rechtsgültige Vollmachten können nur<br />

voll geschäftsfähige Personen erteilen.<br />

Betroffene müssen sie daher rechtzeitig<br />

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