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Praxis: aktuell Pausenkulturen … den Landesgruppen Nordrhein-Westfalen Vorsitzende: Christiane Mika, Ruhrbogen 30, 45529 Hattingen; www.grundschulverband-nrw.de Fortsetzung des pädagogischen Frühstücks Das während der Pandemie entstandene und fortgeführte digitale Format eines ‚pädagogischen Frühstücks‘ für Mitglieder und Interessierte verzeichnet weiterhin regen Zulauf. Für eine Stunde bieten wir einmal im Quartal samstags ein digitales Format mit je einem Impulsvortrag und daran anschließenden Möglichkeiten zum Austausch und zur Vertiefung in digitalen Räumen an. Beim vergangenen pädagogischen Frühstück stellte Dr. Beate Leßmann den 80 Teilnehmenden in einem spannenden und inspirierenden Impulsvortrag vor, wie das Schreiben eigener Texte und das Rechtschreiben von Anfang an verbunden werden kann. Über das große Interesse an der Veranstaltung haben wir uns sehr gefreut, sodass wir auch im nächsten Schuljahr weitere pädagogische Frühstücke im digitalen Format anbieten werden. Bildungspolitische Beteiligungen und Kontakte in NRW Im Mai vertrat Christiane Mika in ihrer Funktion als Vorstandsvorsitzende den Grundschulverband in einem telefonischen Gespräch mit Dorothee Feller (Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen). In dem Gespräch wurden von Seiten des Verbandes noch einmal die besonderen Bedarfe der Grundschule in Abgrenzung zu den anderen Schulformen betont. Insbesondere sinnvolle Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Grundschule wurden in diesem Zuge diskutiert. Zum weiterführenden Austausch über diesen Themenkomplex wurde ein Termin für ein Videomeeting vereinbart. Grundschultag NRW 2023 – save the date! Zu unserem diesjährigen Grundschultag laden wir am 28.10.2023 in die Gebrüder- Grimm-Schule in Hamm ein. Die Preisträgerschule des Deutschen Schulpreises 2019 können alle Teilnehmenden anhand eines Schulrundgangs kennenlernen und im Einführungsvortrag mehr über die Konzeption der Schule erfahren. Unter dem Leitthema KINDER. LERNEN. ZUKUNFT. JETZT! werden verschiedene Workshops angeboten. Weitere Infos folgen im Newsletter und auf dem Instagram-Kanal unserer Landesgruppe. 28.10.2023 10:00 – 15:00 Uhr Gebrüder-Grimm-Schule, Hamm Anmeldung unter: grundschulverbandnrw@t-online.de Ansprechperson: Maxi Brautmeier-Ulrich Für die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen: André Richter Sachsen-Anhalt Kontakt: Thekla Mayerhofer, Hafenstr. 44, 06108 Halle (Saale) May_The@web.de, www.gsv-lsa.de Klausurtagung des Vorstandes Alle zwei Jahre trifft sich der Vorstand unserer Landesgruppe zu einer Klausurtagung, um Aktuelles und Zukünftiges zu beratschlagen und neue Ideen zu akquirieren. Themen des diesjährigen Treffens am 16. Juni waren u.a. die vom Land angedachte Kooperation von Schulen und Horten zur Umsetzung des geplanten Ganztagsanspruchs 2026. Gemeinsam mit der DKJS (Deutsche Kinder- und Jugendstiftung) wollen wir Impulse setzen, die Bedeutung dieser Entwicklung hervorheben und notwendige Strukturen einfordern. Erster Anlaufpunkt soll ein Treffen mit der Bildungsministerin zum gemeinsamen Austausch sein. Ein zweites Thema war der Seiteneinstieg, der ohne Anerkennung, eine kontinuierliche Qualifizierung, einen sachgerechten Einsatz und eine gute Einbindung an den Schulen durch z. B. Mentoring nur schwer gelingen kann – auch hierzu wollen wir den Kontakt zum MB noch einmal aufnehmen. Zudem ist in Sachsen-Anhalt unsere Idee des Primarstufenlehramts, das die starre Trennung in das Lehramt für Grundschulen und für Förderschulen aufweichen würde, neu in der Diskussion, das beim letzten Treffen mit den bildungspolitischen Sprecher*innen des Landes im März Gehör fand. Eine Arbeitsgruppe der Philosophischen Fakultät III der Martin-Luther-Universität, in der drei unserer Mitglieder mitarbeiten, arbeitet an einem Konzeptpapier. „Eltern-Uni“ Im März und Juni fanden die ersten beiden Eltern-Unis als Kooperation des Grundschulverbandes Sachsen-Anhalt und des Instituts für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg statt. Der erste Termin stellte die Frage nach Leistungsbewertung: Brauchen Kinder Noten, um sich fürs Lernen zu motivieren? Nach einem Faktencheck berichteten Lehrkräfte der Freien Schule Riesenklein in Halle den etwa 50 Zuhörer*innen von Möglichkeiten der Leistungsrückmeldung ohne Zensuren. Im Juni ging es um die Frage „Wozu rechnen? Gibt doch Taschenrechner!“. Unser Vorstandsmitglied Wolfgang Grohmann zeigte dabei auf, was guter Mathematikunterricht leisten kann, und nahm den Eltern die Sorge vor dem Versagen ihrer Kinder im Mathematikunterricht. Wir freuen uns zudem auf die nächsten beiden Termine, in denen es um alte und neue Gewissheiten im Rechtschreibunterricht sowie Digitalisierung in der Grundschule geht. Weitere Informationen: www.gsv-lsa.de Für die Landesgruppe: Dr. Nadine Naugk 48 GS aktuell 163 • September 2023
Nachruf auf Dr. Manfred Pollert „Wir sind nicht verpflichtet, pädagogischen Unsinn zu machen!“ Als 1985 die neuen Richtlinien für Grundschulen in NRW veröffentlicht wurden, wussten viele, dass Grundschulrektor Manfred Pollert als Vorsitzender der Richtlinienkommission die wichtigsten Akzente gesetzt hatte. Erstmalig fand man Freie Arbeit in den Richtlinien. Busweise pilgerten Lehrerinnen und Lehrer nach Münster, um in Pollerts Grundschule Berg Fidel die Praxis zu sehen. In seiner eigenen Klasse probierte Pollert alles aus, so wie andere Pioniere es in der Zeit taten. Ein Vierteljahr konnten dort die Projekte dauern, z. B. über Indigene oder das Mittelalter. Die Kinder beschäftigten sich mit einem gemeinsamen Gegenstand, bauten Zelte, machten Musik, tanzten, schrieben Geschichten, druckten sie selbst für eine Zeitung, rechneten in anderen Maßeinheiten und untersuchten Kultur. Dabei nahm er immer ernst, was Kinder ihm sagten. Mit viel Geduld ermutigte er Kinder und gab ihnen und ihren Eltern Sicherheit. Seine Schule wurde zu einer Laborschule im Grundschulbereich. Nie verleugnete Pollert, dass er alles von den alten Meistern wie Freinet, Montessori oder Petersen „abgeguckt“ hatte. Pollert faszinierte in Vorträgen, teils zusammen mit dem befreundeten Schulrat Gerhard Sennlaub, Hunderte von Zuhörer*innen und überzeugte auch im eigenen Kollegium. Sennlaub fasste die Grundsätze im Buch „Spaß beim Schreiben“ (1980) zusammen. In Pollerts Schulklasse entstanden die Karteikarten für den CVK- Rechtschreiblehrgang, den Pollert und Sennlaub zu einem Renner machten. Auch viele seiner Schulbücher bestanden hier ihre Praxisprobe. Als ich 1992 als sein Stellvertreter in seine Schule kam, sagte Manfred Pollert in typisch knapper Art zu mir: „Ich bin Klassenlehrer, die Schule leite ich nebenbei!“ Er setzte sich stets warmherzig für die Kinder ein. Konsequent verfolgte er sein Ziel, dass alle ihre höchstmöglichen Erfolge erleben und selbstständig arbeiten konnten. Er integrierte auf „stille“ Art möglichst viele aus dem Stadtteil Berg Fidel. Pollert wollte, dass kein Kind auf eine Sonderschule käme, auch deshalb, weil dort so wenig differenziert wurde, sodass er die Kinder lieber „bei sich“ lernen ließ. „Differenzieren kann man lernen“, antwortete er Skeptikern. Er überzeugte, indem er ihre Sorgen ernst nahm und mit Eltern und Lehrkräften zusammen in Arbeitskreisen Wege suchte, allen Kindern gerecht zu werden. Seine schlichte Erklärung dafür hieß: „Weil es nicht anders geht!“ In den Behörden fand er immer Verbündete, die unterstützten, was Pollert für jeden verstehbar erklären konnte. Im Zweifel praktizierte er das Motto „Nicht fragen, sondern einfach machen!“. „Ungehorsam im Schuldienst“ und kreative Lösungen konnten wir bei ihm lernen. Wenn Behörden sich etwas ausgedacht hatten, was in der Praxis nicht funktionierte, sagte er rigoros und zugleich gelassen: „Wir sind nicht verpflichtet, pädagogischen Unsinn zu machen!“ Pollert gehört zu den „entschiedenen Schulreformern“, die in den 1970er- und 1980er-Jahren die Grundschule in Westdeutschland zu einem Ort der „ermutigenden“ Pädagogik gemacht haben und den Boden der Integrations- und Inklusionspädagogik gelegt haben. Seine Wirkung für ganz NRW (und mit seinen Publikationen weit darüber hinaus) entspricht dem Wirken von Hermann Schwarz in Hamburg. Mit seinem Buch „Lernen und Leben im ersten Schuljahr“ (2002) gelang ihm ein unvergleichlicher Praxisbericht, der für Lehrkräfte noch heute eine hilfreiche Fundgrube ist. Dr. Manfred Pollert (4.6.1938–30.5.2023), ein „entschiedener Schulreformer“, ist im Mai 2023 im Alter von 85 Jahren gestorben. Hier zu sehen mit seinem Nachfolger als Schulleiter Dr. Reinhard Stähling (l.) Als er 2002 pensioniert wurde, war es für ihn selbstverständlich, dass wir als seine Nachfolger die Altersmischung einführten, zumal er doch selbst als Junglehrer eine einklassige evangelische Dorfschule im westlichen Münsterland geführt hatte. Die älteren unterrichteten die jüngeren Kinder. Davon hatte er erzählt. Eigentlich wollte Pollert Gemeindepfarrer werden. Er wurde Lehrer, Seminarleiter und schließlich Gründungsvater der Grundschule in Berg Fidel und „nebenbei“ promovierte er in Erwachsenenbildung. Was auch immer er anfasste, gelang leicht und hatte Zukunft. Im Stadtteil Berg Fidel, der den Ruf eines sozialen Brennpunktes hatte, war er derjenige, der mit allen Institutionen wie Kitas, Jugendhilfe- und Beratungsstellen, aber auch mit allen Verwaltungschefs in enger Kooperation stand und als Vorsitzender des Stadtteilarbeitskreises sehr viel bewirkte. So fanden schon früh Schulgottesdienste statt, die die Schule in einer christlichen Kirche mit einem Vertreter des Islam, einem evangelischen Pastor und einem katholischen Priester zusammen gestalteten. Die gegenseitige Toleranz von Menschen mit verschiedenster Herkunft wurde im Stadtteil immer selbstverständlicher. Nach seiner Pensionierung machte er dann seinen früheren Berufswunsch wahr und wurde Seelsorger des Altenheims in Berg Fidel. Bis zu seinem Tod mit 85 Jahren ging er täglich zu Bewohner*innen und hielt Andachten in der Kirche. Mit Hingabe begleitete er viele bis zu ihrem Tod. Zufrieden und selbstbewusst lebte er seine Vision vom weltoffenen, toleranten und sozialen Christentum. Manfred Pollert ist am 30.5.2023 nach kurzer Krankheit gestorben. Seine Spuren werden noch Generationen später zu sehen sein. So hätte es ohne seine fundamentale Vorarbeit zwölf Jahre nach seiner Pensionierung keine Erweiterung der Schule zu einer Primus- Schule bis zur Klasse zehn gegeben. In Dankbarkeit können wir uns vor diesem großen Lehrer und Schulreformer verneigen - und seinen Weg fortsetzen. Das wäre ganz in seinem Sinne. Dr. Reinhard Stähling war seit 1992 Manfred Pollerts Stellvertreter und seit 2002 sein Nachfolger als Schulleiter der Grundschule Berg Fidel. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2022 leitete er die Primus-Schule Berg Fidel - Geist, eine Gesamtschule mit den Jahrgängen 1–10, die 2014 aus der Grundschule Berg Fidel hervorgegangen ist. Dr. Reinhard Stähling GS aktuell 163 • September 2023 U III
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