medizin&technik 01.2021
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TITELTHEMA<br />
(Bild: Fraunhofer IPA)<br />
Laut Prof. Jan Stallkamp, Leiter der Fraunhofer-Gruppe<br />
PAMB, ist die 5G-Technologie alleinzwar<br />
kein Kandidat für eine Revolution<br />
im Gesundheitswesen – aber ein wichtiger<br />
Baustein für die Digitalisierung<br />
Online<br />
weiterlesen<br />
Über die Schwierigkeiten, eine Klinik<br />
im laufenden Betrieb auf 5G umzustellen,<br />
berichtet Prof. Jan Stallkamp<br />
im Online-Magazin. Ebenfalls dort:<br />
Ein Ausblick auf die Leistungsfähigkeit<br />
der Folgetechnologie 6G.<br />
www.medizin-und-<strong>technik</strong>.de/<br />
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Rettungswagen oder -hubschrauber zur<br />
Verfügung stehen.“ Als drittes Gebiet soll<br />
die Robotik in Bonn über 5G angebunden<br />
werden. Potenzielle künftige Einsatzgebiete<br />
könnten hier Pflege- und OP-Roboter<br />
sein. Angesichts des wachsenden Anteils<br />
älterer Menschen an der Bevölkerung<br />
werde man auf „digitale Hände“ angewiesen<br />
sein. Auch Operationen aus der Ferne<br />
könnten dann zum Alltag gehören. „Bislang<br />
haben wir allerdings das 5G-Campusnetz<br />
noch nicht im Umfeld von Operationssälen<br />
implementiert“, sagt Prof. Attenberger.<br />
Die größten Vorteile von 5G liegen ihrer<br />
Meinung nach in der Vernetzung mobiler<br />
Geräte in größerem Maßstab sowie<br />
der schnellen und sicheren Datenübertragung.<br />
„Wir Mediziner müssen die Anforderungen<br />
definieren und sagen, wie wir<br />
die Medizin der Zukunft sehen.“ Bisher<br />
gibt es noch keine technische Lösung, um<br />
Medizingeräte mit 5G-Adaptern anzubinden.<br />
„Aber die Medizin<strong>technik</strong>-Industrie<br />
ist höchst innovativ: Wir haben heute<br />
schon Anwendungen, die wir uns vor<br />
zehn Jahren nicht mal hätten vorstellen<br />
können. Ich gehe daher davon aus, dass<br />
eine 5G-Netz-Anbindung in Zukunft verfügbar<br />
sein wird.“<br />
5G-Testumgebung: Mannheim<br />
hat Platz für Medizin<strong>technik</strong>er<br />
Genau an diesem Punkt arbeiten Forscher<br />
in Baden-Württemberg. 5G-Stand-alone-<br />
Netze wurden hier ebenfalls 2020 an fünf<br />
Standorten aufgebaut und stehen kleinen<br />
und mittleren Unternehmen für Tests zur<br />
Verfügung. Koordiniert wird das Projekt<br />
5G4KMU vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut<br />
für Produktions<strong>technik</strong> und Automatisierung<br />
IPA. Angesprochen sind verschiedene<br />
Industriebranchen, darunter<br />
ausdrücklich die Medizin<strong>technik</strong>.<br />
„Wir stehen mit diesem Thema noch<br />
ganz am Anfang“, sagt Professor Jan Stallkamp,<br />
der die Mannheimer IPA-Projektgruppe<br />
für Automatisierung in der Medizin<br />
und Biotechnologie, kurz PAMB, leitet.<br />
Deren 5G-Testumgebung umfasst<br />
auch einen Interventionsraum, in dem<br />
sich unterschiedliche Ideen für Medizingeräte<br />
und Gesundheitsanwendungen<br />
ausprobieren lassen. Da es noch keine<br />
Adapterbausteine gibt, werden zunächst<br />
Mobiltelefone und danach externe Modems<br />
mit Medizingeräten gekoppelt. „Wir<br />
bieten Unternehmen an, Dinge mit uns<br />
und bei uns auszuprobieren“, sagt Stallkamp.<br />
„Aber noch wartet die Industrie<br />
eher auf unsere Vorschläge und die Ergebnisse<br />
aus den ersten Versuchen.“ Zurückhaltung<br />
seitens der Hersteller war auch<br />
bei der redaktionellen Frage nach einer<br />
Einschätzung zu 5G deutlich zu spüren.<br />
Für den Ingenieur Stallkamp ist 5G ein<br />
Baustein auf dem Weg zu digitalisierten<br />
Krankenhäusern. Allerdings sieht er für<br />
die Technologie nur dann eine Chance,<br />
wenn es in etwa zeitgleich eine ganze Reihe<br />
von Anwendungen gibt, die einer Klinik<br />
Vorteile versprechen. „Die 5G-Vernetzung<br />
bringt ja erst etwas, wenn auch die<br />
Peripherie vernetzt ist und entsprechend<br />
Funktionalitäten anbietet.“ Der finanzielle<br />
und technische Aufwand, ein Netzwerk<br />
in einer Klinik zu installieren, sei riesig –<br />
„dafür muss es starke Argumente und eine<br />
gute Strategie geben“, betont der Ingenieur.<br />
Eine einzige erfolgreiche Anwendung<br />
wäre längst nicht Grund genug. Die<br />
Herausforderung für die Medizin<strong>technik</strong>-<br />
Entwickler: Geräte, die durch Vernetzung<br />
Vorteile bieten, müssen so leicht und einfach<br />
einsetzbar sein wie die Vorgänger ohne<br />
5G-Adapter.<br />
Trotz aller Herausforderungen ist 5G<br />
für das Digitale Krankenhaus laut Stallkamp<br />
ein wichtiges Zukunftsthema für<br />
die Medizin. „Künstliche Intelligenz wird<br />
hier wahrscheinlich größere Veränderungen<br />
hervorrufen als der Baustein 5G. Die<br />
Kombination aus beiden allerdings hat<br />
immenses Potenzial, die Prozesse in der<br />
Gesundheitsversorgung zu beschleunigen<br />
und zu verbessern.“ Darüber hinaus<br />
tauchten am Horizont die ersten Anzeichen<br />
des Nachfolgers 6G auf. Dieser könne<br />
mit den bisher bekannten Spezifikationen<br />
endgültig eine unbeschränkte Vernetzung<br />
im Krankenhaus bieten und der Digitalisierung<br />
zum Durchbruch verhelfen.<br />
Doch zunächst gibt es mit der Anpassung<br />
der IT-Infrastruktur in Krankenhäusern<br />
und Kliniken eine Riesenaufgabe zu<br />
bewältigen. Wie dringlich das ist und welche<br />
Investitionen es erfordern wird, zeigt<br />
das Krankenhauszukunftsgesetz vom<br />
Herbst 2020. Darin sind über 3 Mrd. Euro<br />
eingeplant, mit denen die Einrichtungen<br />
unter anderem bei der digitalen Ausstattung<br />
vorankommen sollen.<br />
Mit den neuen 5G-Campusnetzen ist<br />
aber ein Anfang gemacht. So sieht es auch<br />
Prof. Dr. Dr. Frank Schneider, Ärztlicher<br />
Direktor und Vorstandsvorsitzender des<br />
Universitätsklinikums Düsseldorf und<br />
Konsortialführer des Verbundprojektes:<br />
„Mit der Förderung der Giga-for-Health-<br />
Projekte können wir digitalen Techniken<br />
im Krankenhaus einen wichtigen Schub<br />
geben.“<br />
■<br />
Dr. Birgit Oppermann<br />
birgit.oppermann@konradin.de<br />
Weitere Informationen<br />
Über das Projekt Giga for Health:<br />
http://hier.pro/5kBT7<br />
Uniklinik Bonn, Prof. Attenberger:<br />
http://hier.pro/mvJpb<br />
PAMB, Testumgebung 5G4KMU:<br />
https://pamb.ipa.fraunhofer.de/<br />
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