wd Herbst 2023
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>wd</strong> WORTWECHSEL<br />
Unser Lebensstil erfordert im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz,<br />
dass wir das Thema Energieverbrauch viel mehr in den<br />
Fokus nehmen. Die Art und Weise, wie wir Energie aktuell und<br />
künftig erzeugen sowie nutzen, ist entscheidend für künftige<br />
Generationen. Energieeffizientes Bauen hat eine nachhaltige<br />
Senkung der Energiekosten zum Ziel. Das ist hinlänglich<br />
bekannt. Damit verbunden ist eine Schonung der natürlichen<br />
Ressourcen und der daraus resultierende Schutz der Umwelt<br />
und Natur. Der Energieverbrauch, vor allem für Heizung,<br />
Warmwasser, Lüftung und Kühlung, spielt eine zentrale Rolle<br />
beim Bau. Gesetze wie das Gebäudeenergiegesetz regulieren<br />
den Verbrauch. Dieter Herz, Geschäftsführer der Herz & Lang<br />
GmbH, ist ein erfahrener Experte in energieeffizientem Bauen.<br />
Als zertifizierter Passivhausplaner und Vorstandsmitglied verschiedener<br />
Energie-Netzwerke bringt er wertvolle Expertise in<br />
dieses wichtige Thema ein. Wir sprachen mit Dieter Herz über<br />
eine lebenswerte Zukunft, sinnvolle Herangehensweisen in der<br />
Sanierung und darüber, dass ihm der Name unseres Themenspecials<br />
eigentlich noch viel zu wenig weit gegriffen ist.<br />
Herr Herz, beschäftigt man sich mit der Herz & Lang GmbH, ist<br />
oft von der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft die Rede.<br />
Wie definieren Sie dies im täglichen Umgang?<br />
Dieter Herz: Wir sind von Haus aus ja Bauphysiker, Architekten,<br />
Bauingenieure und Experten für Passivhäuser. Der Klimaschutz und<br />
unser aller Verhalten für künftige Generationen sehe ich als Kernaufgabe<br />
unseres Handelns an. Für unser Geschäft bedeutet dies, dass wir<br />
die Bauherren überzeugen wollen, so zu bauen, dass das Haus oder<br />
Bürogebäude möglichst wenig Energie verbraucht. Leider werden die<br />
Kosten in der Herstellung primär gesehen und der Unterhalt beim<br />
Bau oder der Sanierung vernachlässigt. Leider denkt man in unserer<br />
Gesellschaft immer noch zu oft über Nebenschauplätze nach und das<br />
Wesentliche gerät aus dem Fokus.<br />
... es geht im Grunde auch darum, dass wir alle auch bei<br />
Bauvorhaben unseren Beitrag zu mehr echter und ehrlicher<br />
Nachhaltigkeit leisten könnten.<br />
Dieter Herz: Ja, obwohl ich mit dem Begriff ja so meine Probleme<br />
habe. Wenn wir an das große Ganze denken, ist mir persönlich der<br />
Ausdruck Klimaneutralität lieber. Wenn wir ehrlich sind, müssten wir<br />
alle klimapositiv handeln, um das Klima ins natürliche Gleichgewicht zu<br />
bringen, weil wir zu lange deutlich zu wenig gemacht haben.<br />
Die aus Ihrer Sicht perfekte Bauform sind Passivhäuser?<br />
Dieter Herz: Genau. Ich habe selbst vor 24 Jahren mit Passivhäusern<br />
angefangen und unser Unternehmen setzt seit zwei Jahrzehnten auf<br />
Passivhäuser als Standard in der Planung, weil es schlichtweg die<br />
wirtschaftlichste Art ist, ein Haus zu bauen. Die Vorteile liegen auf der<br />
Hand. Wenn ein klimafreundliches Gebäude regenerativ betrieben wird,<br />
gleichzeitig aber auch hochkomfortabel ist, trägt man als Planer, wie<br />
Bauherr, Verantwortung für das Klima. Leider hat sich das Passivhaus<br />
in unseren Gefilden nicht durchgesetzt. Das liegt oftmals einfach auch<br />
an den wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten. Mir ist es aber auch<br />
wichtig, den Horizont zu öffnen. Wir müssen beginnen, einfach anders<br />
zu bauen. Ich beispielsweise habe vor wenigen Jahren mit einem<br />
Mitarbeiter zusammen hier in Sichtweite ein Passivhaus gebaut. Geteilte<br />
Kosten, hohe Effizienz, eine kompakte Bauweise, altersgerecht und<br />
mit fast vernachlässigbaren Energiekosten erbaut. Dadurch habe ich<br />
keine Sorge vor dem Alter und dass mein Heim im Unterhalt finanzielle<br />
Probleme bereiten könnte. Das empfinde ich als Lebensqualität. Dieses<br />
Prinzip wenden wir bei unseren Sanierungsprojekten ebenfalls an.<br />
Was gilt es hier zu beachten?<br />
Dieter Herz: 90% beträgt der Anteil der Altbauten am<br />
Gesamtwärmebedarf im Wohnbau. Durch gezielte Maßnahmen kann<br />
der Verbrauch wirtschaftlich um >50% gesenkt werden. Das spart<br />
enorme Kosten im Unterhalt, reduziert Risiken und trägt damit auch zum<br />
Klimaschutz bei.<br />
Was bedeutet für Sie eine gezielte Planung?<br />
Dieter Herz: Ich rate immer zu einem Gesamtkonzept. Mittlerweile, das<br />
darf ich sagen, nehmen wir es uns auch heraus, Aufträge abzulehnen,<br />
wenn die Bauherren am Ende lediglich unser Gegenzeichnen für<br />
eine Förderung möchten. Wir stellen uns die Fragen: Was wäre, wenn<br />
das gesamte Haus saniert wird? Wie hoch sind die Kosten? Und, was<br />
spare ich dann an Energie in der Folge ein? Ist alles abgewogen, wird<br />
konkret über die Maßnahmen entschieden. Zuerst auf beispielsweise<br />
einen Fensterbauer zuzugehen, die Fenster zu tauschen und dann zu<br />
überlegen, was noch gemacht werden kann und was dies kostet, halten<br />
wir für den absolut falschen Ansatz. Durch die Gesamtplanung können<br />
nämlich auch gezielt die Förderungen eingebaut und das Projekt dann<br />
qualifiziert umgesetzt werden. Es geht immer um die zentrale Frage, wie<br />
Energie für die Versorgung eingespart werden kann. Habe ich nämlich<br />
hier optimale Einsparungen erreicht und verbrauche ich insgesamt<br />
wenig, lässt sich ein Gebäude auch energieeffizient versorgen und die<br />
Frage, ob Wärmepumpe im Altbau oder nicht, stellt sich nicht mehr.<br />
Wo sehen Sie weitere Potenziale?<br />
Dieter Herz: Ganz klar in der seriellen Sanierung. Serielles Sanieren<br />
bezeichnet die energetische Modernisierung von bereits existierenden<br />
Gebäuden durch die Verwendung vorgefertigter Fassaden- und<br />
Dachelemente sowie der dazugehörigen Technik, wie beispielsweise<br />
Wärmepumpenmodule. Diese Elemente werden außerhalb der Baustelle<br />
hergestellt und anschließend an den bestehenden Gebäuden angebracht.<br />
Die Vorfertigung der Elemente ist so weit fortgeschritten, dass der<br />
Zeitaufwand vor Ort im Vergleich zur herkömmlichen Sanierung erheblich<br />
reduziert wird. Die Sanierung wird also beschleunigt und effizienter gemacht.<br />
Hinzu kommen bis zu 10% höhere Förderungen. Wenn das Serielle<br />
zum Standard wird, hat die Altbausanierung nochmals mehr Potenzial.<br />
Danke für das Gespräch.<br />
ZUR PERSON: DIETER HERZ<br />
GESCHÄFTSFÜHRER | Dipl.-Ing. (FH) Holztechnik<br />
Herz & Lang GmbH, Weitnau<br />
• u.a. Mitglied der Bayrischen Ingenieurkammer Bau<br />
• DENA Energie-Effizienz-Experte<br />
• CEPH Passivhausplaner<br />
• im Vorstand Netzwerk Passivhaus Österreich<br />
• im Vorstand Holzforum Allgäu<br />
• im Vorstand Regionales Energieforum Isny<br />
49