GSa163_Sept23_ES
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Praxis: Pausenkulturen<br />
angewählt wurde. Wichtig ist, Kinder am<br />
Thema „Gesunde Ernährung“ zu beteiligen<br />
und sie zu befähigen, die Verantwortung<br />
für sich und ihre eigenen Bedürfnisse<br />
zu übernehmen. Und wenn es einmal<br />
nicht so schmeckt, dann darf auch<br />
das mal sein.<br />
Abschluss<br />
Der Zeiger rückt auf 14.00 Uhr, die<br />
Mittagspause geht zu Ende. Während<br />
sich der Schulhof leert und Mia, die<br />
von Julia inzwischen den Dienst an der<br />
Spielzeugausleihe übernommen hat, die<br />
Fahrzeuge wieder fachgerecht einparkt,<br />
erinnern die Kinder sich gegenseitig an<br />
das Pausenende. Einen Schulgong gibt<br />
es hier nicht! Alle wissen, wenn auf dem<br />
Schulhof keine Kinder mehr sind, geht<br />
es in den Lerngruppenräumen weiter.<br />
Drinnen räumen die Kinder ihre Sachen<br />
aus der Pause ein. Gleich ist wieder<br />
Arbeitszeit, schließlich ist heute ein langer<br />
Tag bis 16.00 Uhr. Das bringt die<br />
gebundene Ganztagsschule mit sich.<br />
Aber wenn der Tag so stark von den<br />
Kindern mitgestaltet werden kann,<br />
dann fühlt sich das ganz anders an als<br />
ein klassischer halber Schultag, an dem<br />
die Strukturen fest vorgegeben sind:<br />
Das Unterrichtsfach und das Stundenpensum,<br />
eine „Sitzordnung“ wird<br />
genauso festgelegt wie der Arbeitsrhythmus.<br />
Alle Kinder müssen in der<br />
Pause auf den Schulhof gehen und der<br />
Raum wird abgeschlossen. Das Mittagessen<br />
wird aufgefüllt und findet zu vorgegebener<br />
Zeit statt. All das sind von<br />
Erwachsenen gemachte Vorgaben, die<br />
wir an unserer Schule in die Hände der<br />
Kinder geben. Wir trauen es ihnen zu<br />
und wir muten es ihnen zu.<br />
Morgen braucht Julia unbedingt einen<br />
schönen Stock, den sie sich auf dem<br />
Heimweg im Park besorgen will. Schließlich<br />
gibt es in der Mittagspause ein Angebot<br />
zum Schnitzen.<br />
Literatur<br />
Cohn, R. C. (1986): Von der Psychoanalyse<br />
zur themenzentrierten Interaktion. Von der<br />
Behandlung einzelner zu einer Pädagogik für<br />
alle (7. Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.<br />
Ilka Hoffmann<br />
Inklusive Pause – Pause inklusiv<br />
Pausen sollen den Schultag gliedern und rhythmisieren und Zeit für Bewegung,<br />
Spielen und Unterhaltung lassen. Da die Pausenbedürfnisse von Kindern sehr<br />
unterschiedlich sein können, haben einige Schulen auch flexible Formen der<br />
Pausengestaltung geschaffen.<br />
Die Regelung an den meisten<br />
Schulen ist allerdings weiterhin<br />
die klassische, gemeinsame<br />
Hofpause. Die Hofpause ist leider nicht<br />
für alle Kinder eine Zeit der Erholung.<br />
Manche Kinder erleben auch Ausgrenzung<br />
und Mobbing. Deshalb soll es<br />
in diesem Beitrag um die Frage gehen,<br />
wie die Hofpause möglichst diskriminierungsfrei<br />
und inklusiv gestaltet<br />
werden kann.<br />
Pause barrierefrei<br />
Gerade Grundschulkinder nutzen die<br />
Pause für Bewegung und Spielen. Häufig<br />
sind Kinder mit motorischen Einschränkungen,<br />
aber auch mit Sinnesschädigungen<br />
von diesen Aktivitäten<br />
ausgeschlossen. Das Thema „Barrierefreiheit“<br />
wird indes in erster Linie baurechtlich<br />
diskutiert. Dies ist einerseits<br />
sinnvoll, denn es gibt bei der barrierefreien<br />
Gestaltung von Schulbauten und<br />
Pausenhöfen vielerorts einen immensen<br />
Nachholbedarf. Die barrierefreie<br />
Raum- und Hofgestaltung ist auch eine<br />
Grundvoraussetzung für die Umsetzung<br />
inklusiver Bildung – und Pausen.<br />
Andererseits gelingt eine barriereund<br />
diskriminierungsfreie Pausengestaltung<br />
nur über ein Konzept, das hilft,<br />
Exklusionen zu vermeiden und die soziale<br />
Integration aller Kinder zu erleichtern.<br />
Wenn Kinder mit Beeinträchtigungen<br />
nicht in die Aktivitäten der anderen<br />
Kinder eingebunden werden, dann<br />
ist das nicht immer auf bewusste Ausgrenzung<br />
zurückzuführen. Vielmehr<br />
gibt es in den meisten Lerngruppen feste<br />
Untergruppen und soziale Bindungen,<br />
die relativ stabil sind. Die soziale Integration<br />
aller Kinder in den Pausenzeiten<br />
oder auf Schulwegen muss somit schon<br />
in den Lern- und Unterrichtszeiten mitbedacht<br />
werden. Oft sind die Teilhabe-<br />
Barrieren auch den Erwachsenen nicht<br />
in ihrer ganzen Tragweite bewusst. So<br />
war es auch an Förderschulen für Hörgeschädigte<br />
teilweise verpflichtend, während<br />
der Corona-Zeit auf das Tragen<br />
einer Maske aufmerksam zu machen.<br />
Die erheblichen Kommunikationseinschränkungen<br />
aufgrund der fehlenden<br />
Gesichtsmimik, die die Maskenpflicht<br />
für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen<br />
bedeutete, wurden dagegen nicht<br />
überall diskutiert und behoben.<br />
Auch ein hoher Geräuschpegel auf<br />
dem Pausenhof kann für Kinder mit<br />
Wahrnehmungsstörungen und Hörproblemen<br />
zu einer echten Qual werden.<br />
Hier können Ausweichmöglichkeiten in<br />
ruhigere Räumlichkeiten und eine Sensibilisierung<br />
aller Mitglieder der Schulgemeinschaft<br />
für Hörbeeinträchtigungen<br />
und physische Barrieren hilfreich sein.<br />
Die tatsächlichen Barrieren können am<br />
ehesten im sensiblen Dialog mit den Betroffenen<br />
herausgearbeitet werden.<br />
Gemeinsam mit der jeweiligen Lerngruppe<br />
sollte überlegt werden, wie diese<br />
Barrieren überwunden werden können:<br />
Welche Anpassungen von Spiel- und<br />
Entspannungsräumen sind notwendig?<br />
Wer kann helfen, dass kein Kind bei gemeinsamen<br />
Aktivitäten außen vor bleibt<br />
(Peer-Support)? Wie können Spiele modifiziert<br />
oder neu erfunden werden? Einige<br />
entsprechende Spielideen finden<br />
sich auch in der pädagogischen Literatur<br />
(vgl. Buschmann 2016). Die Chancen<br />
für eine gute soziale Integration von<br />
GS aktuell 163 • September 2023<br />
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