CHECK Berlin #3
CHECK wendet sich an Schwule und Trans*-Männer jeden Alters, jeder Herkunft oder Weltanschauung. • umfassender Serviceteil mit allen wichtigen Adressen von Beratungsstellen, Apotheken und Ärzt*innen
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Interview<br />
WÜTEND, VERÄRGERT, UNGESUND<br />
rosinka79 - stock.adobe.com<br />
Befragt wurden 2500 Versicherungsnehmer<br />
der AOK<br />
(Allgemeine Ortskrankenkasse)<br />
im Alter von 18 bis<br />
65 Jahren. 12,4 Prozent<br />
derjenigen, die angaben,<br />
mit dem Führungsstil ihrer<br />
Vorgesetzten unzufrieden<br />
zu sein, berichteten über<br />
emotionale, psychosomatische<br />
und auch körperliche<br />
Beeinträchtigungen. Von<br />
solchen Beschwerden sprachen<br />
aber nur 3,3 Prozent<br />
der Befragten, die mit dem<br />
Verhalten der Führungskräfte<br />
zufrieden sind.<br />
Der neue Fehlzeiten-Report<br />
des WIdO<br />
(Wissenschaftliches<br />
Institut der AOK) hat<br />
aufgezeigt, dass ein Zusammenhang<br />
zwischen<br />
einem als fair empfundenen<br />
Führungsstil<br />
und dem Gesundheitszustand<br />
von Arbeitnehmern<br />
besteht.<br />
Ungerechtigkeit macht<br />
krank<br />
23,3 Prozent, also fast jeder<br />
vierte Befragte, der seinen/<br />
ihre Chef*in als unfair<br />
empfindet, sagte zudem,<br />
dass sie in den letzten vier<br />
Wochen vor der Befragung<br />
nahezu ständig verärgert<br />
oder wütend waren. Nur 1,9<br />
Prozent der Beschäftigten<br />
einer „fairen“ Führungskraft<br />
behaupten ähnliches.<br />
Die Liste geht so weiter:<br />
„Unfair“ behandelte Arbeitnehmer*innen<br />
leiden unter<br />
Erschöpfungszuständen<br />
(19,7 Prozent) und Schlaflosigkeit<br />
(18,1 Prozent). Im<br />
Gegensatz dazu leiden<br />
unter Rücken- und Gelenkschmerzen<br />
sowie Atemwegs-<br />
oder Infektionserkrankungen<br />
rund doppelt so<br />
viele, unter Kopfschmerzen,<br />
Magen-Darm- und Herzleiden<br />
knapp dreimal so viele<br />
als bei den „zufriedenen“<br />
Kolleg*innen.<br />
Wenn der Führungsstil in<br />
einem Unternehmen versagt,<br />
verschlechtert sich<br />
nicht nur die Gesundheit,<br />
sondern auch die Motivation.<br />
Laut Report waren<br />
zufriedene Mitarbeiter im<br />
Jahr durchschnittlich 12,7<br />
Tage krankgeschrieben.<br />
Angestellte von als unfair<br />
empfundenen Arbeitgeber*innen<br />
hingegen im<br />
Schnitt 15 Tage. Und wer<br />
zufrieden ist, kommt auch<br />
häufiger trotz Krankschreibung<br />
zur Arbeit: Rund fünf<br />
Tage im Jahr mehr.<br />
Von Lustlosigkeit berichten<br />
nur 4,6 Prozent derer, die<br />
unter fairer Führung arbeiten.<br />
Jede*r 5. aber, dessen/<br />
deren Arbeitsbedingungen<br />
nicht als fair empfunden<br />
werden.<br />
Wie kann man für<br />
mehr Fairness sorgen?<br />
Eine Studie des Bundesamts<br />
für Statistik von<br />
2018 zeigte, dass 89 Prozent<br />
der Erwerbstätigen<br />
in Deutschland mit ihrer<br />
Arbeit zufrieden oder sehr<br />
zufrieden waren. 33 Prozent<br />
waren sogar sehr zufrieden.<br />
Unterschiede bestanden<br />
allerdings innerhalb<br />
einzelner Berufsgruppen:<br />
91 Prozent der Akademiker*innen<br />
sowie 90 Prozent<br />
der Führungskräfte gaben<br />
an, zufrieden beziehungsweise<br />
sehr zufrieden mit der<br />
aktuellen Tätigkeit zu sein.<br />
Bei den Hilfsarbeitskräften<br />
war der Anteil mit 83 Prozent<br />
zwar niedriger, aber<br />
immer noch hoch.<br />
Fairness ist für viele zwar<br />
ein sehr persönliches<br />
Thema. Es gibt aber drei<br />
wesentliche Punkte, auf die<br />
Führungskräfte achten können,<br />
um mehr Zufriedenheit<br />
bei ihren Angestellten zu<br />
bewirken.<br />
Chancengleichheit<br />
Mitarbeiter*innen sollten<br />
wissen, dass sie eine faire<br />
Chance haben. Wenn sie<br />
dafür hart genug arbeiten,<br />
sollten sie eine entsprechende<br />
Belohnung dafür<br />
erhalten. Diese kann in<br />
Form einer Beförderung<br />
oder eines Bonus ausfallen.<br />
Zusätzlich kann man darauf<br />
achten, dass Aufgaben, Aufmerksamkeit<br />
und Feedback<br />
fair aufgeteilt werden. In<br />
Meetings sollte generell die<br />
Möglichkeit bestehen, sich<br />
frei zu äußern und Ideen mit<br />
einbringen zu können. Wer<br />
aktiv teilnehmen kann, hat<br />
automatisch bessere Chancen<br />
sich positiv bemerkbar<br />
zu machen.<br />
Transparenz und<br />
Kommunikation<br />
Man kann Belohnungen<br />
natürlich nicht gleichermaßen<br />
verteilen. Sie sollen für<br />
außergewöhnliche Arbeitsleistung<br />
eingesetzt werden.<br />
Trotzdem muss der Prozess,<br />
durch den die Belohnungen<br />
vergeben werden, erkennbar<br />
und fair sein. Wenn die<br />
Mitarbeiter*innen sehen,<br />
dass der Prozess der Belohnungen<br />
transparent ist,<br />
die Kommunikation funktioniert<br />
und es ein klares<br />
Belohnungssystem gibt,<br />
steigt auch automatisch die<br />
Motivation. Das liegt daran,<br />
dass Belohnungen erreichbar<br />
sind und sie das Gefühl<br />
haben, dass harte Arbeit<br />
geschätzt wird.<br />
Regelmäßiger<br />
Austausch<br />
Arbeitsleben<br />
Mitarbeiter*innen zu loben,<br />
ist eine tolle Sache! Wenn<br />
aber am Ende des Jahres<br />
kein Bonus dabei rausspringt,<br />
bringt auch das nur<br />
wenig. Arbeitgeber*innen<br />
und Arbeitnehmer*innen<br />
müssen sich kontinuierlich<br />
austauschen: Über das, was<br />
erwartet wird, was erreichbar<br />
ist und wann und wie<br />
besonderer Einsatz entlohnt<br />
wird. Dazu gehört Ehrlichkeit<br />
und Offenheit, denn<br />
nur so ist eine konstruktive<br />
Kommunikation möglich.<br />
Wenn jemand nicht genug<br />
leistet, ist es wichtig, dies<br />
fair aber zeitig mitzuteilen.<br />
Nur so kann die Person<br />
sich bessern. Das gilt aber<br />
auch umgekehrt: Wer sich<br />
durch die Führungskraft<br />
schlecht behandelt und<br />
überfordert fühlt, muss dies<br />
ansprechen. Es darf nicht<br />
bis zum Ende des Jahres<br />
gewartet werden. Menschen<br />
fühlen sich besonders<br />
dann unfair behandelt und<br />
ausgeschlossen, wenn man<br />
nicht genügend mit ihnen<br />
kommuniziert. (ts)<br />
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