INTERVIEW <strong>Alnatura</strong> trifft Simon Tress »Die Natur macht den Teller« Bei <strong>Alnatura</strong> erhältlich: Die Tomatensuppe der Tress-Brüder in Demeter- Qualität sowie viele weitere Produkte wie zum Beispiel Linseneintopf, Kartoffelsuppe oder Curry Typ Butterchicken und Thai-Suppen.
Seit rund zehn Jahren arbeitet <strong>Alnatura</strong> mit den Tress-Brüdern zusammen und führt deren frische Bio-Suppen in Demeter- Qualität im Sortiment. Nun hat das <strong>Alnatura</strong> <strong>Magazin</strong> den Bio-Spitzenkoch Simon Tress in Hayingen-Ehestetten besucht und mit ihm über »brutalen Regio nalismus«, Vegetarismus sowie den Besuch von Tim Mälzer in seinem Restaurant gesprochen. Und wir erfahren, warum bei Simon Tress Fleisch zur Beilage wird. Von Ulm geht es mit der Regionalbahn über Blaubeuren nach Riedlingen. Der Bahnhof besteht aus einem Bahnsteig. Dann holt mich ein Auto ab: Gemeinsam fahre ich mit Simon Tress nach Hayingen- Ehestetten. Den Ort, in dem die vier Tress-Brüder und Mutter Inge in der vierten Generation das Gasthaus Rose führen und in dem der Großvater 1950 beschloss, konsequent biologisch anzubauen und zu kochen. Simon Tress: »Mein Großvater Johannes Tress kam 1948 aus französischer Gefangenschaft aus dem Elsass zurück. Das war die Zeit, in der sich die Agrarindustrie bildete und die Bauernfamilien anfingen, auf sie zu hören. Aber mein Großvater fragte sich, warum gespritzt werden sollte. Vor dem Krieg wurde das doch auch nicht gemacht. Er hat sich damals bereits mit den Schriften von Rudolf Steiner auseinandergesetzt und sich mit ganzheitlichen Fragestellungen be- schäftigt. Und dann hat er in der Rose in Hayingen-Ehestetten – das war damals schon das Stammrestaurant unserer Familie – mit vier bis fünf weiteren Bauern aus der Gegend zusammengesessen. Sie wollten in Sachen künstliches Düngen nicht mitmachen. Die Gruppe um unseren Großvater hat sich damals schon dem verschrieben, was man heute wohl am ehesten mit der Demeter- Philosophie in Verbindung bringen würde: der biodynamischen Denkweise. Und man kann sich vorstellen, wie die Bauern um ihn damals dafür belächelt wurden. ›Mondscheinbauern‹ wurden sie genannt. Und wahrscheinlich auch Spinner. Aber sie haben sich nicht darum geschert. Heute wollen alle Bio sein. Wir waren das schon immer. Mein Großvater sagte: ›Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt an die Quelle.‹ Dafür sind wir ihm schon sehr dankbar.« Im eigenen Gewächshaus bauen die Tress-Brüder Kräuter selbst an. Über Simon Tress Simon Tress ist Deutschlands bekanntester Bio-Koch. Seit über 70 Jahren lebt die Familie Tress nach biodynamischen Richtlinien (Demeter). Mittlerweile betreibt Simon Tress fünf Bio-Restaurants, wovon zwei mehrfach von allen relevanten Feinschmeckerführern ausgezeichnet wurden. Sein Stammhaus Rose und sein jüngstes Projekt »1950«, das weltweit erste Bio- Fine-Dining-Restaurant, erhielten außerdem die Auszeichnung Michelin Grüner Stern. Mit <strong>Alnatura</strong> ist Simon Tress eng verbunden, Suppen und weitere Gerichte von ihm gibt es in den <strong>Alnatura</strong> Märkten. Ich habe in Ihrem Kühlhaus alle möglichen Gläser mit eingelegten Gemüsen gesehen. Vorräte anlegen, geht das auch auf den Großvater zurück? »Ja, eindeutig. Wenn unsere Bio- Bäue rinnen und -Bauern das bringen, was die Saison in der Region gerade hervorbringt, dann schauen wir, was wir davon direkt auf den Teller bringen und was wir einmachen. Bei uns wird viel eingekocht, eingefroren und fermentiert. Es ist schön, Vorräte herzustellen. Und gerade das Fermentieren, das zu Zeiten unseres Großvaters Alltag war, bietet die Chance, im Winter Obst und Gemüse aus anderen, üppigeren Saisons essen zu können.« Welche Saison ist Ihre liebste? »Der Herbst. Vielleicht weil das für mich die Saison der Schwäbischen Alb ist. Die Alb ist besonders: Auf rund 800 Metern gelegen, ist sie einerseits karg und rau, aber da ist zugleich in allem die Wärme. In den Menschen, in der Sprache, in der Religion und in der Erde. Die Alb bedeutet für mich Karotten, Pastinaken, Weiße und Gelbe Bete, schwarzer Rettich. Erdig, erdverbunden und immer eine gewisse Wärme abgebend. Die Alb ist herzhaft, aber lieblich. Rote Bete ist beispielsweise ein Gemüse, das vom Geschmack pure Erde widerspiegelt, aber dennoch einen weichen Kern hat.« Haben Sie je darüber nachgedacht, was anderes als Koch zu werden? »Nein, nie. Ich habe das Glück, dass sich jeder von uns vier Brüdern einer anderen Sache in unserem Familienbetrieb annimmt. So sind wir gemeinsam ge wachsen. Heute betreiben wir fünf Bio-Restaurants in der Gegend, beliefern <strong>Alnatura</strong> mit unseren frischen Bio-Suppen in Demeter-Qualität und sind auf 90 Mitarbeitende angewachsen. Der Erfolg von uns als Familie basiert auf der Liebe unter uns Brüdern. Wir sind sehr religiös. Für uns sind Gottvertrauen, Respekt, Demut und Dankbarkeit keine Lippenbekenntnisse. Zwischen uns passt kein Blatt.« Neulich war Tim Mälzer zum Kochduell für die TV-Serie »Kitchen Impossible« bei Ihnen. Vor seinem Besuch in Hayingen- Ehestetten war er nach eigenen Angaben kein Fan von »brutal regionaler« Küche, wie er es ausdrückte. Ging er geläutert bei Ihnen weg? <strong>Alnatura</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2022</strong> 55