27.02.2023 Aufrufe

DB 1-23 ePaper

Dental Barometer Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik

Dental Barometer Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

52<br />

PRAXISFÜHRUNG<br />

Warum immer weniger Zahnärzte<br />

eine eigene Praxis gründen<br />

Die Zahl der niedergelassenen Zahnärzte nimmt immer weiter ab. Im Jahr 2021 betrieben nur noch 64 Prozent<br />

aller Zahnärzte eine eigene Praxis – das sind 15 Prozent weniger als es noch 10 Jahre zuvor waren. 1 Junge<br />

Zahnärzte präferieren verstärkt die Arbeit in Kliniken oder MVZs. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig: Als<br />

einer der Gründe wird der hohe Verwaltungsaufwand genannt, der mit einer eigenen Praxis verbunden ist. 2<br />

Dr. Georg Bayer ist seit 1980 niedergelassener Zahnarzt und beleuchtet im Interview diesen und weitere<br />

Gründe für den Rückgang von Zahnarztpraxen und wie man dieser Entwicklung entgegenwirken könnte.<br />

Interview mit Dr. Georg Bayer<br />

Herr Dr. Bayer, das neue Jahrbuch<br />

der Kassenzahnärztlichen<br />

Bundesvereinigung (KZBV) stellt<br />

fest, dass im Jahr 2021 nur noch<br />

64 Prozent aller tätigen Zahnärzte<br />

eine eigene Praxis betreiben.<br />

Beobachten Sie diese Entwicklung<br />

auch in Ihrem Kollegenkreis?<br />

Welche Ursachen sehen Sie?<br />

Ja. Dem liegen meiner Meinung nach verschiedene Ursachen<br />

zugrunde. Ein Aspekt ist unter anderem der verstärkte<br />

Wunsch nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance und<br />

der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dies ist im Angestelltendasein<br />

besser gegeben als in der Selbstständigkeit.<br />

Infolgedessen wird die Übernahme von Einzelpraxen seltener,<br />

weil die Anzahl potenzieller Nachfolger kleiner wird. Diese<br />

Entwicklung wird insbesondere für die Nahversorgung auf<br />

dem Land zum Problem, denn wenn angehende Zahnärzte<br />

in Großstädten studieren, wollen sie meist auch dort in der<br />

Nähe arbeiten. Das sehen wir auch an den Bewerbungen in<br />

unserer Praxis: Diese liegt im 50-Kilometer-Radius von zwei<br />

Universitäten, somit erhalten wir weiterhin, auch in Zeiten des<br />

Fachkräftemangels, Bewerbungen von Absolventen.<br />

Was war Ihre persönliche Motivation, in die Selbstständigkeit<br />

zu gehen?<br />

Ich habe mich 1980 mit meiner eigenen Praxis niedergelassen.<br />

Damals war es normal, dass die Tätigkeit als Zahnarzt<br />

mit der Selbstständigkeit verbunden war. Man muss sich zwar<br />

mehr engagieren, aber die Selbstständigkeit hat auch Vorteile<br />

wie Unabhängigkeit und freie Zeiteinteilung. Ich denke auch<br />

heute noch, dass es richtig war, diesen Weg zu gehen. Meiner<br />

Meinung nach überwiegen die Vorteile.<br />

Was sind die Herausforderungen als niedergelassener<br />

Zahnarzt? Haben diese in den letzten Jahren<br />

zugenommen?<br />

In der heutigen Zeit ist der Beruf des Zahnarztes nicht mehr<br />

der Schlüssel zum Millionärsdasein. Wir verdienen immer<br />

noch gut, aber nicht mehr im gleichen Maß wie früher.<br />

Grund hierfür ist, dass die Gebührenordnung seit 1988 nicht<br />

mehr angepasst wurde, weder in den Honorarsätzen noch<br />

in den Leistungspositionen. Die Honorarentwicklung der<br />

gesetzlichen Krankenkassen hält bei weitem nicht Schritt<br />

mit der tatsächlichen Kostenentwicklung der Praxen. Somit<br />

erzielen Selbstständige immer weniger Gewinn. Zudem gibt<br />

es ein enger werdendes Korsett der Bürokratie und weniger<br />

Behandlungszeit für die Patienten.<br />

Sie sprechen vom „Korsett der Bürokratie“. Auch die<br />

KZBV fordert in der „Agenda Mundgesundheit 2021-<br />

2025“ eine Bürokratiebremse und ergänzt dies durch<br />

ein verbindliches Bürokratieabbauziel für die Zukunft.<br />

Eine überbordende Regulierung bei der Gründung und<br />

steigender Verwaltungsaufwand der zahnärztlichen<br />

Praxen würden auf niederlassungswillige Zahnärzte in<br />

hohem Maße abschreckend wirken.<br />

Stimmen Sie dem zu?<br />

Die Bürokratie ist ein Teilaspekt, der die rückläufige Entwicklung<br />

unter den niedergelassenen Zahnärzten ausmacht. Die<br />

Bürokratie ist zwar anstrengend, aber machbar. Ich denke,<br />

eine größere Ursache sind die eingangs von mir beschriebenen,<br />

grundlegenden Veränderungen in der Arbeitswelt. Die<br />

neuen Generationen möchten weniger arbeiten – geregelte<br />

Arbeitszeiten und ein festes Einkommen werden immer wichtiger.<br />

Früher war es normal, viel zu arbeiten.<br />

Heutzutage höre ich aus Unterhaltungen mit jüngeren Kollegen,<br />

dass etwa 90 Prozent angestellt sind. Gründe gegen die<br />

Selbstständigkeit, die sie mir gegenüber geäußert haben, sind<br />

die Voraussetzung der Kapitalaufnahme und das mit der Verschuldung<br />

verbundene finanzielle Risiko. Weiterhin existiert<br />

die Befürchtung, dass aufgrund von Personalmangel kaum<br />

Fachkräfte für die eigene Praxis zu finden sind. Beispielweise<br />

berichtete mir ein Kollege neulich, dass in seinem beruflichen<br />

Umfeld Praxen zum Teil ihre Sprechzeiten nach der Verfügbarkeit<br />

des Personals ausrichten. Die Tendenz ist steigend.<br />

DENTAL BAROMETER AUSGABE 1 I 20<strong>23</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!