Leo Mai / Juni 2021
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die schwule Kundschaft im<br />
Hinterkopf, wenn wir eine neue<br />
Ausstellung planen, dennoch<br />
sprechen wir lieber von Männerkunst,<br />
die wir hier zu sechzig<br />
Prozent anbieten – natürlich<br />
mit einem gewissen Niveau und<br />
nicht allzu sexuell. Die anderen<br />
vierzig Prozent unseres Repertoires<br />
sind thematisch breit<br />
gefächert, von Landschaften<br />
über Comics bis zu Graffiti und<br />
Kunsthandwerk.<br />
Was hat sich im Laufe der<br />
Zeit verändert?<br />
Das Konzept ist eigentlich das Gleiche<br />
geblieben. Wir haben an anderen<br />
Stellschrauben gedreht, wie an der Anzahl<br />
der Ausstellungen: Zu Anfang waren wir<br />
geradezu manisch und hatten jeden<br />
Monat eine Vernissage im Haus. Heute<br />
sind es noch etwa die Hälfte. Wir sind<br />
auch nicht mehr so experimentierfreudig,<br />
nicht mehr so bedingungslos wie in den<br />
Anfangsjahren. Kein Wunder, denn auch<br />
wir als Ausstellungsmacher haben ein<br />
geschulteres, kritischeres Auge entwickelt<br />
und sortieren mehr aus.<br />
Gibt es eine Lieblingsgeschichte aus<br />
25 Jahren?<br />
Es gibt ganz viele kleinere Lieblingsgeschichten.<br />
Wenn ich an etwas Besonderes<br />
zurückdenke, dann an die Ausstellung<br />
mit Werken von Amanda Lear im Jahr<br />
2000. Das war ein enormer Auflauf und<br />
ihr Auftreten sowie ihr Auftritt waren sehr<br />
speziell. Aber wir sind sehr gut mit ihr<br />
klargekommen.<br />
Wie geht es euch in Zeiten der<br />
Pandemie?<br />
Uns geht es gut, auch wenn die letzte<br />
Vernissage 14 Monate her ist. Wir sind<br />
ja schon seit 2004 als virtuelle Galerie<br />
erfolgreich und haben früh auf das Internet<br />
gesetzt. Durch die Initiative „Neustart<br />
Kultur“ können wir jetzt weiter aufrüsten<br />
und unseren Kundinnen und Kunden mehr<br />
Features, Infos und Unterhaltung bieten –<br />
wir haben da jede Menge Ideen.<br />
Was macht eigentlich eure heimliche<br />
Leidenschaft, die „Sammlung<br />
Orange“?<br />
Was zunächst als Endlagerstätte für<br />
orangefarbenes Plastik begann, ist mittlerweile<br />
zu einer stattlichen Sammlung<br />
von über 2.000 Teilen liebenswerter Kulturgüter<br />
der 1970er-Jahre angewachsen<br />
– und das nur durch Schenkungen, denn<br />
wir kaufen (und verkaufen) davon nichts.<br />
Wir haben die Pandemie genutzt, diese<br />
Sammlung, die das positive Lebensgefühl<br />
dieser Zeit atmet, nach zwanzig Jahren<br />
FOTOS/COLLAGE: KUNSTBEHANDLUNG<br />
KULTUR 13<br />
aus dem Keller zu holen<br />
und ihr eine eigene Website<br />
geschenkt: www.sammlungorange.de.<br />
Was sind die nächsten<br />
Projekte?<br />
Zunächst einmal würden<br />
wir gern im August unseren<br />
Geburtstag als großes<br />
Hoffest mit einer Steelband,<br />
Livemusik und Grill feiern –<br />
wenn es corona-technisch<br />
geht. Im Herbst steht dann<br />
das Ausstellungsprojekt<br />
„Lebt und arbeitet in München“ an. Das<br />
wird schräg! Wir kehren damit ein wenig<br />
zurück zu unseren Anfängen und zeigen<br />
Unkonventionelles, Originelles und eine<br />
Menge Objekte, bei denen sich mancher<br />
fragen wird: „Ist das denn Kunst“? Außerdem<br />
planen wir noch in diesem Jahr eine<br />
Aktion mit Robert C. Rore und Männern<br />
auf dem Alten Südlichen Friedhof.<br />
Lasst uns zum Abschluss einen<br />
Blick in die Zukunft werfen …<br />
… in der wir am liebsten als Rentner und<br />
Berater tätig sein möchten. Dazu wäre es<br />
aber nötig, dass eine jüngere Generation<br />
nachkommt. Aber keine Sorge: In den<br />
nächsten Jahren planen wir keine<br />
Veränderungen. Wir haben hier einen<br />
tollen Ort, wir sind ein eingespieltes<br />
Team und eine Münchner Galerie – und<br />
dabei bleibt’s!<br />
*Interview: Bernd Müller<br />
www.kunstbehandlung.de<br />
THE MALE FIGURE X<br />
So ein Mann …<br />
Jubiläum für die erfolgreiche Ausstellungsreihe<br />
„The Male Figure“. Die<br />
Gruppenausstellung zählt zum Markenkern<br />
der Münchner Galerie Kunstbehandlung.<br />
In diesem Jahr ist die 10. Ausgabe dieses<br />
erfolgreichen Formates zu sehen. Wie<br />
in den neun Jahren zuvor laden die<br />
Ausstellungsmacher Künstler aus allen<br />
Teilen der Welt zu einem Stelldichein mit<br />
den Münchner Kunstschaffenden ein, um<br />
möglichst neue Blickwinkel auf den Mann in<br />
der bildenden Kunst zu zeigen. Dazu gehören<br />
Gemälde, Papierarbeiten, Grafiken und<br />
Skulpturen. Als optische Einladung dient<br />
eine Interpretation von Velázquez’ Venus<br />
vor dem Spiegel durch den Münchner<br />
Künstler Robert C. Rore (Bild oben), worin<br />
sowohl die Venus selbst und der Putto<br />
durch Mannsbilder ersetzt sind. Die Ausstellung<br />
ist als hybrides Format konzipiert<br />
und kann noch bis 31. <strong>Mai</strong> nach vorheriger<br />
Terminabsprache vor Ort besichtigt sowie<br />
auch online angesehen werden. *bm<br />
www.kunstbehandlung.com