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Ray Davies - SONO Magazin

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Zucchero<br />

Kein Nachtisch für den<br />

Schmuse-Blueser<br />

Auf seinem neuen Album „Chocabeck“ verarbeitet<br />

Italiens populärster Bluesbarde Kindheitserinnerungen<br />

aus der Reggio Emilia. Von Jochen overbeck<br />

Zucchero klagte zuletzt heftig. Die moderne<br />

Welt mit all ihrer Technik, Internet<br />

und sozialen Netzwerken verstehe<br />

er nicht mehr und wolle sie auch nicht<br />

verstehen: „Natürlich arbeite ich mit Computern,<br />

wenn ich Musik mache, aber da habe ich<br />

Leute, die mir helfen. Ich kann mir nicht vorstellen,<br />

eine Nacht vor dem Internet oder vor<br />

diesem Facebook zu verbringen. Ich weiß doch<br />

nicht mal, wie man einen Computer anmacht.<br />

Es klingt nach Zeitverschwendung.“<br />

Mit „Chocabeck“ hat der Schmuse-Bluesrocker<br />

jetzt ein Album aufgenommen, das<br />

ausdrücklich alte Zeiten heraufbeschwören<br />

soll, vom Alltag eines italienischen Bauerndorfes<br />

erzählt und den Freundschaften, die<br />

damals vielleicht spärlicher, aber intensiver<br />

gewesen seien. Zucchero, mit gebürtigem Namen<br />

Adelmo Fornaciari, dachte dabei auch<br />

an seine eigene Jugend in der Provinz Reggio<br />

Emilia. Kaum 2.000 Einwohner hatte sein<br />

12<br />

Heimatdorf. Die wichtigsten Würdenträger:<br />

der Pfarrer und der Wirt der Dorfkneipe, in<br />

die sich Zucchero und seine Freunde als Heranwachsende<br />

so gerne hineinschlichen. Kein<br />

Wunder, dass Zucchero in einigen Songs<br />

LiebLingsitaLiener<br />

Zucchero und die internationale Popelite<br />

Seit seinem Durchbruch 1989 mit dem Album „oro incenso e birra“<br />

(immer noch die meistverkaufte Platte Italiens) konnte Zucchero<br />

immer wieder die Großen für sich begeistern: So fanden sich<br />

auf „Zu & co“ (2004) Duette mit Sting, Paul Young, Miles Davis<br />

und anderen. Auch auf „chocabeck“ mischen Stars mit:<br />

Bono und Iggy Pop schrieben Texte, Brian Wilson steuerte Backgroundvocals<br />

bei. Was mag die internationale rockelite an<br />

dem kleinen, gar nicht so glamourösen Italiener? „Ich bin ein<br />

ganz natürlicher Typ. Ich bin kein Star. Ich möchte nur<br />

einen Gedankenaustausch. Und das kommt offenbar gut an.“<br />

Wehmütiger Blick über die Hügel der<br />

Heimat: Adelmo Fornaciari schaut zurück<br />

Einflüsse italienischer Volksmusik einfließen<br />

lässt. Dabei liegt seine Vorliebe für Blues<br />

und Soul ebenfalls in seiner Jugend begründet:<br />

Ein schwarzer Amerikaner, der im nahen<br />

Bologna studierte, führte ihn an die schwarze<br />

Musik heran. „Er hatte bei uns im Dorf dieses<br />

Haus gemietet und besaß einen Plattenspieler<br />

und viele, viele Platten, die man bei uns sonst<br />

nie gehört hätte. ‚Sitting On The Dock Of The<br />

Bay‘ von Otis Redding habe ich bei ihm das<br />

erste Mal gehört, später auch <strong>Ray</strong> Charles und<br />

Aretha Franklin.“<br />

Beim Essen hört die Liebe<br />

zu Amerika auf<br />

Acht Jahre alt war Zucchero da – was später<br />

kam, ist Italo-Popgeschichte. 1983 die Teilnahme<br />

am Sanremo-Festival, dem wichtigsten<br />

Schlager- und Talentwettbewerb seines<br />

Heimatlandes. Ein Jahr später der temporäre<br />

Umzug in die Vereinigten Staaten. Als Zucchero<br />

in den 80er Jahren erstmals in die USA<br />

reiste, jagte ihm der Größenunterschied zur<br />

Heimat Angst ein. Er erzählt von Autofahrten<br />

durch New York, bei denen er aus dem Fenster<br />

schaute und versuchte, die oberen Enden der<br />

Hochhäuser zu sehen. Er erzählt aber auch<br />

von San Francisco, das er früh liebte, und von<br />

Los Angeles, wo er gemeinsam mit Produzentenlegende<br />

Don Was auch sein neues Album<br />

aufnahm. Kalifornien sei wunderschön. Eine<br />

Option für den Lebensabend? Nein, sagt er<br />

und lacht erneut. „Die Restaurants schließen<br />

in Amerika zu früh. Wenn man bis zehn<br />

im Tonstudio war und dann noch Hunger hat,<br />

findet man kein Restaurant mehr mit offener<br />

Küche. Dann muss man Burger oder anderen<br />

Fastfood-Unsinn essen. Das Essen<br />

ist definitiv einer der Gründe, aus<br />

denen ich mit Herz und Seele Italiener<br />

bin.“ Das steckt auch hinter<br />

dem etwas kryptischen Albumtitel:<br />

ein Slangwort, wie so oft bei<br />

Zucchero. Eines, das sein Vater<br />

immer dann benutzte, wenn der<br />

Sohnemann Nachtisch wollte.<br />

„‚Choca‘ ist so eine Art Schnalzen,<br />

‚Becco‘ heißt Schnabel. ‚Chocabeck‘:<br />

Das bedeutete, dass einfach<br />

nichts da war.“<br />

Neu erschienen: Zucchero „chocabeck“<br />

(Polydor / universal)

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