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POP, ROck & cO<br />
KT Tunstall<br />
„Tiger Suit“<br />
ReLeNTLeSS/eMI<br />
[pop] Gleich ein ganz neues Musikgenre<br />
hat KT Tunstall nach<br />
eigener Einschätzung auf ihrem<br />
dritten Album für sich erfunden.<br />
Bei genauerem Hinhören<br />
klingt dieser „Nature Techno“<br />
allerdings gar nicht so neuartig.<br />
Nach wie vor prägen treibende<br />
Rhythmen, markante Gitarrenklänge<br />
und ihre charismatische<br />
Stimme das Werk von Tunstall.<br />
Die Basis besteht auf „Tiger Suit“<br />
allerdings in der Tat verstärkt aus<br />
elektronischen Beats. Wie diese<br />
Mischung in Perfektion klingen<br />
kann, verdeutlichen gleich der<br />
enorm eingängige Opener „Uummannaq<br />
Song“ und das folgende<br />
„Glamour Puss“. Dass Tunstall<br />
es aber auch weiterhin versteht,<br />
mit ruhigeren Klängen Akzente<br />
zu setzen, beweisen das gesanglich<br />
anspruchsvolle „Difficulty“<br />
und das nachdenkliche „The Entertainer“,<br />
das den Ausklang dieses<br />
ingesamt gelungenen Albums<br />
markiert. Jörg Laumann<br />
Wissenswert: „Tiger Suit“ wurde<br />
komplett in den Hansa-Studios in<br />
Berlin aufgenommen.<br />
Downloadtipps: „Uummannaq<br />
Song“, „The entertainer“, „difficulty“<br />
Richard Marx<br />
„Stories To Tell“<br />
WRASSe RecORdS/HARMONIA<br />
MUNdI<br />
[Rock/singer-songwriter] Vor<br />
23 Jahren legte Richard Marx mit<br />
seinem selbstbetitelten Debütalbum<br />
den Grundstein zu einer<br />
bemerkenswerten Karriere als<br />
Sänger und Songwriter, die er auf<br />
32<br />
„Stories To Tell“ Revue passieren<br />
lässt. Elf Songs präsentiert Marx<br />
hier in neuen, extrem reduzierten<br />
Versionen nur mit Gitarren- und<br />
Pianobegleitung und zeigt dabei,<br />
dass sich auch seine Kompositionen<br />
jüngeren Datums wie „Over<br />
My Head“ (2008) nicht hinter<br />
Megahits wie „Endless Summer<br />
Nights“ oder „Right Here Waiting“<br />
verstecken müssen. In der sieben<br />
Tracks umfassenden Bonussektion<br />
geht er dann doch mit kompletter<br />
Bandbesetzung zu Werke<br />
und bietet seine Interpretationen<br />
von Songs, die von ihm für andere<br />
Acts geschrieben wurden. Besonders<br />
gelungen: „This I Promise<br />
You“, das N’Sync populär machten<br />
und das Marx offenbar selbst<br />
so gut gefällt, das es gleich zwei<br />
Mal (auch akustisch) auf diesem<br />
Album auftaucht. Jörg Laumann<br />
Wissenswert: Auch Marx-komposi-<br />
tionen für Josh Groban, keith Urban<br />
und cliff Richard sind auf dem Al-<br />
bum vertreten.<br />
Downloadtipps: „Over My Head“,<br />
„Should’ve known Better“, „This I<br />
Promise you“ (Bonus)<br />
Gordon Haskell<br />
„One day Soon“<br />
cARe/edeL<br />
[Laid-Back-Rock] Inzwischen<br />
lebt Gordon Haskell auf einer<br />
griechischen Insel. Aber er ist<br />
ganz gut herum gekommen, zunächst<br />
im Umkreis des britischen<br />
Progrock als Bassist und Sänger<br />
von King Crimson, dann eine Zeitlang<br />
weniger erfolgreich in den<br />
Bars dieser Welt, bis ihm vor acht<br />
Jahren mit „How Wonderful You<br />
Are“ überraschend ein Hit gelang.<br />
Nun also Inselleben, produktive<br />
Abgeschiedenheit, Zeit für Nachdenklichkeit.<br />
Sie tut Gordon Haskell<br />
gut, denn im Laufe der vergangenen<br />
Monate und Jahre sind<br />
ihm zwei Handvoll Songs zugeflogen,<br />
die er auf „One Day Soon“<br />
mit betörender Gelassenheit präsentiert.<br />
Man hört ihm an, dass<br />
er seine Lehrgelder bezahlt hat,<br />
und glaubt ihm die dezente Melancholie,<br />
mit der er seine Erinnerungen<br />
umgibt. Aber man merkt<br />
auch sehr schnell, dass die Erfahrungen<br />
seiner Jahre als tingelnder<br />
Aushilfsmusiker und als Tourkollege<br />
von Entertainmentprofis<br />
wie Cliff Richard sein Gespür für<br />
Feinheiten geschärft haben. „One<br />
Day Soon“ klingt ein bisschen wie<br />
das Album, dass sich viele von<br />
Chris Rea gewünscht hätten, ein<br />
Reigen folk poppig besonnener<br />
Lieder, vorgetragen mit dem samtenen<br />
Bariton von Gordon Haskell.<br />
Ralf Dombrowski<br />
Downloadtipps: „The Fools Of<br />
yesterdays“, „Some Sins“<br />
Buddy Guy<br />
„Living Proof“<br />
SONy<br />
[Blues] Man muss Buddy Guy<br />
einfach für seine Unverfrorenheit<br />
lieben, mit der er in die Gitarre<br />
greift. Das lärmt, als hätte<br />
er nicht bereits ein knappes<br />
Dreivierteljahrhundert auf dem<br />
Buckel, ganz die alte Schule pentatonischer<br />
Redundanz, die den<br />
Blues bei richtiger Handhabung<br />
zu einer Eruption der Emotionen<br />
werden lässt. Nun kokettiert auch<br />
„Living Proof“ mit der Historie,<br />
wenn Buddy Guy etwa zu Beginn<br />
betont, dass er noch nicht unter<br />
die Abwrackprämie fällt. Nur, im<br />
Unterschied zu mancher Ruine<br />
des Geschäfts gelingt es ihm mit<br />
Blueskrachern wie „Key Don’t Fit“<br />
und dem Titelsong, sich sowohl<br />
als emphatischer Sänger wie als<br />
röhrender Gitarrist mit urtümlicher<br />
Energie zu behaupten. Insider<br />
kolportieren, Buddy Guy sei<br />
wegen seiner Liebe für rauchende<br />
Verstärker längst taub. Aber wenn<br />
es dazu führt, dass einer derart<br />
donnernd in seinen Lebensabend<br />
rockt, dann muss er glücklicher<br />
sein als manch einer, der die zehntausend<br />
Hertz noch ahnt. Das Album<br />
„Living Proof“, bei dem übrigens<br />
Carlos Santana und B. B.<br />
King als Gäste ausgeholfen haben,<br />
ist daher ein Manifest gegen die<br />
Trägheit. Rock’n’Roll!<br />
Ralf Dombrowski<br />
Wissenswertes: Wer lärmen will<br />
wie der Meister, für den gibt es eine<br />
Buddy-Guy-Stratocaster.<br />
Downloadtipp: „Where The Blues<br />
Begins“<br />
Thin Lizzy<br />
„Thin Lizzy/Shades Of<br />
A Blue Orphanage/<br />
Vagabonds Of The<br />
Western World“<br />
deccA/UNIVeRSAL<br />
[Hardrock] Der im Januar 1986<br />
verstorbene Phil Lynott war<br />
der Prototyp des Außenseiters:<br />
schwarzer Ire, unehelich in England<br />
geboren, Arbeiterkind, Bassist<br />
als Bandleader, und das im<br />
von weißen Mattenträgern und<br />
Gitarrenheroen dominierten<br />
Hardrock der 70er. Mit Heavy<br />
Metal, wie oft unterstellt, hatte<br />
seine Band aber nie etwas zu<br />
tun: Die Wurzeln von Thin Lizzy<br />
lagen in der irischen Volksmusik<br />
(und Literatur) ebenso wie im<br />
psychedelischen Bluesrock der<br />
60er, und Lynotts dramatisch-poetische<br />
Texte erinnerten eher an<br />
Bob Dylan als an das, was andere<br />
Hardrocker zu ihren Riffs krähten.<br />
Zudem besaß er eine ungeheuer<br />
seelenvolle Gesangsstimme (an<br />
Jimi Hendrix und Van Morrison<br />
geschult). Die ersten drei, mit Eric<br />
Bell (Gitarre) und Brian Downey<br />
(Schlagzeug) eingespielten Alben,<br />
1971 bis 1973 erschienen, waren<br />
Flops, denen auch die Hitsingle<br />
„Whiskey In The Jar“ (1972) nicht<br />
helfen konnte – und sie sind auch<br />
ohne die vielen Bonustracks der<br />
Neuauflage wahre Schatzkisten