BS 02-2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Binnenschiffermeister soll kommen<br />
Nach dem Erwerb des Patentes gab es nur wenige Möglichkeiten zu weiteren<br />
Qualifikationen. Mit der Einführung des Binnenschiffermeisters soll sich das ändern<br />
Buyer’s Guide<br />
Jobbörse<br />
Von Hermann Garrelmann<br />
Mit einem Abschluss als »Geprüfter<br />
Binnenschiffermeister/Geprüfte<br />
Binnenschiffermeisterin« will die Niederrheinische<br />
Industrie- und Handelskammer<br />
Duisburg-Wesel-Kleve (bundesweit<br />
die einzige) weitere berufliche Wege für<br />
Binnenschiffer öffnen.<br />
Ursprünglich ging die Initiative vom<br />
DST Entwicklungszentrum für Schiffstechnik<br />
und Transportsysteme in Duisburg<br />
und der Universität Duisburg-Essen,<br />
Fachgebiet Wirtschaftspädagogik/Berufliche<br />
Aus- und Weiterbildung, aus. Angeschlossen<br />
haben sich dann Binnenschifffahrtsverbände,<br />
das Schifferberufskolleg<br />
RHEIN und die niederrheinischen IHK.<br />
Sie entwickelten die besonderen Rechtsvorschriften<br />
und den Rahmenplan zum<br />
Geprüften Binnenschiffermeister.<br />
Anerkannter Abschluss<br />
Wer die Prüfung als Binnenschiffermeister<br />
bestanden hat, hat fortan einen anerkannten<br />
Bildungsabschluss nach dem Berufsausbildungsgesetz.<br />
Das ermöglicht<br />
beispielsweise die Aufnahme eines fachbezogenen<br />
Studiums. Durch die Vermittlung<br />
von Kenntnissen, die über die<br />
Anforderungen hinausgehen, die beispielsweise<br />
ein Schiffsführer benötigt, sollen<br />
sich auch weitere Einsatzmöglichkeiten<br />
ergeben. »Das Berufsbild umfasst die<br />
Wahrnehmung sämtlicher Führungsaufgaben<br />
und Führungsverantwortung an<br />
Bord eines Binnenschiffes im Güter- oder<br />
Personenverkehr, eine leitende Tätigkeit<br />
in der betrieblichen Organisation eines<br />
Binnenschifffahrtsunternehmens oder<br />
die Gründung und Führung eines eigenen<br />
Unternehmens im Binnenschiffsgüter-<br />
oder -personenverkehr« heißt es seitens<br />
der IHK.<br />
Zu der neuen Ausbildungsmöglichkeit<br />
gab es Mitte Januar eine gut besuchte Informationsveranstaltung<br />
in Duisburg. Vor<br />
rund 70 Gästen wurde die Zielrichtung der<br />
Meisterprüfung vorgestellt: »Ziel des entwickelten<br />
Qualifikationsprofils für einen<br />
Meistertitel in der Binnenschifffahrt ist<br />
es, die Binnenschiffer, die als Schiffsführer<br />
verantwortlich für den Fahrbetrieb sind<br />
Auch ohne den Meisterbrief kann man<br />
zukünftig als Schiffsführer arbeiten<br />
Foto: Hermann Garrelmann<br />
oder gleichzeitig als Eigner ein oder mehrere<br />
Schiffe betreiben und damit auf der<br />
Ebene eines Betriebsleiter oder selbständigen<br />
Unternehmers (Partikuliere) agieren,<br />
für die qualifikatorischen Herausforderungen<br />
zu wappnen«, argumentierte die Uni<br />
Essen-Duisburg.<br />
Die Qualifikation »Meister« für Binnenschiffer<br />
war bislang nicht existent. Bisher<br />
gab es also keine Möglichkeiten, die berufliche<br />
Weiterentwickelung durch anerkannte<br />
Berufsabschlüsse zu dokumentieren und<br />
so höhere Karrierestufen zu erreichen. Das<br />
solle sich mit der Meisterausbildung ändern.<br />
Zudem sei diese freiwillige Weiterqualifizierung<br />
als Binnenschiffermeister<br />
dann europaweit vergleichbar.<br />
Der BDS-Binnenschifffahrt unterstützt<br />
die neuen Qualifizierungsmöglichkeiten.<br />
»Wer den Nachwuchsmangel in der Binnenschifffahrt<br />
beklagt, der muss sich etwas<br />
einfallen lassen. Von alleine werden<br />
schon sehr bald die Interessenten nicht<br />
mehr kommen, zumindest nicht diejenigen,<br />
die das Gewerbe in leitenden Positionen<br />
oder als Unternehmer gerne haben<br />
möchte«, so der BDS.<br />
Der Meister sei vor allem für jüngere<br />
Leute interessant, die jetzt einsteigen oder<br />
noch den Großteil ihres Berufslebens vor<br />
sich haben. Etablierte Schiffsführer oder<br />
Unternehmer würden davon gar nicht<br />
berührt. Niemand zweifele ihre Kompetenzen<br />
an oder wolle ihnen zusätzliche<br />
Qualifikationen aufbürden, heißt es vom<br />
Verband. Der Meister sei lediglich ein<br />
weiteres Angebot, das weder mit der Besatzungsordnung<br />
noch mit der Frage der<br />
Zulässigkeit einer selbständigen Tätigkeit<br />
irgendetwas zu tun habe.<br />
Für die Tätigkeit als Schiffsführer ist<br />
und bleibt das Patent die Voraussetzung<br />
(demnächst als EU-Richtlinie zu Berufsqualifikationen).<br />
Wer ein Unternehmen<br />
im gewerblichen Binnenschiffsgüterverkehr<br />
führen möchte, braucht darüber hinaus<br />
eine Erlaubnis nach der BinSchZV<br />
(EU-Regelung). In der gewerblichen Fahrgastschifffahrt<br />
ist auch diese nicht nötig.<br />
Dabei bleibe es auch zukünftig. Alles andere<br />
wäre EU-rechtlich nicht möglich und<br />
in Deutschland auch nicht gewollt, betonte<br />
Andrea Beckschäfer vom BDS.<br />
Vorteile denkbar<br />
Bei den Teilnehmern der Infoveranstaltung<br />
ergaben sich konkrete Nachfragen<br />
zur neuen Qualifikation. Es sei<br />
nicht auszuschließen, dass zum Beispiel<br />
eine Schiffsfinanzierung leichter gelänge,<br />
wenn der zukünftige Eigner (als Binnenschiffsmeister)<br />
neben den fachlichen Fähigkeiten<br />
auch über betriebswirtschaftliche<br />
und logistische Kenntnisse verfüge,<br />
merkte Manfred Wieck vom Schifferberufskolleg<br />
an. Fraglich sei auch, ob sich<br />
der Meister in besserer Bezahlung auszahle.<br />
Sicher sei, dass sich dadurch die<br />
Einsatzmöglichkeiten und Karrierepotentiale<br />
verbesserten.<br />
Wer sich auf die Meisterprüfung vorbereiten<br />
will, muss dazu nicht zwingend<br />
eine entsprechende Einrichtung besuchen.<br />
Wer das autodidaktisch will, könne<br />
das machen. Allerdings bieten verschiedene<br />
Ausbildungseinrichtungen bereits<br />
Kurse an.<br />
Wie auf der Veranstaltung in Duisburg<br />
ergab sich auch im Internet eine lebhafte<br />
Diskussion um den Meisterbrief. Beginnend<br />
mit der Befürchtung, der Meisterbrief<br />
würde die bisherige Qualifikation<br />
von Schiffsführern und Patentinhabern zurücksetzen<br />
bis zur Vermutung, die Vorbereitung<br />
auf die Meisterprüfung diene nur<br />
als Geschäftsmodell, wurden viele konträre<br />
Standpunkte eingenommen. Insbesondere<br />
hält sich die Sorge, dass zukünftig die<br />
Qualifikation als Binnenschiffesmeister als<br />
verpflichtend eingeführt werden könne,<br />
für Aufgaben als Schiffsführer oder bei der<br />
Gründung einer Existenz im Binnenschiffsgewerbe.<br />
M<br />
Binnenschifffahrt – ZfB – <strong>2017</strong> – Nr. 2 49