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medizin&technik 01.2021

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■ [ AUSLANDSMÄRKTE ]<br />

GROßBRITANNIEN SETZT EIGENE<br />

STANDARDS FÜR MEDIZINTECHNIK<br />

Neue Produkt-Kennzeichnung | Durch den Austritt Großbritanniens aus der EU hat<br />

sich aus regulatorischer Sicht einiges geändert. Was Hersteller künftig beachten<br />

müssen , wenn sie ihre Medizinprodukte im britischen Markt vertreiben wollen, erklärt<br />

Corinna Mutter, Expertin für Regulatory Affairs im Industrieverband Spectaris.<br />

Corinna Mutter leitet den Fachbereich<br />

Regulatory Affairs und EU-Angelegenheiten<br />

beim Spectaris<br />

Produkte, welches die CE-Kennzeichnung<br />

ersetzen soll.<br />

■ Frau Mutter, wie beeinflusst der EU-<br />

Austritt den europäischen Warenverkehr<br />

von Medizinprodukten?<br />

Weil das Freihandelsabkommen sehr<br />

kurzfristig unterzeichnet wurde, blieb<br />

wenig Zeit, um sich auf die neuen Anmeldeverfahren<br />

und Prozesse einzustellen.<br />

Das beeinträchtigt den Warenverkehr.<br />

Unsere Mitglieder melden uns,<br />

dass sich Transport- und Logistikunternehmen<br />

wegen des hohen Aufwands<br />

aus dem Großbritannien-Geschäft zurückziehen.<br />

Dadurch verringern und<br />

verteuern sich die Frachtkapazitäten.<br />

Weitere Informationen<br />

Spectaris verfügt über ein breites<br />

Netzwerk und Kontakte in die zuständigen<br />

Stellen in Großbritannien.<br />

Auf der Website gibt eine Brexit-<br />

Sonderseite einen Überblick über<br />

die neuen Leitlinien und die Auswirkungen<br />

des EU-Austritts auf Warenverkehr<br />

, Zoll- und Exportkontrolle.<br />

www.spectaris.de/verband/<br />

aussenwirtschaft/brexit/<br />

(Bild: Spectaris)<br />

Hinzu kommt, dass vielen britischen<br />

Unternehmen die Erfahrung im Drittlandsgeschäft<br />

fehlt und sie sich mit den<br />

neuen Zoll- und Warenursprungsregelungen<br />

noch nicht genügend auskennen.<br />

Das verzögert die Prozessabläufe.<br />

■ Was ändert sich für die Medtech-<br />

Hersteller aus regulatorischer Sicht?<br />

Wir haben jetzt zwar mit Großbritannien<br />

ein Freihandelsabkommen ohne<br />

Zölle und Quoten, aber leider wurde<br />

keine Einigung über die gegenseitige<br />

Anerkennung der Konformitätsbewertung<br />

erzielt. Deshalb hat Großbritannien<br />

nun eigene Regelungen sowie eigene<br />

Konformitätsbewertungsstellen<br />

und -verfahren für Medizinprodukte.<br />

■ Welche Bedeutung hat das neue<br />

UK-Conformity-Assessment-Verfahren<br />

für die Medtech-Branche?<br />

Großbritannien ist aus der EU ausgetreten,<br />

weil es die Hoheit über die eigene<br />

Rechtsetzung wiederhaben wollte. Deshalb<br />

war klar, dass es dort ein eigenes<br />

regulatorisches Regime für Medizinprodukte<br />

geben würde – und das wurde<br />

entsprechend umgesetzt: Seit Januar<br />

müssen sich Unternehmen bei der zuständigen<br />

Behörde MHRA registrieren.<br />

Auch die Produkte müssen registriert<br />

werden, wobei es für die verschiedenen<br />

Produktklassen Übergangsvorschriften<br />

zwischen vier und zwölf Monaten gibt.<br />

Hersteller außerhalb des Vereinigten<br />

Königreichs benötigen zudem eine „UK-<br />

Responsible Person“ mit Sitz in UK, um<br />

Medizinprodukte dort in Verkehr bringen<br />

zu können. Zudem gibt es seit dem<br />

1. Januar das neue UKCA-Zeichen für<br />

■ Was müssen Hersteller bei der neuen<br />

Kennzeichnungspflicht beachten?<br />

Wichtig ist zunächst, dass es für die<br />

Kennzeichnungspflicht mit dem neuen<br />

UKCA-Zeichen eine Übergangsfrist bis<br />

30. Juni 2023 gibt. In dieser Zeit wird in<br />

Großbritannien weiterhin das CE-Kennzeichen<br />

anerkannt. Umgekehrt erkennt<br />

die EU das UKCA-Zeichen aber nicht an.<br />

Für die Einfuhr von<br />

Medizinprodukten gelten<br />

künftig britische Standards<br />

Hersteller müssen sich zudem mit dem<br />

britischen Recht beschäftigen und künftige<br />

britische Standards einhalten, die<br />

sich vermutlich an den internationalen<br />

und europäischen Standards ausrichten<br />

werden. Für das UKCA-Zeichen gelten<br />

bestimmte Verfahren und Richtlinien.<br />

■ Besteht die Gefahr, dass Produkte<br />

kleinerer Hersteller aus Europa nicht<br />

mehr nach Großbritannien gelangen, da<br />

der Aufwand der Registrierung und der<br />

Kennzeichnungspflicht zu groß ist?<br />

Die Gefahr besteht definitiv, wenn man<br />

bedenkt, was die Hersteller alles beachten<br />

müssen, um ein Produkt in Verkehr<br />

zu bringen. Sicherlich werden sich Unternehmen,<br />

die kleinere Produktchargen<br />

oder ein Nischenprodukt haben, die<br />

Frage stellen, ob sie den Aufwand für<br />

ein spezifisches Marktsegment wie<br />

Großbritannien leisten können, wenn<br />

sie kosteneffizient arbeiten wollen.<br />

Susanne Schwab<br />

susanne.schwab@konradin.de<br />

54 medizin&<strong>technik</strong> 01/2021

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