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<strong>AB</strong> 09/2022<br />

Personal | BÄDERBETRIEB | 573<br />

Nachdem Daniel in Sekundenschnelle<br />

nun den Sachverhalt rechtlich<br />

gecheckt hat und zu dem Ergebnis<br />

gekommen ist, dass hier eine<br />

schwerwiegende Verletzung der<br />

Haus- und Badeordnung (HBO) und<br />

auch der dringende Tatverdacht<br />

einer Straftat gemäß § 201a StGB<br />

(§ 201a Verletzung des höchstpersönlichen<br />

Lebensbereichs und von<br />

Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen)<br />

vorliegen, entschließt<br />

er sich, aktiv zu werden und antwortet<br />

dem Mädchen: „Ich helfe Ihnen.<br />

Bleiben Sie bitte hier. Können Sie den<br />

Mann beschreiben, können Sie sagen,<br />

wo er liegt? Ich werde mich darum<br />

kümmern.“ Er ruft über sein Funkgerät<br />

eine Mitarbeiterin hinzu und bittet sie,<br />

die 15-Jährige zu betreuen und die<br />

Polizei zu informieren. Seine Beckenaufsicht<br />

übernimmt eine weitere Kollegin,<br />

die Daniel ebenfalls angefordert<br />

hat.<br />

Hinweis: An dieser Stelle muss erwähnt<br />

werden, dass die Erörterung<br />

dieses Sachverhaltes auf Basis der<br />

Annahme idealtypischer Umstände<br />

erfolgt – dem Autor ist bewusst, dass<br />

die personellen Ressourcen im Bad<br />

zuweilen knapp sind und die Dienstplangestaltung<br />

nicht selten eine große<br />

Herausforderung darstellt. Wichtig<br />

ist, in unserem Sachverhalt dafür zu<br />

sorgen, dass die Beckenaufsicht weiterhin<br />

stattfindet!<br />

Daniel wendet sich nun, nachdem das<br />

Becken beaufsichtigt und Michelle<br />

betreut wird, der Liegewiese zu und<br />

sieht in gut 30 Metern Entfernung<br />

eine männliche Person, auf die die<br />

Beschreibung der 15-Jährigen zutrifft.<br />

Der Mann liegt auf dem Badetuch<br />

und schaut in ein Mobiltelefon.<br />

Freundlich-direktive<br />

Ansprache<br />

Daniel geht auf den Mann zu und<br />

spricht ihn freundlich, doch bestimmt,<br />

an: „Guten Tag, mein Name ist Daniel<br />

Fechter, ich bin der aufsichtführende<br />

Fachangestellte, ich muss mit Ihnen<br />

über einen Sachverhalt sprechen, der<br />

uns gerade mitgeteilt wurde. Ich bitte<br />

Sie, mit mir in den Schwimmmeisterraum<br />

zu gehen, dort können wir die<br />

Sache in Ruhe besprechen!“<br />

Der Mann schaut kurz auf und beschäftigt<br />

sich weiter mit dem Mobiltelefon,<br />

er ignoriert den Fachangestellten.<br />

Daniel spricht ihn, nun<br />

energischer werdend, an: „Legen Sie<br />

das Handy zur Seite, ich bitte Sie,<br />

mich zum Schwimmmeisterraum zu<br />

begleiten!“ Der Mann springt nun auf,<br />

das Mobiltelefon immer noch in der<br />

Hand haltend, und herrscht Daniel<br />

an: „Was soll das, ich weiß gar nicht,<br />

was Sie wollen, und im Übrigen will<br />

ich sowieso gerade gehen, ich habe<br />

einen dringenden geschäftlichen<br />

Termin. Lassen Sie mich in Ruhe!“<br />

Vorläufige Festnahme<br />

Der Mann stopft sein Badetuch in die<br />

Sporttasche, streift Shorts und T-<br />

Shirt über und will in Richtung Ausgang<br />

losgehen. Daniel weist ihn laut<br />

und deutlich an: „Sie bleiben hier,<br />

bis wir die Sache geklärt haben. Sie<br />

dürfen bis dahin das Bad nicht verlassen.“<br />

Auch wenn Daniel nicht explizit<br />

sagt: „Sie sind vorläufig festgenommen.“<br />

– seine Anweisung ist<br />

unmissverständlich. Der Mann will<br />

gleichwohl losziehen, Daniel packt<br />

ihn von hinten kräftig am Oberarm<br />

und hält ihn damit fest und sagt:<br />

„Sie bleiben hier, bis die Polizei den<br />

Fall klärt!“. Der Mann bleibt stehen<br />

fordert Daniel barsch auf, ihn loszulassen:<br />

„Lassen Sie mich los, Sie tun<br />

mir weh, das ist Köperverletzung und<br />

Freiheitsberaubung, was Sie da gerade<br />

machen – ich werde Sie bei der<br />

Polizei anzeigen – dann werden Sie<br />

schon zu spüren bekommen, was Sie<br />

von Ihrem Verhalten haben.“<br />

Darf Daniel das? Ihn festhalten, ihm<br />

gar Schmerzen bereiten? Er hat den<br />

Mann ja tatsächlich fest gehalten, im<br />

wahrsten Sinne des Wortes, der Mann<br />

konnte sich nicht mehr frei bewegen<br />

und er hatte, wie er sagte, körperliche<br />

Schmerzen – da liegt tatsächlich<br />

der Verdacht einer Körperverletzung<br />

und einer Freiheitsberaubung durch<br />

Daniel nahe.<br />

Ist das alles gerechtfertigt? Ein Blick<br />

in die Strafprozessordnung (StPO),<br />

hier in den §127 Abs. 1, hilft. Hier<br />

heißt es: „Wird jemand auf frischer<br />

Tat betroffen oder verfolgt, so ist,<br />

wenn er der Flucht verdächtig ist<br />

oder seine Identität nicht sofort<br />

festgestellt werden kann, jedermann<br />

befugt, ihn auch ohne richterliche<br />

Anordnung vorläufig festzunehmen.“<br />

Eingriff in ein Grundrecht<br />

Daniel kennt die Voraussetzungen<br />

der vorläufigen Festnahme noch von<br />

der Ausbildung, aber auch von Seminaren.<br />

Er weiß, dass er in ein wesent-

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