28 / BOBBAHN Gutes Eis fällt nicht vom Himmel Seit über 100 Jahren in der Spur: Auch ohne offizielle Wettkämpfe steckt die historische Bobbahn am Riessersee voller Leben. Ungefähr ab dem Jahreswechsel fängt es an, dass Rolf Lehmann öfter aufs Thermometer schaut und dann in den Himmel. Denn für den Bau der Bobbahn draußen am Riessersee braucht es bitterkalte Nächte und schneefreie Tage. Wie in alten Zeiten bauen der Vorsitzende des SC Riessersee und ein Team von etwa einem Dutzend ehrenamtlicher Helfer mit Unterstützung der Natur dann die Bahn auf. Dazu braucht es eben das richtige Wetter – und Geduld: „Das Eis muss wachsen“, bringt es der Fachmann auf den Punkt. Rennen mit historischen Bobs Dort oberhalb des Sees, wo erstmals schon anno 1910 und – mit mehr Aufmerksamkeit – während der Olympischen Spiele wackere Piloten ihre Bobs durchs Eislabyrinth steuerten, sind die Wettbewerbe erst vor einigen Jahren zurückgekehrt. „Seit 2013 veranstalten wir alle zwei Jahre Rennen mit historischen Bobs, bei denen sich Freunde des Bobsports ein Stelldichein geben“, berichtet Lehmann. Was sich so nüchtern anhört, ist – wie die Lokalzeitung nach dem aufwendigen Wiederaufbau des Kurses schrieb – „eine Mischung aus Verrücktheit und Liebe.“ 47 Jahre hatte die Anlage im Dornröschenschlaf gelegen, war teilweise von der Natur zurückerobert worden, bis einige Enthusiasten sie wieder wach küssten. Erinnerungen an ihre Aufbauarbeit, zahlreiche Bob-Devotionalien und einige historische Gefährte aus der Zeit von 1907 bis 1997 birgt das kleine, feine Museum im Bobschuppen am Rand der Bahn. Bahnpflege: mehr als ein Hobby Allein schon die Arbeit, die im Paradeabschnitt der Bahn steckt, einer Kurve mit 100 Metern Radius und fünf Metern Höhe, geht weit über das hinaus, was man als Hobby nebenher betreibt. Davon erzählen auch die Leitungen und Pumpen im Hintergrund der Anlage, die Hydranten und Ventile. Alles Eigenarbeit, „da macht sich keiner einen Begriff davon“ – außer jenen Begeisterten, die Wanderer im Vorübergehen das ganze Jahr über beim Werken beobachten können. Fahrgefühl dank Feingefühl Ab Dezember wird die Strecke gewalzt, für einen festen Untergrund; moderne Bahnen haben Beton, am Riessersee bildet unzählige Male verdichteter Schnee die „Sohle“. Es folgt das Modellieren der Bahn, wozu die Gemeinde den Schnee anliefert: „Mit dem können wir arbeiten, mit dem, der vom Himmel fällt, nicht“, so Lehmann. Gut drei Wochen vor dem Rennen, das nächste steht im Februar <strong>2021</strong> im Kalender, beginnt dann der Aufbau der Kurven. Eine Arbeit, deren Feingefühl später für ein feines Fahrgefühl in den Bobs sorgt. Ulrich Pfaffenberger English Summary The historic bobsleigh track at the Riessersee being raced on as early as 1910 and was later used at the Olympic Games. Since 2013, races with historic bobsleighs have been held here every two years. Before that, the track was unused for 47 years and had fallen into disrepair before being lovingly recreated, together with a small museum. The track is maintained all year round by volunteers. It is rolled flat in December for a firm ride; modern tracks are made of concrete, but here they use heavily compacted snow. The track is then shaped, with the snow delivered from the local community. The bends are structured some three weeks before a race. The next race will be held in February <strong>2021</strong>.
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