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Blogtexte2019

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vom Maßstab her besser zu Schlepper und

Schute.

Mein Vater baute einen blauen Metall-Tunnel

für die Holzbahn, die heute Brio-Bahn heißt.

„De Wihnachtsmann hätt’ wat los“ lobte Jan,

der Arbeitskollege in der Schlosserei, denn

Erich baute auch diesen tollen Magnus-

Hebekran und sogar ein Wrack zum Bergen

gleich mit! Er baute fehlende Diesellokomotiven

aus Holz. Er baute mir Dampfer aus

Elbsand mit dickem Schornstein, Masten aus

Zweigen oder Schilf der nahen Schlickbänke,

wo wir etwa die Jolle an den Strand gezogen

hatten: Damit segelten wir

am Wochenende. Ich war, in

der Plicht stehend und vor

mich hinsummend, vielleicht

das Radio für alle an Bord?

Ich war Aussenbordmotor,

wenn ich, Beine strampelnd

und Wasser verspritzend,

achtern an Deck versuchte,

uns Fahrt zu geben, während

wir doch ankerten! Das Elbwasser

hatte „Schaumiche“ –

ein weiteres Kinderwort, das

wir hatten. Gemeint waren diese Gruppen

von Blasen (in vertraut schmutzigem Weiß),

die sich im strudelnden Wasser bilden, in

dem wir stets bedenkenlos badeten.

Wir waren alle rund um den Tisch im Wohnzimmer

versammelt (über dem Sofa dahinter

der in Öl gemalte Dreimaster), als schweren

Herzens die Jolle verkauft wurde. Die Käufer

zahlten mit braunen Tausend-Mark-Scheinen.

Das neue Boot hatte eine Kajüte. Meine

Schwester wurde geboren, wir waren nun zu

viert. Alles wurde noch einmal ganz anders.

Ein einziges Mal nur zeichnete auch meine

Mutter mit mir gemeinsam, etwa eine Stunde

lang. Ich hatte ein Heimatbuch geschenkt

bekommen, darin ein Foto vom Riedemannschen

Haus. Meine Mutter wusste von einem

Baum, der auf dem Foto bereits fehlte. Er hatte

vor dem Giebel gestanden. Wir zeichneten

jeweils beide für uns ein eigenes Bild, und

meine Mutter schlug mir vor, aus der Fantasie

den Baum mit in die Abbildung zu nehmen.

Es ist dann sehr schön geworden. Ob es noch

irgendwo in einer Mappe ist, dieses Bild (und

das andere von Greta) – wo sind sie geblieben?

Sie hatte diese kleinen Quadrate der mehrfach

unterteilten Fenster als dunkle mit

Bleistift geschummerte Vierecke gemacht.

Es entstanden so (nun nachbleibend dazwischen)

helle weiße Streben, wie im Original

(zwischen dem Fensterglas), das konnte ich

damals noch nicht, habe es an diesem Tag

wie einen Trick von ihr gelernt und nie mehr

vergessen.

Das ist ein Text aus meinem Heft für Emily:

„Geschichten für Mal- und Zeichenunterricht“,

2012

Okt 19, 2019 - Als ich klein war 31 [Seite 27 bis 31]

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