Das Stadtgespräch Ausgabe Juni 2023 auf Mein Rheda-Wiedenbrück
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Tarragona<br />
Römer, Strand und<br />
Schlemmerei<br />
1 Trutzige Burg am Traumstand<br />
Ich weiß nicht, ob es am <strong>auf</strong>gezwungenen<br />
Lateinunterricht lag<br />
oder an mangelnder Vorstellungskraft,<br />
jedenfalls war ich in jungen<br />
Jahren nicht so sehr für das Trümmergucken,<br />
also die Besichtigung<br />
antiker Stätten zu haben. Es gibt<br />
jedoch auch Orte, an denen man<br />
sich nicht anhand von drei abgebrochenen<br />
Säulenstümpfen einen<br />
Tempel vorstellen muss. Tarragona<br />
gehört definitiv dazu. Außerdem<br />
finde ich heute die Antike ausgesprochen<br />
spannend. Zumal wenn<br />
man ihr so begegnen kann wie in<br />
Tarragona.<br />
Von der Playa in die Antike<br />
Die Stadt liegt knapp hundert Kilometer<br />
südlich von Barcelona an<br />
der sogenannten Costa Dorada,<br />
die ihren Namen Goldene Küste zu<br />
Recht trägt. Nördlich und südlich<br />
von Tarragona säumen jede Menge<br />
Sandstrände das wunderbar<br />
blaue Mittelmeer. Längst gibt es<br />
dort alles, was das Touristenherz<br />
begehrt. Doch wer genug hat vom<br />
Faulenzen an einer Playa der Costa<br />
Dorada, Verzeihung, es muss <strong>auf</strong><br />
Katalanisch natürlich Platja der<br />
Costa Daurada heißen, kann sich<br />
bequem einen Ausflug mit Kultur<br />
und Kulinarik gönnen. Am einfachsten<br />
ist wohl die Anreise per Bahn,<br />
denn die Gleise verl<strong>auf</strong>en direkt<br />
durch die Küstenorte. Vom Bahnhof<br />
aus geht es zu Fuß weiter, denn<br />
anders lässt sich die Stadt ohnehin<br />
schlecht erkunden. Natürlich geht<br />
auch die Anreise per Auto, doch<br />
die Parkplatzsuche ist etwas nervig<br />
und die Stellplätze im Parkhaus unter<br />
der Plaça de la Font, direkt am<br />
Rathaus gelegen und direkt in der<br />
Altstadt, sind super eng und wenig<br />
SUV-geeignet wie die Lackspuren an<br />
den Wänden betonen.<br />
Tarraco zeigt seine Macht<br />
Anders als »imposant« lassen sich<br />
die Spuren der Römer, die den Ort<br />
Tarraco nannten, gar nicht beschreiben.<br />
Außerhalb von Italien<br />
wird man schwerlich so gut erhaltene<br />
oder restaurierte Bauten aus<br />
der Römerzeit finden. <strong>Das</strong> Ausmaß<br />
der antiken Bautätigkeit hängt natürlich<br />
mit dem Machtanspruch<br />
Tarracos zusammen, war doch die<br />
Provinz Tarroconensis zur Kaiserzeit<br />
bei weitem die größte der drei<br />
römischen Provinzen <strong>auf</strong> der Iberischen<br />
Halbinsel. Ab etwa 200 v.Chr.<br />
ist die Präsenz Roms im heutigen<br />
Tarragona dokumentiert. Zu Beginn<br />
unserer Zeitrechnung hatte August<br />
die Stadt zur festen Hauptstadt<br />
gemacht. In den folgenden zwei<br />
Jahrhunderten wurden prachtvolle<br />
Bauten errichtet für die Provinzhauptstadt,<br />
die außerdem noch die<br />
wichtigste Hafenstadt des heutigen<br />
Spaniens war.<br />
Überblick vom Balkon aus<br />
Wer per Zug ankommt, landet<br />
zwangsläufig <strong>auf</strong> dem Balcó de Mediterrani,<br />
eine Promenade, von der<br />
aus man den Hafen, den Bahnhof,<br />
die oberen Stadtbezirke und auch<br />
bereits das Amphitheater erblickt.<br />
<strong>Das</strong> Amphitheater ist schon deshalb<br />
einzigartig, weil es an einem<br />
Abhang direkt vor der Kulisse des<br />
Mittelmeers liegt. Zu Beginn des<br />
zweiten Jahrhunderts nach Christus<br />
erbaut, konnte es nicht weniger<br />
als 15.000 Zuschauer beherbergen.<br />
Die Ideen der Römer zu Massenunterhaltung<br />
sind bekannt und umfassten<br />
neben Gladiatorenkämpfen<br />
auch Hinrichtungen. So wurden im<br />
Jahr 259 Fructuosus, Augurius und<br />
Eulogius lebendig verbrannt. Zur<br />
Erinnerung an die Märtyrer wurde<br />
im fünften Jahrhundert eine kleine<br />
Kirche mitten im Amphitheater<br />
errichtet. Die wurde jedoch bei der<br />
Freilegung des zeitweise in Vergessenheit<br />
geratenen Amphitheaters<br />
im 20. Jahrhundert wieder abgerissen.<br />
Immerhin sind noch die<br />
Mauerreste der Kirche heute zu<br />
bestaunen. Vor allem aber die zur<br />
Meerseite gut erhaltenen und zur<br />
Stadtseite restaurierten Sitzreihen<br />
ziehen heute die Besucher an, die<br />
sich in den Gängen tummeln können.<br />
Jede Menge Zirkus<br />
Noch weit größer dimensioniert<br />
als das Amphitheater von Tarraco<br />
war der Circus der Stadt. Nicht<br />
zu verwechseln mit der heutigen<br />
44 <strong>Das</strong> <strong>Stadtgespräch</strong>