HUK 329 Juli 2020
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WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Artur (links) kam nicht nur zur Ruhe:<br />
Mit anderen Obdachlosen hat er den<br />
Garten im Bedpark verschönert.<br />
Gerade ist im Gespräch, dass er und<br />
Krzysztof (nicht im Bild) weiterhin im<br />
Hotel leben können – als Hausmeister.<br />
Unten: Für Daniel, Anja und Hund Kiwi<br />
hat Hotelbesitzer Michael Funk Sponsoren<br />
gefunden – sie dürfen länger bleiben.<br />
weicher ist Daniel geworden und zugänglicher.<br />
Das liegt natürlich daran,<br />
dass er nicht mehr trinkt. Aber auch daran,<br />
dass er zur Ruhe kommt und Bergedorf<br />
„etwas ländlicher“ ist. Oft machen<br />
die drei Ausflüge. Dass er sich<br />
ständig mit Leuten anlegt, sieht Daniel<br />
heute viel kritischer. „Ich bin zu abgestumpft“,<br />
sagt er und schüttelt etwas betreten<br />
den Kopf über sich selbst.<br />
Krzysztof: Der Pole ist seit vielen<br />
Jahren in Deutschland, hat viel gearbeitet,<br />
aber immer schwarz. Er trinkt mehr<br />
Alkohol, als ihm guttut, aber im Bedpark<br />
hat er zusammen mit einem anderen<br />
polnischen Obdachlosen angefangen,<br />
den Garten zu machen. „Um<br />
etwas zurückzugeben“, sagt er in gebrochenem<br />
Deutsch. Ganz ähnlich ist es<br />
bei Artur. Er hat nicht nur die Sache<br />
mit dem Garten initiiert, „um Danke zu<br />
sagen“, er hat auch wieder angefangen<br />
zu malen. Und er erzählt, dass er aus eiben<br />
Probleme haben, überfordert viele<br />
Menschen.“<br />
Mitkommen durften alle, ohne Ansehen<br />
der Person: egal, ob sie psychisch<br />
krank, alkohol oder drogenkrank sind,<br />
ob sie Hilfe vom Staat bekommen oder<br />
nicht, ob sie Papiere hatten oder nicht.<br />
Wichtig war nur: Sie hatten Kontakt zu<br />
Immer gastfreundlich:<br />
Myléne Delattre und<br />
Lisa Wobst vom Bedpark<br />
mit Hinz&Kunzt-<br />
Sozialarbeiter<br />
Stephan Karrenbauer.<br />
Rainer hat endlich die<br />
Kraft gehabt, Hartz IV<br />
zu beantragen. Er<br />
wohnt jetzt in einem<br />
Wohncontainer.<br />
Straßensozialarbeiter*innen. Er oder<br />
sie checkte die Gäste ins Hotel ein und<br />
blieb auch weiterhin Ansprechpartner*in.<br />
Es waren am Ende 170<br />
Menschen.<br />
Und das erwartete die Obdachlosen:<br />
Gastgeber*innen, die sich auf sie<br />
freuten und sie willkommen hießen. Ein<br />
9<br />
Einzelzimmer mit Bad, frischer Bettwäsche<br />
und einem Fernseher. Ein Schlüssel<br />
und die Möglichkeit, zu kommen<br />
und zu gehen, wann sie wollten.<br />
Sozialarbeiter*innen, die stundenweise<br />
für sie da waren.<br />
Selbst die Sozialarbeiter*innen waren<br />
erstaunt, wie schnell sich die Menschen<br />
erholten. Bei vielen passierte<br />
richtig etwas und einige haben jetzt<br />
mehr Power, ihr Leben anzugehen.<br />
Daniel beispielsweise. Der 37jährige<br />
Hinz&Künztler lebt seit Jahren auf<br />
der Straße und hat einen riesigen Schäferhund.<br />
Daniel wird schnell aggressiv<br />
und legt sich auch gerne an. (Er hat übrigens<br />
erlaubt, dass ich das schreibe.)<br />
Kurz vor Corona hörten er und seine<br />
Freundin Anja (53) auf zu trinken – und<br />
sie durften sogar mit Hund im Hotel<br />
My Bed in Bergedorf einchecken. Viel<br />
Mitkommen<br />
durften alle, ohne<br />
Ansehen der<br />
Person.