Luchsauge Ulfgarsson, Kauffahrer aus Waeland
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Anhang XI: Der fliegende Valianer<br />
Schon seit Tagen war nur noch Flaute, die See glatt wie ein Spiegel, nicht ein Lüftchen regte sich.<br />
Zum Nichtstun verdammt segelten wir träge dahin, dümpelten, ohne dass jemals Land in Sicht gekommen<br />
wäre. Viel zu weit nördlich der normalen Route, saßen wir hier fest, in dem Meer ohne Wind, so<br />
schien es uns.<br />
Doch eines Morgens war dann dieser Nebel da – wie ein weisses, trübes Band lag er über dem Wasser,<br />
in einem weiten Kreis um uns herum. War der Nebel uns schon unheimlich, so war das, was dann des<br />
Abends lautlos und von geisterhafter Kraft getrieben, ein Schock für jede gläubige Seele: Von Alaman<br />
selbst gesandt, segelte ein Schiff auf uns zu: seine Segel hingen in Fetzen, und es ging nicht der<br />
leiseste Hauch, doch trotzdem hielt es auf uns zu. Keinen lebenden Menschen sah man an Bord, doch<br />
trotzdem wurde das Schiff gesteuert. Löcher von Mannsgrösse zeigten sich auf dem Rumpf und lose<br />
Bretter und Planken gewährten Einblick in den Bauch dieses Schiffes, und doch sank es nicht! Und<br />
hoch oben, hinter dem Steuer dieses Schiffes, stand Alaman persönlich: in der Gestalt eines<br />
geisterhaft durchscheinenden Mannes, in einstmals prächtige, jetzt aber zerfetzte Gewänder gehüllt und<br />
mit grimmigen Blick auf uns zufahrend. Nun waren wir uns sicher, dass Ormut sich von uns abgewendet<br />
hatte, denn es war kein anderer als der fliegende Valianer, der uns dort bedrängte. Wir versteckten uns<br />
sofort unter Deck in ein paar leeren Fässern, inständig betend, dass er unsere Seelen verschonen<br />
möge. Und als er schliesslich längsseits ging, um danach zu uns an Bord zu kommen, war uns, als würde<br />
ein eisiger Hauch uns den Atem <strong>aus</strong> der Lunge saugen. Rasend durchwühlte der Unhold unser Schiff,<br />
riss Schmuck und Gold, Silber und Kupfer, alles, was irgendeinen Wert hatte, an sich, um es auf sein<br />
Schiff zu tragen. Wir flehten, Alamans Sohn würde sich nun damit zufrieden geben, und drei Tage und<br />
drei Nächte beteten wir ohne Unterlass. Als wir es dann schliesslich wieder wagten, das Deck zu<br />
betreten, war der Nebel verschwunden, und auch das Geisterschiff war nicht mehr zu sehen. Und<br />
schliesslich kam auch wieder Wind auf, so dass wir wieder zu unseren Liebsten segeln konnten. Aber seit<br />
diesem Tage, das sage ich euch, bringe ich Ormut von jeder Fahrt, die ich mache, die erlesensten<br />
Kräuter zum Opfer dar, denn nur er war es, der mich <strong>aus</strong> den Klauen des fliegenden Valianers befreite!<br />
46 Schiff der Schatten