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DER WEG ZUM BUCH - Die Landesbibliothek Oldenburg in der Ofenerstraße

Das klassizistische Bibliotheksgebäude am Damm in Oldenburg war im II. Weltkrieg zerstört worden, die geretteten Bücher fanden schließlich einen neuen Platz in dem ehemaligen Arsenalgebäude an der Ofenerstraße. In einem sehr zähen Umbauprozeß über mehr als ein Jahrzehnt erwuchs dieses zu einem Juwel der Fünfziger Jahre Architektur und einer beispielhaften Verbindung von Buch und Gestaltung. Das damals intendierte Konzept wies über die reine "Buchbewahrung" hinaus zu der Bibliothek als Anker in einem Netzwerk kultureller, wissenschaftlicher und Bildungsinstitutionen, der erste Schritt hierzu war die Einrichtung einer "Wärmestube für geistige Arbeiter" und bis in den späten Abend und das Wochenende verlängerte Öffnungszeiten, bereits kurz nach dem Krieg. Das hier vorliegende "Bilderbuch" zu diesem Bau fußt primär auf einer Fotosession kurz vor dem neuerlichen Umzug der Bibliothek in den späten Achtziger Jahren, umfaßt aber auch darüber hinaus greifende Recherchen und Dokumente.

Das klassizistische Bibliotheksgebäude am Damm in Oldenburg war im II. Weltkrieg zerstört worden, die geretteten Bücher fanden schließlich einen neuen Platz in dem ehemaligen Arsenalgebäude an der Ofenerstraße. In einem sehr zähen Umbauprozeß über mehr als ein Jahrzehnt erwuchs dieses zu einem Juwel der Fünfziger Jahre Architektur und einer beispielhaften Verbindung von Buch und Gestaltung.
Das damals intendierte Konzept wies über die reine "Buchbewahrung" hinaus zu der Bibliothek als Anker in einem Netzwerk kultureller, wissenschaftlicher und Bildungsinstitutionen, der erste Schritt hierzu war die Einrichtung einer "Wärmestube für geistige Arbeiter" und bis in den späten Abend und das Wochenende verlängerte Öffnungszeiten, bereits kurz nach dem Krieg.

Das hier vorliegende "Bilderbuch" zu diesem Bau fußt primär auf einer Fotosession kurz vor dem neuerlichen Umzug der Bibliothek in den späten Achtziger Jahren, umfaßt aber auch darüber hinaus greifende Recherchen und Dokumente.

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Auszug aus e<strong>in</strong>em Brief von WGF (aufgrund se<strong>in</strong>er Kriegsgefangenschaft noch <strong>in</strong> Jever)<br />

an se<strong>in</strong>e Frau (noch „Zuhause“ <strong>in</strong> Leipzig) vom 27.04.1946:<br />

[...] Also nun vom Freitag: mit dem Bus nach O., doch e<strong>in</strong> wenig antichambrieren, dann also<br />

zu Kästner, <strong>der</strong> <strong>in</strong>zwischen Staatsm<strong>in</strong>ister geworden ist. D. h. also er ist nicht bleiben<strong>der</strong><br />

Beamter, son<strong>der</strong>n vom Landtag abhängig. Derzeit allerd<strong>in</strong>gs beruht se<strong>in</strong>e Stellung noch auf<br />

Ernennung durch die Englän<strong>der</strong> über die Wahl e<strong>in</strong>es neuen Landtags ist noch nichts<br />

bekannt. [...].<br />

Auszug aus e<strong>in</strong>em Brief von WGF an se<strong>in</strong>e Frau vom 01.05.1946:<br />

[...] Kästner hätte mich am liebsten am 1. Mai hier antreten sehen, aber so schnell habe ich<br />

we<strong>der</strong> Wohnung noch Abmeldung noch sonstwas. Und ich muß auch noch mal über Land<br />

nach Vorräten, denn ich fürchte mich e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong> wenig vor dem Hunger <strong>in</strong> O. [...].<br />

Am 12.05.1946 schreibt WGF den ersten Brief an se<strong>in</strong>e Frau von se<strong>in</strong>em neuen Wirkungskreis<br />

aus: <strong>der</strong> <strong>Landesbibliothek</strong> <strong>in</strong> <strong>Oldenburg</strong>, noch <strong>in</strong> ihrer Notunterkunft im Schloß: mit<br />

großen Zweifeln daran, dass es e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Weg werden könne <strong>in</strong> <strong>Oldenburg</strong> „...Habe ich<br />

doch noch nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> passendes Zimmer f<strong>in</strong>den können...“<br />

Viel entscheiden<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d aber die Zweifel h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Verhältnisse <strong>der</strong> Bibliothek: „...die<br />

Leute wie<strong>der</strong> voranzukriegen, wird ke<strong>in</strong> leichtes Stück...“ An<strong>der</strong>erseits wird e<strong>in</strong> Beweggrund<br />

für se<strong>in</strong>e Entscheidung, nicht an die Stadtbibliothek nach Leipzig zurückzukehren, son<strong>der</strong>n<br />

den Neuanfang <strong>in</strong> <strong>Oldenburg</strong> zu versuchen deutlich: „...die Notwendigkeit dieses Institutes [<strong>in</strong><br />

<strong>Oldenburg</strong>] ist nicht erst zu schaffen, wie das <strong>in</strong> Leipzig mit <strong>der</strong> Stabi im Grunde doch ist, hier<br />

ist e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>gendes Bedürfnis so deutlich....“<br />

Weitere Auszüge und Briefe <strong>in</strong>: Walter Barton, Aus persönlichen Briefen Wolfgang Günther<br />

Fischers zur Bibliothekssituation <strong>in</strong> <strong>Oldenburg</strong> 1945 – 1954, <strong>in</strong>: Hrsg. Egbert Koolmann, EX<br />

BIBLIOTHECA OLDENBURGESI, Bibliothekarische Untersuchungen aus Anlaß des<br />

200jährigen Bestehens <strong>der</strong> <strong>Landesbibliothek</strong> <strong>Oldenburg</strong>, <strong>Oldenburg</strong> 1992.<br />

Hier<strong>in</strong> ebenfalls enthalten alle zeitgenössischen Abbildungen <strong>der</strong> <strong>Landesbibliothek</strong> <strong>Oldenburg</strong><br />

an <strong>der</strong> Ofener Straße, die zur Illustration des Orig<strong>in</strong>alkonzepts hier erneut unverzichtbar s<strong>in</strong>d,<br />

angesichts <strong>der</strong> Aufnahmen des Verfassers erst bereits im Nie<strong>der</strong>gang des Hauses.<br />

74<br />

Für Paul Raabe wichtiger und präsenter geworden ist <strong>in</strong> jenen Jahren sicherlich <strong>der</strong> Kontakt<br />

zu Erhart Kästner - zweifellos über me<strong>in</strong>en Vater entstanden – dem Raabe dann aber eben<br />

nicht nur zweimal als Direktor e<strong>in</strong>er bedeutenden Bibliothek folgte, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> dessen Umfeld<br />

er reüssierte.<br />

Nun war dieses die große Zeit <strong>der</strong> Strippenzieher, <strong>der</strong> „Kultur-Macher“, was Vor- und<br />

Nachteile hat: man kannte sich, man konnte mit Augenmaß för<strong>der</strong>n und for<strong>der</strong>n, aber eben<br />

auch se<strong>in</strong>e Stellung für eigene Überzeugungen nutzen, im Guten, wie im Bösen.<br />

Was jeweils im Vor<strong>der</strong>grund stand, müssen an<strong>der</strong>e entscheiden, und war dieses Problem nur<br />

e<strong>in</strong>e Facette <strong>in</strong> rastlosem Leben. Raabe selber ist sicherlich unverdächtig.<br />

Er war verheiratet mit <strong>der</strong> Schwester des Schriftstellers Holthusen, die auch dessen Nachlass<br />

bearbeitete. Holthusen [1913 – 1997] war aufgrund se<strong>in</strong>er SS-Vergangenheit – wie auch<br />

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