vsao Journal Nr. 4 - August 2021
Spannung- Von Masten bis Muskeln Nephrologie - Zystennieren – ein schwieriges Erbe Analgetika - Neuropathische Schmerzen Politik - Medizin und Klimaschutz
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Nephrologie - Zystennieren – ein schwieriges Erbe
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Perspektiven<br />
Tabelle 3a. Orale Erst- und Zweitlinien-Therapie bei NP: Dosierung und Applikation<br />
Substanzgruppe Präparat Tagesdosis Einnahme<br />
TCA Amitriptylin 10 – 75 mg 0 – 0 – 0 – 1<br />
SNRI Duloxetin 30 – 120 mg 1 – 0 – 0 (1 – 1 – 0)<br />
Antikonvulsivum Gabapentin 1200 – 2400 (3600) mg 1 – 1 – 1<br />
Antikonvulsivum Pregabalin 300 – 600 mg 1 – 0 – 1<br />
WHO-Stufe-II Tramadol (ret.) max. 400 mg 1 – 0 – 1<br />
Anmerkungen: TCA = Trizyklische Antidepressiva; SNRI = Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer; NNT = number needed to treat; NNH =<br />
number needed to harm; ret. = retardiert). Angepasst nach [22] und dem Arzneimittelkompendium der Schweiz (https://compendium.ch).<br />
Tabelle 3b. Orale Erst- und Zeitlinien-Therapie: Wirkung und Nebenwirkung, Kategorisierung, angepasst nach [22, 38]<br />
Substanzgruppe Präparat NNT NNH Kategorie<br />
TCA Amitriptylin 3.6 13.4 first line<br />
SNRI Duloxetin 6.4 11.8 first line<br />
Antikonvulsivum Gabapentin 6.3 25.6 first line<br />
Antikonvulsivum Pregabalin 7.7 13.9 first line<br />
WHO-Stufe-II Tramadol (ret.) 6 12.6 second line<br />
Tabelle 4. Auswahl intravenöser Behandlungsoptionen bei chronischen neuropathischen Schmerzen, adaptiert nach [29, 39, 40]<br />
Medikament Konzentration Initiale Dosierung Anpassung Monitoring<br />
Ketamin «Testung» [1 mg / ml] Start: 0.1 mg / kg / h<br />
In 0.05 mg / kg / h Schritten<br />
alle 10 Minuten steigern<br />
Stop:<br />
Einsetzten von NW,<br />
max. 0.5 mg / kg / h<br />
EKG / RR / SpO2<br />
Ketamin<br />
«Serie»<br />
[5 mg / ml] Start mit der in der Testung<br />
festgelegten Maximaldosierung<br />
Serie an 5 Tagen,<br />
kontinuierlich über 3 – 4<br />
Stunden<br />
EKG / RR / SpO2<br />
Lidocain «Therapie» [1 mg / ml] 2.5 mg / kg / h<br />
(über 30 Minuten)<br />
Schrittweise Reduktion<br />
bei NW<br />
EKG / RR / SpO2<br />
sich eine topische Therapie, die der Patienten<br />
selbstwirksam und auch im Sinne<br />
einer wiederholten Desensibilisierung<br />
aufbringen kann (Tab. 2). Die Ausnahme<br />
bildet die Hochdosis-Therapie mit Capsaicin<br />
8 %. Diese sollte unter medizinischer<br />
Aufsicht erfolgen. Zudem bedarf es in der<br />
Schweiz einer Kostengutsprache des Leistungsgaranten.<br />
Antidepressiva und Antikonvulsiva<br />
Als orale Basistherapie sollten aufgrund<br />
der besseren Wirkung und geringen Nebenwirkungen<br />
in der Literatur (Tab. 3a<br />
und 3b) primär Antidepressiva eingesetzt<br />
werden. Sie werden unserer Erfahrung<br />
nach auch von Arbeitsmedizinern bzgl.<br />
Fahrtauglichkeit und Maschinenführung<br />
meist günstiger bewertet. Hierbei muss<br />
man schon initial die Erwartungshaltung<br />
der Patienten bei diesen Spiegelmedikamenten<br />
reduzieren, da die Wirkung verzögert<br />
einsetzt. Grundsätzlich gilt hier die<br />
Devise: «start low, go slow». So kann der<br />
äquipotente Einsatz von Trimipramin-<br />
Tropfen [40 mg / ml] mit 1 mg / ggt am Anfang<br />
als Alternative für Amitriptylin erwogen<br />
werden. Das Rezeptieren einer<br />
Amitriptylin-Suspension [1 mg / ggt] als<br />
«Formula officinalis» mit Aqua conservans<br />
hat sich bewährt, wenn eine alkohol<br />
freie Lösung angeboten werden muss. Ein<br />
tropfenweises Steigern ist mit beiden<br />
Präpa raten möglich. Auf jeden Fall sollte<br />
man offen über diese Medikamentengruppe<br />
kommunizieren, um späteren Missverständnissen<br />
vorzubeugen. Gleiches gilt<br />
für die Gabapentinoide, die sequenziell<br />
oder auch vorsichtig parallel zu den Antidepressiva<br />
ausgetestet werden können.<br />
So sollte man bei Pregabalin die Dosis in<br />
25 mg-Schritten und bei Gabapentin mit<br />
100 mg-Schritten vorsichtig erhöhen, um<br />
nicht durch die potenziell eintretenden<br />
Nebenwirkungen einer zu rasanten Steigerung<br />
die Patienten-Compliance zu verlieren.<br />
Gemäss den NICE-Guidelines sollte<br />
jedes Präparat für zwölf Wochen in der<br />
maximal verträglichen Dosis ausgetestet<br />
werden. Dies macht klar, dass Patient und<br />
Therapeut einen langen, gemeinsamen<br />
Weg vor sich haben, und dass man immer<br />
wieder zur regelmässigen Medikamenteneinnahme<br />
aufrufen muss.<br />
Warum sind die Antidepressiva erste<br />
Wahl und nicht die Antiepileptika?<br />
Das in der Literatur immer wieder diskutierte<br />
Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential<br />
von Gabapentinoiden hat 2019 im<br />
50 4/21 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>