Köpke, Matthias - Unser Marxismus - eine unserer Verirrungen, 1. Auflage
Matthias Köpke, Koepke, Esausegen, Esau Segen, Zollchow, Nordwestuckermark, Unser Marxismus, eine unserer Verirrungen, Aus der Gedankenwelt der Ludendorffbewegung, Ludendorff Bewegung, Kurt Martens, Mathilde Ludendorff, Erich Ludendorff,
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Berlin mitgewirkt hatte, schilderte später die Folgen:
„Aber auch wie ein brodelnder Kessel war die Hauptstadt unserer neuen
deutschen Republik. Wer den Kessel heizte, sah man nicht; man sah ihn nur
lustig brodeln und fühlte die immer stärker werdende Hitze. An allen Ecken
standen Redner. Überall erschollen Haßgesänge. Alle wurden gehaßt: Die
Juden, die Kapitalisten, die Junker, die Kommunisten, das Militär, die
Hausbesitzer, die Arbeiter, die Arbeitslosen, die Schwarze Reichswehr, die
Kontrollkommissionen, die Politiker, die Warenhäuser und nochmals die
Juden. Es war eine Orgie der Verhetzung, und die Republik war schwach,
kaum wahrnehmbar. Das mußte mit einem furchtbaren Krach enden.“ 37)
Der Marxismus, der in diesen Vorgängen ständig sichtbar wurde, hatte in
der Sozialdemokratie einen unsicheren, in der Kommunistischen Partei einen
unbeirrbaren Vertreter gefunden. Gewann diese 1922 erst vier Sitze im
Reichstag, so erreichte sie 1932 deren 100. Ihre Schwärmerei für Sowjetrußland
als dem „Vaterland der Werktätigen“ und dem Hort der „Weltrevolution“
hatte sie in völlige geistige Abhängigkeit geführt. Sie fand
vollendete Verkörperung in Ernst Thälmann, der seit 1925 an ihrer Spitze
stand. Der ehemalige und wohlunterrichtete Kommunist Franz Borkenau
schilderte ihn 1951:
„Dieser Hamburger Hafenarbeiter, der schwerlich in seinem ganzen
Leben je eine regelmäßige Arbeit gekannt haben kann und der Typus des
völlig ungelernten Arbeiters war, ungeschult, unfähig einen zusammenhängenden
Satz zu sprechen, völlig unwissend, ein Trinker, umgeben von einer
finanziell und moralisch korrupten Clique, war höchst geeignet für die Rolle
eines ,Ehren-Proletariers‘ dessen unerschütterliche Treue zur Sowjetunion
den verräterischen Zweifeln und Anwürfen dekadenter Intellektueller
gegenüber gestellt werden konnte“, wobei die sowjetischen Führer „seiner
hilflosen Abhängigkeit in allen politischen Fragen sicher“ sein durften.
Die ehemalige Kommunistin Margarete Buber-Neumann, die Thälmann
kennenlernte und Borkenau bestätigte, fand bemerkenswert, wie gläubig die
Arbeiter die Redereien Thälmanns aufnahmen, obwohl sie nichts begriffen. 38)
Als aber 1929 die New Yorker Börse eine rückläufige Bewegung der
Weltwirtschaft bewirkte und in Deutschland etwa sieben Millionen Menschen
arbeitslos wurden, war eigentlich alles erreicht, was staats- und reichsfeindliche
Deutsche je erstreben konnten: Der Krieg verloren, die Monarchie
beseitigt, die alte Oberschicht weiter entmachtet, die bewährte Ordnung
durch eine neue und fragwürdige ersetzt, Deutschland abgerüstet unter aufgerüsteten
Nachbarn, von seiner führenden Stellung in Europa herabgestürzt,
37) George Groß, „Ein kleines Ja und ein großes Nein“, Hbg. o. J., S. 143.
38) Franz Borkenau, „Der europäische Kommunismus“, Mü. 1951, S. 53; Margarete Buber-
Neumann, „Von Potsdam nach Moskau“, Stgt. 1951, S. 123.
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