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BS 02-2017

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Binnenschiffermeister soll kommen<br />

Nach dem Erwerb des Patentes gab es nur wenige Möglichkeiten zu weiteren<br />

Qualifikationen. Mit der Einführung des Binnenschiffermeisters soll sich das ändern<br />

Buyer’s Guide<br />

Jobbörse<br />

Von Hermann Garrelmann<br />

Mit einem Abschluss als »Geprüfter<br />

Binnenschiffermeister/Geprüfte<br />

Binnenschiffermeisterin« will die Niederrheinische<br />

Industrie- und Handelskammer<br />

Duisburg-Wesel-Kleve (bundesweit<br />

die einzige) weitere berufliche Wege für<br />

Binnenschiffer öffnen.<br />

Ursprünglich ging die Initiative vom<br />

DST Entwicklungszentrum für Schiffstechnik<br />

und Transportsysteme in Duisburg<br />

und der Universität Duisburg-Essen,<br />

Fachgebiet Wirtschaftspädagogik/Berufliche<br />

Aus- und Weiterbildung, aus. Angeschlossen<br />

haben sich dann Binnenschifffahrtsverbände,<br />

das Schifferberufskolleg<br />

RHEIN und die niederrheinischen IHK.<br />

Sie entwickelten die besonderen Rechtsvorschriften<br />

und den Rahmenplan zum<br />

Geprüften Binnenschiffermeister.<br />

Anerkannter Abschluss<br />

Wer die Prüfung als Binnenschiffermeister<br />

bestanden hat, hat fortan einen anerkannten<br />

Bildungsabschluss nach dem Berufsausbildungsgesetz.<br />

Das ermöglicht<br />

beispielsweise die Aufnahme eines fachbezogenen<br />

Studiums. Durch die Vermittlung<br />

von Kenntnissen, die über die<br />

Anforderungen hinausgehen, die beispielsweise<br />

ein Schiffsführer benötigt, sollen<br />

sich auch weitere Einsatzmöglichkeiten<br />

ergeben. »Das Berufsbild umfasst die<br />

Wahrnehmung sämtlicher Führungsaufgaben<br />

und Führungsverantwortung an<br />

Bord eines Binnenschiffes im Güter- oder<br />

Personenverkehr, eine leitende Tätigkeit<br />

in der betrieblichen Organisation eines<br />

Binnenschifffahrtsunternehmens oder<br />

die Gründung und Führung eines eigenen<br />

Unternehmens im Binnenschiffsgüter-<br />

oder -personenverkehr« heißt es seitens<br />

der IHK.<br />

Zu der neuen Ausbildungsmöglichkeit<br />

gab es Mitte Januar eine gut besuchte Informationsveranstaltung<br />

in Duisburg. Vor<br />

rund 70 Gästen wurde die Zielrichtung der<br />

Meisterprüfung vorgestellt: »Ziel des entwickelten<br />

Qualifikationsprofils für einen<br />

Meistertitel in der Binnenschifffahrt ist<br />

es, die Binnenschiffer, die als Schiffsführer<br />

verantwortlich für den Fahrbetrieb sind<br />

Auch ohne den Meisterbrief kann man<br />

zukünftig als Schiffsführer arbeiten<br />

Foto: Hermann Garrelmann<br />

oder gleichzeitig als Eigner ein oder mehrere<br />

Schiffe betreiben und damit auf der<br />

Ebene eines Betriebsleiter oder selbständigen<br />

Unternehmers (Partikuliere) agieren,<br />

für die qualifikatorischen Herausforderungen<br />

zu wappnen«, argumentierte die Uni<br />

Essen-Duisburg.<br />

Die Qualifikation »Meister« für Binnenschiffer<br />

war bislang nicht existent. Bisher<br />

gab es also keine Möglichkeiten, die berufliche<br />

Weiterentwickelung durch anerkannte<br />

Berufsabschlüsse zu dokumentieren und<br />

so höhere Karrierestufen zu erreichen. Das<br />

solle sich mit der Meisterausbildung ändern.<br />

Zudem sei diese freiwillige Weiterqualifizierung<br />

als Binnenschiffermeister<br />

dann europaweit vergleichbar.<br />

Der BDS-Binnenschifffahrt unterstützt<br />

die neuen Qualifizierungsmöglichkeiten.<br />

»Wer den Nachwuchsmangel in der Binnenschifffahrt<br />

beklagt, der muss sich etwas<br />

einfallen lassen. Von alleine werden<br />

schon sehr bald die Interessenten nicht<br />

mehr kommen, zumindest nicht diejenigen,<br />

die das Gewerbe in leitenden Positionen<br />

oder als Unternehmer gerne haben<br />

möchte«, so der BDS.<br />

Der Meister sei vor allem für jüngere<br />

Leute interessant, die jetzt einsteigen oder<br />

noch den Großteil ihres Berufslebens vor<br />

sich haben. Etablierte Schiffsführer oder<br />

Unternehmer würden davon gar nicht<br />

berührt. Niemand zweifele ihre Kompetenzen<br />

an oder wolle ihnen zusätzliche<br />

Qualifikationen aufbürden, heißt es vom<br />

Verband. Der Meister sei lediglich ein<br />

weiteres Angebot, das weder mit der Besatzungsordnung<br />

noch mit der Frage der<br />

Zulässigkeit einer selbständigen Tätigkeit<br />

irgendetwas zu tun habe.<br />

Für die Tätigkeit als Schiffsführer ist<br />

und bleibt das Patent die Voraussetzung<br />

(demnächst als EU-Richtlinie zu Berufsqualifikationen).<br />

Wer ein Unternehmen<br />

im gewerblichen Binnenschiffsgüterverkehr<br />

führen möchte, braucht darüber hinaus<br />

eine Erlaubnis nach der BinSchZV<br />

(EU-Regelung). In der gewerblichen Fahrgastschifffahrt<br />

ist auch diese nicht nötig.<br />

Dabei bleibe es auch zukünftig. Alles andere<br />

wäre EU-rechtlich nicht möglich und<br />

in Deutschland auch nicht gewollt, betonte<br />

Andrea Beckschäfer vom BDS.<br />

Vorteile denkbar<br />

Bei den Teilnehmern der Infoveranstaltung<br />

ergaben sich konkrete Nachfragen<br />

zur neuen Qualifikation. Es sei<br />

nicht auszuschließen, dass zum Beispiel<br />

eine Schiffsfinanzierung leichter gelänge,<br />

wenn der zukünftige Eigner (als Binnenschiffsmeister)<br />

neben den fachlichen Fähigkeiten<br />

auch über betriebswirtschaftliche<br />

und logistische Kenntnisse verfüge,<br />

merkte Manfred Wieck vom Schifferberufskolleg<br />

an. Fraglich sei auch, ob sich<br />

der Meister in besserer Bezahlung auszahle.<br />

Sicher sei, dass sich dadurch die<br />

Einsatzmöglichkeiten und Karrierepotentiale<br />

verbesserten.<br />

Wer sich auf die Meisterprüfung vorbereiten<br />

will, muss dazu nicht zwingend<br />

eine entsprechende Einrichtung besuchen.<br />

Wer das autodidaktisch will, könne<br />

das machen. Allerdings bieten verschiedene<br />

Ausbildungseinrichtungen bereits<br />

Kurse an.<br />

Wie auf der Veranstaltung in Duisburg<br />

ergab sich auch im Internet eine lebhafte<br />

Diskussion um den Meisterbrief. Beginnend<br />

mit der Befürchtung, der Meisterbrief<br />

würde die bisherige Qualifikation<br />

von Schiffsführern und Patentinhabern zurücksetzen<br />

bis zur Vermutung, die Vorbereitung<br />

auf die Meisterprüfung diene nur<br />

als Geschäftsmodell, wurden viele konträre<br />

Standpunkte eingenommen. Insbesondere<br />

hält sich die Sorge, dass zukünftig die<br />

Qualifikation als Binnenschiffesmeister als<br />

verpflichtend eingeführt werden könne,<br />

für Aufgaben als Schiffsführer oder bei der<br />

Gründung einer Existenz im Binnenschiffsgewerbe.<br />

M<br />

Binnenschifffahrt – ZfB – <strong>2017</strong> – Nr. 2 49

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