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DB 1-23 ePaper

Dental Barometer Fachzeitschrift für Zahnmedizin und Zahntechnik

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PRAXISFÜHRUNG<br />

53<br />

Wie bewerten Sie die dynamische Entwicklung von<br />

Medizinischen Versorgungszentren (MVZs), die zunehmend<br />

auch einen Teil der vertragsärztlichen Versorgung<br />

übernehmen?<br />

Diese Entwicklung sehe ich sehr kritisch. Bei der Abgabe meiner<br />

eigenen Praxis war es auch mein expliziter Wunsch, dass<br />

diese nicht in ein MVZ umgewandelt wird oder an Investoren<br />

geht. Grund ist, dass Investoren zwar horrende Preise zahlen,<br />

diese Investition jedoch entsprechend wieder reinholen<br />

möchten. Das führt dazu, dass Zahnmedizin nur noch unter<br />

monetären Aspekten gesehen und beraten wird, wodurch<br />

das ärztliche Niveau sinkt. Weiterhin sind MVZs einer der<br />

Gründe, warum immer weniger Ärzte gewillt sind, sich niederzulassen.<br />

Man verdient in MVZs gut und gewöhnt sich<br />

schnell an das regelmäßige Einkommen – in Folge sieht man<br />

keinen Grund mehr, in die Selbstständigkeit zu gehen.<br />

Wie könnten Ihrer Meinung nach mehr Zahnärzte für<br />

die freiberufliche Versorgung gewonnen werden?<br />

Die Übernahme von Praxen muss für Einzelpersonen erleichtert<br />

werden. Unter anderem wird der Praxiskauf für Einzelpersonen<br />

durch Investoren erschwert, weil diese deutlich<br />

mehr zahlen und Einzelpersonen so ausgebootet werden.<br />

Daher müssten die Preise angepasst und die Attraktivität für<br />

Investoren eingeschränkt werden.<br />

Weiterhin sollte die Gebührenordnung angepasst werden.<br />

Diese wurde beispielweise für Tiermediziner erst kürzlich um<br />

30 Prozent erhöht und wurde generell bereits drei Mal angepasst.<br />

Für Zahnärzte wurde der GOZ-Punktwert der Gebührenverordnung<br />

seit 1988 nicht mehr erhöht . 3 Dabei sind die<br />

Material- und Personalkosten sowie auch individuelle Kosten<br />

gestiegen.<br />

Wie bewerten Sie den Stand der Digitalisierung beziehungsweise<br />

das Angebot digitaler Anwendungen für<br />

zahnmedizinische Praxen in Deutschland? Sehen Sie<br />

hierbei Chancen oder Risiken für Ihren beruflichen Alltag<br />

und/oder die Versorgung der Patienten?<br />

Aufgrund der Größe unserer Praxis können wir vorangehen<br />

und Prozesse digitalisieren. Viele analoge Prozesse werden<br />

verstärkt durch digitale abgelöst. Eine Hürde für einige Praxen<br />

ist jedoch, dass die digitalen Hilfsmittel teilweise einen<br />

hohen finanziellen Invest erfordern. Kleinere Einzelpraxen<br />

können das selten vollständig allein stemmen. Daher werden<br />

digitale Tools häufiger in MVZs oder in größeren Praxen eingesetzt.<br />

Sie nutzen in Ihrer Praxis unter anderem auch eine<br />

Dienstplanungssoftware von Planerio. Warum haben<br />

Sie sich für die Einführung dieser in Ihrer Praxis entschieden?<br />

Hilft sie, den Bürokratie-Aufwand zu<br />

reduzieren?<br />

Die Software sorgt bei uns für einen effizienteren Praxisablauf.<br />

Bei einer so großen Praxis ist das notwendig. So<br />

können wir Personalprobleme besser managen und sparen<br />

Zeit bei administrativen Aufgaben einsparen.<br />

Was wünschen Sie sich von Anwendern oder der Politik<br />

bezüglich des digitalen Fortschrittes?<br />

In der Gebührenordnung sind die meisten digitalen Maßnahmen<br />

nicht erfasst – das sollte angepasst werden. Weiterhin<br />

sollte Digitalisierung bestenfalls bereits in der Studienordnung<br />

verankert sein und schwerpunktmäßig an der Universität<br />

gelehrt werden.<br />

Wie kann die zahnmedizinische Versorgung zukunftsfest<br />

gestaltet werden?<br />

Es muss ein Fokus auf die Sicherstellung der ärztlichen Nahversorgung<br />

gelegt werden. Durch die aktuelle Entwicklung<br />

müssen Patienten immer weiter zum nächsten Zahnarzt fahren,<br />

Ärzte arbeiten zum Teil bis ins hohe Alter, weil sich niemand<br />

findet, der ihre Praxis übernimmt. Der Tod der Einzelpraxis<br />

auf dem Land vermindert die Lebensqualität enorm.<br />

Auch die Wertschätzung seitens der Politik muss größer werden.<br />

Beispielweise wurde die Corona-Hilfe für Pflegekräfte<br />

und zahnmedizinisches Personal nicht gewährleistet. Es wird<br />

vermittelt, dass wir nicht systemrelevant sind. Dabei ist kein<br />

Arzt „näher“ an einem Patienten. Deswegen möchten wir<br />

die entsprechende Wahrnehmung und Wertschätzung.<br />

Herr Dr. Georg Bayer vielen Dank, dass Sie sich die Zeit<br />

genommen haben.<br />

Dr. Georg Bayer<br />

Dr. Georg Bayer arbeitet seit 1980 als niedergelassener<br />

Zahnarzt in Landsberg am Lech. Er war Gründer und Teilhaber<br />

der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis „Dr. Bayer<br />

& Kollegen“, die 14 Zahnärzte und über 100 Mitarbeiter<br />

an zwei Standorten beschäftigt.<br />

Planerio<br />

Planerio bietet eine Dienstplanungs-Software, die mittels<br />

künstlicher Intelligenz Personalplanung und Prozesse optimiert<br />

und so für eine Zeitersparnis von 80 bis 90 Prozent<br />

sorgt.<br />

1. KZBV Jahrbuch 2022: https://www.kzbv.de/jahrbuch-2022.768.de.html<br />

2. Agenda Mundgesundheit 2021–2025:

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