SOCIETY 377
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SOCIETY
Kunst als Familien-
angelegenheit
Die griechisch-österreichische Künstlerfamilie
Avramidis beeinflusst bis heute
die hiesige Kunstwelt.
In seinem Atelier im Prater erschuf Joannis
Avramidis Skulpturen nach dem
Vorbild der griechisch-archaischen
und klassischen Plastik, Abstraktionen
von Körpern, mit dem Menschen als
Maß aller Dinge. Über die Jahre brachte
er einen höchst eigenständigen Stil
hervor, „formal strenge, gleichwohl
facettenreiche Arbeiten“, wie es Hans-
Peter Wipplinger, museologischer
Direktor des Leopold Museums, in der
Schrift „Joannis Avramidis“ bezeichnet.
Am 23. September 1922 in Batumi,
in der ehemaligen UdSSR als Sohn
pontischer Griechen geboren, begann
er 1937 ein Studium an der Kunstakademie
in Batumi. 1939 floh seine Familie
nach Athen. Mit 21 Jahren wurde
er von den Nationalsozialisten als
Zwangsarbeiter nach Wien gebracht,
wo er zwischen 1945 und 1952 Malerei,
Restaurierung und Bildhauerei an der
Akademie der bildenden Künste, an der
er später selbst lehrte, studierte.
Im Jahr 1962 vertrat er Österreich gemeinsam
mit Friedensreich Hundertwasser
bei der Biennale in Venedig.
1973 erhielt er den Großen Österreichischen
Staatspreis für Bildende Kunst.
2017, ein Jahr nach seinem Tod, gab es
im Leopold Museum eine Retrospektive
zu „Joannis Avramidis“, in seiner
ehemaligen Werkstätte mit Skulpturengarten
im Prater lebt sein Werk auch
heute noch weiter. Seine Ehefrau Annemarie
Avramidis war eine ebenso talentierte
Künstlerin, die vor allem in den
Bereichen der Bildhauerei und Lyrik
wirkte. Sie besuchte die Kunstgewerbeschule
in Graz, sowie die Sommerakademie
„Schule des Sehens“ von Oskar
Kokoschka in Salzburg. Zwischen 1958
und 1962 studierte sie ebenfalls an der
Wiener Akademie der Bildenden Künste
und entdeckte langsam ihre Liebe
zur griechischen Skulptur zwischen
Spätarchaik und Phidias, einem der
prominentesten Vertreter der griechischen
Hochklassik. Gemeinsam mit
ihrem Ehemann Joannis, studierte sie
Antikensammlungen und stieß dabei
auf ihr „inneres Griechentum“: ihre
Gedichte „führen antike Götter und die
Schönheit Hellas in die Gegenwart (…),
ihre Skulpturen „sprechen mit großer
Poesie von griechischer Antike und
einem tiefen Wissen um die Eigenheit
des Steins“, so beschreibt es die Kuratorin
Maria Schneider in einem Text
über die Künstlerfamilie.
Das „Körper an Körper“ Thema wurde
zu einer zentralen Säule ihres bildhauerischen
Schaffens. Ihre besondere
Fähigkeit war dabei, „den Stein
im Licht atmen zu lassen“, wie es die
Kunsthistorikerin Christa Lichtenstern
beschreibt.
Auch die Tochter der zwei Künstler,
Julia Frank-Avramidis, 1969 in Wien
geboren, studierte Malerei und Grafik
an der Akademie der Bildenden Künste,
sowie BWL und Jus in München und
Wien. Über das Aufwachsen in einer
Künstlerfamilie gefragt, sagt Julia
Avramidis in einem früheren Interview
mit Maria Schneider: „Im Rückblick
zeigt sich, dass wir umgeben waren von
den zu dieser Zeit wohl bekanntesten
Künstlern, Architekten und Dichtern
Österreichs.“ Ihr Vater bezog sie bereits
als kleines Kind aktiv in seinen Schaffensprozess
ein, die Wohnung der Familie
lag sogar in der Akademie, an der
er über 24 Jahre unterrichtete. Ständig
mit Kunst in Berührung, war es für
Julia Avramidis ein natürlicher Prozess,
ebenfalls Künstlerin zu werden. Ihre
Bilder, meist aus mehreren Schichten
und Materialien bestehend, sind „nie
abschließend erklärbar, es gibt keine
einfache Auflösbarkeit für ihre Rätsel
und Geheimnisse“, wie es in ihrem im
Oktober 2020 erscheinenden Buch
„Schichtungen//Layers“ heißt.
GRIECHENLAND
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