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Leo Mai / Juni 2021

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8 MÜNCHEN<br />

KALENDERPROJEKT<br />

DER EVANGELISCHEN<br />

JUGEND MÜNCHEN<br />

FOTOS: EVANGELISCHE JUGEND MÜNCHEN<br />

„Keine Ehe<br />

zweiter Klasse!“<br />

Vielen gelten sie als lieb gewonnener<br />

Wandschmuck: Kalender mit<br />

„typisch queeren“ Motiven. Dazu gehören<br />

neben Blättern mit eher konservativer<br />

Schwarz-Weiß-Erotik auch Fotos, die dem<br />

Flammeninferno nur knapp entkommene<br />

Feuerwehrleute oder von des Tages Last<br />

schweißgebadete Bauernsöhne im Licht<br />

der untergehenden Abendsonne zeigen.<br />

Doch jetzt sollen ganz andere Motive die<br />

Wände queerer Haushalte erobern. Mit<br />

„Egal wen du liebst, Gott liebt dich“ ist<br />

ein Kalender erhältlich, der mehr ist als<br />

schöne Deko. Er will aufrütteln, aufklären<br />

und einen Beitrag zur Gleichberechtigung<br />

von LGBTIQ* leisten. Dass ein solches<br />

Projekt ausgerechnet aus den Reihen der<br />

evangelischen Kirche kommt, macht ihn<br />

umso bemerkenswerter.<br />

„Wir beschäftigen uns seit Langem mit<br />

dem Thema und sind der Meinung, dass<br />

auch homosexuelle Paare von der Kirche<br />

getraut und nicht nur gesegnet werden<br />

sollten“, so Maria Trausch (20), Vorsitzende<br />

des Leitungskreises der Evangelischen<br />

Jugend München. Dass diese Meinung<br />

jetzt auch in Form eines Kalenders<br />

öffentlich gemacht wird, kommt nicht von<br />

ungefähr, denn das Thema Homosexualität<br />

ist dort auf vielfältige Weise präsent: So ist<br />

die Evangelische Jugend seit vielen Jahren<br />

auf dem Münchner CSD vertreten, veranstaltet<br />

queere Projekte oder veröffentlicht<br />

eine thematische Videoreihe auf YouTube<br />

und Instagram. „Mit dem Kalender wollten<br />

wir klarmachen, dass gleichgeschlechtliche<br />

Paare nicht länger wie Menschen zweiter<br />

Klasse behandelt werden dürfen“, erklärt<br />

Maria Trausch. Die Kalenderblätter zeigen<br />

unter anderem ein schwer verliebtes Frauenpaar,<br />

dass sich zärtlich berührt – und<br />

dabei auf dem Altar vor einer aufgeschlagenen<br />

Bibel sitzt. Selbst für die evangelische<br />

Kirche, die sich Lesben und Schwulen<br />

gegenüber deutlich offener zeigt als die<br />

Kollegen der katholischen Fraktion, ist das<br />

starker Tobak. „Wir wollten mit dem Motiv<br />

niemanden beleidigen und nehmen auch<br />

Kritik ernst“, erklärt Maria Trausch. Doch<br />

im evangelischen Verständnis sei der Altar<br />

kein heiliger Tisch, sondern ein Ort, von<br />

dem aus Botschaften gesendet würden,<br />

wie zum Beispiel „Gott liebt dich so, wie<br />

du bist!“. Für Jugendliche solle die Kirche<br />

ein Raum von Akzeptanz und Schutz sein,<br />

und gerade bei diesem Foto gehe es nicht<br />

um Sexuelles, sondern um Glück und<br />

Harmonie. „Aus meiner Sicht ein rundum<br />

schönes Bild!“<br />

Eine Argumentation, die offenbar<br />

verfing. „Wir hatten viel<br />

positives Feedback“, berichtet<br />

Tabea Lilith Niethus (20),<br />

Studentin und Stellvertreterin<br />

im Leitungskreis. Die Botschaft<br />

„Keine Ehe zweiter Klasse!“<br />

wurde von der Leitung der<br />

Jugendkirche ebenso unterstützt<br />

wie beispielsweise vom<br />

Dekanatsjugendpfarrer, der ein<br />

Grußwort schrieb. „Wir wollten ja<br />

auch nicht primär provozieren, sondern ein<br />

sichtbares Zeichen unserer Überzeugung<br />

setzen und jungen Menschen eine neue<br />

Perspektive auf Kirche vermitteln.“ Die<br />

Models stammen alle aus den Reihen<br />

der Evangelischen Jugend, sind 18 bis<br />

25 Jahre alt und übrigens mehrheitlich<br />

heterosexuell. Doch alle hoffen, dass der<br />

Kalender seinen Teil dazu beiträgt, für<br />

mehr Gleichberechtigung zu sorgen. Denn<br />

Fakt ist: In den evangelischen Kirchen<br />

Bayerns ist noch immer keine Trauung,<br />

sondern (seit 2018) nur eine Segnung<br />

gleichgeschlechtlicher Paare vorgesehen.<br />

„Es braucht diese Unterschiede nicht“, so<br />

Maria Trausch, „denn wenn sich zwei Menschen<br />

lieben, sollen sie alle gleichermaßen<br />

von Gott gesegnet sein.“ *bm<br />

Der Kalender „Egal wen du liebst, Gott<br />

liebt dich“ ist kostenlos erhältlich unter:<br />

www.ej-muenchen.de/jukikalender

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