familie&co 07/2023

familie&gesundheit
demselben Virus können wir tatsächlich
nur einmal erwischt werden“, so Dr. Wintermeyer.
Häufiger mal krank im Bett zu liegen,
gehört also zu einem normalen, gesunden
Aufwachsen dazu. Wann die Hochzeit der
Infekte beginnt, hängt auch damit zusammen,
wie früh ein Kind in die Betreuung
geschickt – und so mit vielen typischen
Erregern konfrontiert wird. Ihnen auszuweichen
hat wenig Sinn, da so der Lernprozess
des Immunsystems lediglich nach
hinten verschoben wird. Das hat auch der
Corona-Lockdown gezeigt: „Wir Kinder-
und Jugendärzte haben im Sommer
2021 bei Säuglingen auffällig viele Fälle
von Bronchiolitis gesehen, eine Krankheit
die normalerweise nur im Winterhalbjahr
auftritt. Doch da waren die Kinder ja im
Lockdown und konnten sich nicht anstecken.
Ein Zusammenhang liegt nahe.“
„Grundsätzlich sollten Eltern verstehen,
dass Infekte kein Zeichen für ein schlechtes
Immunsystem sind. Entscheidend ist,
dass der Körper des Kindes die Kraft hat,
sie in einem angemessenen Zeitraum zu
Mehr Tipps:
überwinden“, so Dr. Wintermeyer. Dabei
hilft ihm alles, was seinen Körper stark
und im Gleichgewicht hält: Eine gute
Nährstoffversorgung durch ausgewogene
Ernährung mit viel Obst, gesundem
Eiweiß, Gemüse und Vollkornprodukten,
ausreichend Schlaf, körperliche Fitness
und eine stabile Seelenlage.
Selten sinnvoll:
Vitamintabletten
Von der Zufuhr künstlicher Vitamine hält
der Experte wenig: „Wenn der Kinderarzt
z. B. einen Eisenmangel entdeckt und behandelt,
ist das natürlich sinnvoll. Doch
zu glauben, die Zufuhr eines bestimmten
Stoffes, wie etwa Vitamin C
oder Zink, könne Entscheidendes
bewirken, ist zu kurz gedacht.
Unser Immunsystem ist hochkomplex.
Wenn wir nur an einem einzelnen
Schräubchen drehen, ändert das wenig.“
Besonders vorsichtig sollten Eltern mit der
Zufuhr fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K)
sein, da diese sich im Körper anreichern
und dann sogar schaden könnten.
Wichtig zu wissen: Das Immunsystem unseres
Kindes lernt nicht nur dazu, wenn es
krank ist. Jede Begegnung mit den Keimen
unserer Umgebung macht es „schlauer“
und damit robuster. Auch wenn der Nachwuchs
draußen spielt, mit Tieren und
Pflanzen in Kontakt kommt und sich auch
mal die Dreckfinger ableckt, gewinnt er
dadurch eine stabilere Konstitution. Übertriebene
Hygiene hingegen kann sich sogar
negativ auswirken und die Wahrscheinlichkeit
von Allergien erhöhen. Rausgehen,
Sonne tanken, Spaß haben, zählt also zu
den besten Gesundheitsrezepten – und
zwar für die ganze Familie!
www.kinderaerzte-im-netz.de
Wunderwaffe
Vitamin D
Dass eine ausreichende Vitamin-
D-Versorgung das Immunsystem
stärkt, gilt als gesichert. Gegen
welche Krankheiten sie konkret
schützt, wird noch wissenschaftlich
diskutiert. Im November 2020
fasste die Deutsche Gesellschaft
für Ernährung (DGE) den aktuellen
Stand zusammen. Ergebnis:
Belegbar ist ein positiver Effekt in
Bezug auf Atemwegsinfekte und
-krankheiten. Doch ist es deshalb
sinnvoll, das Vitamin präventiv
einzunehmen?
Was Eltern wissen sollten:
Vitamin D wird von unserem
Körper hauptsächlich mithilfe
von Sonnenlicht gebildet. „Wenn
Kinder viel draußen spielen – und
auch mal ein wenig Sonne an die
Haut lassen, sind ihre Vitamin-
D-Speicher in der Regel auch
im Winter noch gefüllt“, erklärt
Expertin Silke Restemeyer (DGE).
Die künstliche Zufuhr ist nur
bei unzureichender Versorgung
sinnvoll. Das sollte – bei Verdacht
– am besten der Kinderarzt
prüfen. Ohne Anlass hochdosierte
Präparate einzunehmen,
birgt Risiken, da das fettlösliche
Vitamin sich im Körper anreichert
und bei Überdosierung u. a. zu
Übelkeit, Kopfweh und Nierenproblemen
führen kann. Um dies
zu vermeiden, sollte bei einer
Selbstmedikation der Wert von 20
µg (800 i.E.) nicht überschritten
werden, rät das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR).
FOTOS: COLORFUEL STUDIO, TOMWANG112, MARTINAN, CHOREOGRAPH: ISTOCK (4)
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