<strong>wd</strong> WORTWECHSEL „Das Potenzial im Altbau ist riesig.“ 48
<strong>wd</strong> WORTWECHSEL Unser Lebensstil erfordert im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz, dass wir das Thema Energieverbrauch viel mehr in den Fokus nehmen. Die Art und Weise, wie wir Energie aktuell und künftig erzeugen sowie nutzen, ist entscheidend für künftige Generationen. Energieeffizientes Bauen hat eine nachhaltige Senkung der Energiekosten zum Ziel. Das ist hinlänglich bekannt. Damit verbunden ist eine Schonung der natürlichen Ressourcen und der daraus resultierende Schutz der Umwelt und Natur. Der Energieverbrauch, vor allem für Heizung, Warmwasser, Lüftung und Kühlung, spielt eine zentrale Rolle beim Bau. Gesetze wie das Gebäudeenergiegesetz regulieren den Verbrauch. Dieter Herz, Geschäftsführer der Herz & Lang GmbH, ist ein erfahrener Experte in energieeffizientem Bauen. Als zertifizierter Passivhausplaner und Vorstandsmitglied verschiedener Energie-Netzwerke bringt er wertvolle Expertise in dieses wichtige Thema ein. Wir sprachen mit Dieter Herz über eine lebenswerte Zukunft, sinnvolle Herangehensweisen in der Sanierung und darüber, dass ihm der Name unseres Themenspecials eigentlich noch viel zu wenig weit gegriffen ist. Herr Herz, beschäftigt man sich mit der Herz & Lang GmbH, ist oft von der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft die Rede. Wie definieren Sie dies im täglichen Umgang? Dieter Herz: Wir sind von Haus aus ja Bauphysiker, Architekten, Bauingenieure und Experten für Passivhäuser. Der Klimaschutz und unser aller Verhalten für künftige Generationen sehe ich als Kernaufgabe unseres Handelns an. Für unser Geschäft bedeutet dies, dass wir die Bauherren überzeugen wollen, so zu bauen, dass das Haus oder Bürogebäude möglichst wenig Energie verbraucht. Leider werden die Kosten in der Herstellung primär gesehen und der Unterhalt beim Bau oder der Sanierung vernachlässigt. Leider denkt man in unserer Gesellschaft immer noch zu oft über Nebenschauplätze nach und das Wesentliche gerät aus dem Fokus. ... es geht im Grunde auch darum, dass wir alle auch bei Bauvorhaben unseren Beitrag zu mehr echter und ehrlicher Nachhaltigkeit leisten könnten. Dieter Herz: Ja, obwohl ich mit dem Begriff ja so meine Probleme habe. Wenn wir an das große Ganze denken, ist mir persönlich der Ausdruck Klimaneutralität lieber. Wenn wir ehrlich sind, müssten wir alle klimapositiv handeln, um das Klima ins natürliche Gleichgewicht zu bringen, weil wir zu lange deutlich zu wenig gemacht haben. Die aus Ihrer Sicht perfekte Bauform sind Passivhäuser? Dieter Herz: Genau. Ich habe selbst vor 24 Jahren mit Passivhäusern angefangen und unser Unternehmen setzt seit zwei Jahrzehnten auf Passivhäuser als Standard in der Planung, weil es schlichtweg die wirtschaftlichste Art ist, ein Haus zu bauen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Wenn ein klimafreundliches Gebäude regenerativ betrieben wird, gleichzeitig aber auch hochkomfortabel ist, trägt man als Planer, wie Bauherr, Verantwortung für das Klima. Leider hat sich das Passivhaus in unseren Gefilden nicht durchgesetzt. Das liegt oftmals einfach auch an den wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten. Mir ist es aber auch wichtig, den Horizont zu öffnen. Wir müssen beginnen, einfach anders zu bauen. Ich beispielsweise habe vor wenigen Jahren mit einem Mitarbeiter zusammen hier in Sichtweite ein Passivhaus gebaut. Geteilte Kosten, hohe Effizienz, eine kompakte Bauweise, altersgerecht und mit fast vernachlässigbaren Energiekosten erbaut. Dadurch habe ich keine Sorge vor dem Alter und dass mein Heim im Unterhalt finanzielle Probleme bereiten könnte. Das empfinde ich als Lebensqualität. Dieses Prinzip wenden wir bei unseren Sanierungsprojekten ebenfalls an. Was gilt es hier zu beachten? Dieter Herz: 90% beträgt der Anteil der Altbauten am Gesamtwärmebedarf im Wohnbau. Durch gezielte Maßnahmen kann der Verbrauch wirtschaftlich um >50% gesenkt werden. Das spart enorme Kosten im Unterhalt, reduziert Risiken und trägt damit auch zum Klimaschutz bei. Was bedeutet für Sie eine gezielte Planung? Dieter Herz: Ich rate immer zu einem Gesamtkonzept. Mittlerweile, das darf ich sagen, nehmen wir es uns auch heraus, Aufträge abzulehnen, wenn die Bauherren am Ende lediglich unser Gegenzeichnen für eine Förderung möchten. Wir stellen uns die Fragen: Was wäre, wenn das gesamte Haus saniert wird? Wie hoch sind die Kosten? Und, was spare ich dann an Energie in der Folge ein? Ist alles abgewogen, wird konkret über die Maßnahmen entschieden. Zuerst auf beispielsweise einen Fensterbauer zuzugehen, die Fenster zu tauschen und dann zu überlegen, was noch gemacht werden kann und was dies kostet, halten wir für den absolut falschen Ansatz. Durch die Gesamtplanung können nämlich auch gezielt die Förderungen eingebaut und das Projekt dann qualifiziert umgesetzt werden. Es geht immer um die zentrale Frage, wie Energie für die Versorgung eingespart werden kann. Habe ich nämlich hier optimale Einsparungen erreicht und verbrauche ich insgesamt wenig, lässt sich ein Gebäude auch energieeffizient versorgen und die Frage, ob Wärmepumpe im Altbau oder nicht, stellt sich nicht mehr. Wo sehen Sie weitere Potenziale? Dieter Herz: Ganz klar in der seriellen Sanierung. Serielles Sanieren bezeichnet die energetische Modernisierung von bereits existierenden Gebäuden durch die Verwendung vorgefertigter Fassaden- und Dachelemente sowie der dazugehörigen Technik, wie beispielsweise Wärmepumpenmodule. Diese Elemente werden außerhalb der Baustelle hergestellt und anschließend an den bestehenden Gebäuden angebracht. Die Vorfertigung der Elemente ist so weit fortgeschritten, dass der Zeitaufwand vor Ort im Vergleich zur herkömmlichen Sanierung erheblich reduziert wird. Die Sanierung wird also beschleunigt und effizienter gemacht. Hinzu kommen bis zu 10% höhere Förderungen. Wenn das Serielle zum Standard wird, hat die Altbausanierung nochmals mehr Potenzial. Danke für das Gespräch. ZUR PERSON: DIETER HERZ GESCHÄFTSFÜHRER | Dipl.-Ing. (FH) Holztechnik Herz & Lang GmbH, Weitnau • u.a. Mitglied der Bayrischen Ingenieurkammer Bau • DENA Energie-Effizienz-Experte • CEPH Passivhausplaner • im Vorstand Netzwerk Passivhaus Österreich • im Vorstand Holzforum Allgäu • im Vorstand Regionales Energieforum Isny 49