Anwaltsblatt 2008/01 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Rechtsprechung<br />
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8128<br />
Gebühren- und Steuerrecht<br />
§ 108 e EStG – Investitionszuwachsprämie: Relevanter Anschaffungszeitpunkt und andere (Verfahrens-)Fragen<br />
1. Wenn auch bei beweglichen Wirtschaftsgütern die Anschaffung – wie sie in § 108 e EStG gefordert<br />
wird – in der Regel mit der körperlichen Übergabe erfolgt, gibt es doch auch andere Möglichkeiten,<br />
dem Abnehmer das wirtschaftliche Eigentum am Gegenstand zu verschaffen, wie die Traditio brevi<br />
manu und das Besitzkonstitut.<br />
2. Behauptungen, die im Verwaltungsverfahren nicht erstattet worden sind, stellen eine für das verwaltungsgerichtliche<br />
Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.<br />
VwGH 26. 7. 2007, 2007/15/0096<br />
Sachverhalt:<br />
Mit Eingabe vom 14. 11. 2003 (Beilage zur Körperschaftsteuererklärung<br />
2002) beantragte die bf GmbH<br />
Investitionszuwachsprämie für 2002 in Höhe von<br />
€ 13.963,–. Diese ergab sich aus der Anschaffung von<br />
drei Kfz. Im Zuge einer abgbeh Prüfung gab die Geschäftsführerin<br />
der Bf am 20. 10. 2004 an, ein Kfz sei<br />
am 2. 1. 2003 bei der Verkäuferin (Autohaus) abgeholt<br />
und gleichzeitig sei das Altfahrzeug „zurückgegeben“<br />
worden. Die von der Bf vorgelegte Auftragsbestätigung<br />
der Verkäuferin wies zwar das Datum 30. 12. 2002 auf,<br />
wurde jedoch erst am 2. 1. 2003 unterfertigt. Die von<br />
der Verkäuferin ausgestellte Rechnung und der Übergabeschein<br />
wiesen als Liefer- und Rechnungsdatum<br />
den 2. 1. 2003 auf. Die Bf brachte dagegen vor, das<br />
Kfz sei ab Mitte Dezember 2002 bei der Verkäuferin<br />
zur Auslieferung bereit gestanden. Sie habe die Kaufpreiszahlung<br />
im Dezember 2002 geleistet. Daher sei<br />
der rechtliche Übergang des Kfz im Dezember 2002 erfolgt.<br />
Eine Anmeldung des Kfz im Jahr 2003 sei wirtschaftlich<br />
günstiger gewesen.<br />
Spruch:<br />
Abweisung als unbegründet.<br />
Aus den Gründen:<br />
Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung<br />
(Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums), also der Erlangung<br />
der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit iSd<br />
faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut.<br />
Der Zeitpunkt der Anschaffung stimmt mit<br />
dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums<br />
überein. Unter wirtschaftlichem Eigentum<br />
(§ 24 Abs 1 lit d BAO) ist die (tatsächliche) Herrschaft<br />
über ein Wirtschaftsgut gleich einem (zivilrechtlichen)<br />
Eigentümer zu verstehen. Wenn auch bei beweglichen<br />
Wirtschaftsgütern die Anschaffung in der Regel mit<br />
der körperlichen Übergabe erfolgt, gibt es doch auch<br />
andere Möglichkeiten, dem Abnehmer das wirtschaftliche<br />
Eigentum am Gegenstand zu verschaffen. Zu denken<br />
ist in diesem Zusammenhang etwa an die Einigung<br />
über den Eigentumsübergang, wenn der Abnehmer den<br />
beweglichen Gegenstand schon innehat, oder an das sog<br />
Besitzkonstitut, wenn der Unternehmer dem Abnehmer<br />
das Eigentum an einem bereits bestehenden Wirtschaftsgut<br />
überträgt, ohne die Innehabung des beweglichen<br />
Gegenstands aufzugeben, weil er den Gegenstand<br />
fortan unter einem anderen Rechtstitel innehaben will.<br />
Dem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, dass<br />
die Behauptung, es sei zwischen der Bf und der Verkäuferin<br />
die Vereinbarung getroffen worden, dass die Verkäuferin<br />
den Lkw für die Bf verwahre (Besitzkonstitut),<br />
im Verwaltungsverfahren nicht erstattet worden ist und<br />
daher eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren<br />
unbeachtliche Neuerung darstellt. Mit dem weiteren<br />
Beschwerdevorbringen kann aber die Rechtswidrigkeit<br />
des angef B nicht aufgezeigt werden. Die körperliche<br />
Übergabe des Lkw ist unstrittig am 2. 1. 2003 erfolgt.<br />
Auf der Grundlage des von der bel Beh festgestellten<br />
Sachverhalts kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden,<br />
dass sie in rechtlicher Hinsicht angenommen hat,<br />
die Lieferung sei erst mit der körperlichen Übergabe<br />
im Jahr 2003 erfolgt. Dass der Lkw noch im Jahr 2002<br />
bestellt worden ist, ist genauso wenig entscheidend wie<br />
die noch im Jahr 2002 erfolgte Bezahlung.<br />
Anmerkung:<br />
1. Während die IZP selbst mittlerweile bereits ausgelaufen<br />
ist, beschäftigen im Nachhall zur IZP die mit ihr zusammenhängenden<br />
Auslegungsfragen zurzeit vermehrt die<br />
Höchstgerichte. Zahlreiche strittige Themen sind dabei<br />
jüngst entschieden worden (s Zorn, SWK, S 22), zahlreiche<br />
andere harren aber noch einer höchstgerichtlichen Klärung<br />
(zur Frage der rechtzeitigen Geltendmachung s zB Rz 4 ff).<br />
2. Der vorliegende Fall geht nun auf den Versuch der optimalen<br />
zeitlichen Gestaltung eines Kfz-Ankaufs zurück<br />
(wobei übrigens nur Nicht-„PKW/Kombi“ gem der<br />
VO BGBl II 2002/193 prämienbegünstigt sind, s näher<br />
VwGH 21. 9. 2006, 2006/15/<strong>01</strong>85): Die Käuferin hat dabei<br />
versucht, für den Zulassungsschein bereits ein – für eine<br />
allfällige spätere Weiterveräußerung günstigeres – Erwerbsdatum<br />
2003 zu erlangen, während sie die IZP-Geltendmachung<br />
jedoch noch für das Jahr 2002 lukrieren wollte. Um<br />
dies zu erreichen, ließ sie das Kfz einfach beim Autohändler<br />
bis zum 2. 1. stehen. Der vorliegende Fall lehrt die Bf nun<br />
aber schmerzlich, dass bei derlei Gestaltungen naturgemäß<br />
sehr große Vorsicht geboten ist und sich leicht Fehler einschleichen<br />
können. Bestellung und Bezahlung noch im Jahre 2002<br />
Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2008</strong>/<strong>01</strong>