f+h fördern und heben 3/2024
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PERSPEKTIVEN F+H NACHGEFRAGT<br />
uns zeichnet sich eine Innovation also nicht durch Disruption<br />
aus. Es muss aber für uns als Unternehmen so neu sein, dass wir<br />
zwar den Input berechnen können, den wir da reinstecken, also<br />
Geld <strong>und</strong> Zeit, aber nicht wissen, was dabei rauskommt.<br />
An welchen Innovationen arbeitet das Team des zufall.lab<br />
aktuell?<br />
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ<br />
WIRD DIE LOGISTIKBRANCHE<br />
LANGFRISTIG NICHT RETTEN<br />
Steffen Obermann: Auf zwei Beispiele kann ich an dieser Stelle<br />
eingehen. Wir arbeiten am digitalen Zwilling vom Umschlaglager.<br />
Da sind die Kollegen von Dachser aktuell diejenigen, die<br />
weit vorne sind. Was wir auf dem Gebiet mit unseren Partnern<br />
entwickeln, kann sich aber auch sehen lassen. Der Fokus ist ein<br />
anderer. Denn für uns ist der Mittelstand <strong>und</strong> seine Möglichkeiten<br />
der Fokus. Im Gr<strong>und</strong>e geht es darum zu sagen: wie können<br />
wir die Prozesse, die jeden Tag in der Halle ablaufen, digital live<br />
nachstellen. Zum Beispiel, um zu wissen, wo sich welches Packstück<br />
gerade befindet, wie groß es ist <strong>und</strong> wie viel es wiegt. Aus<br />
den gewonnenen Daten können dann im Folgeschritt auch Vorhersagen<br />
getroffen werden, die dann die Planung im Umschlaglager<br />
leichter machen. Personalschichtpläne oder dynamische<br />
Stellplatzzuweisung sind da spannend.<br />
Das zweite Beispiel lässt sich folgendermaßen umschreiben:<br />
Generell beschäftigen wir uns als Unternehmen mit dem Ziel,<br />
achtsam nachhaltige Logistikleistungen zu erbringen. Unter<br />
achtsam nachhaltiger Logistik verstehen wir, dass wir gut zu<br />
Menschen, gut zur Umwelt sind <strong>und</strong> dabei Geld verdienen. Also<br />
People, Planet, Profit in Einklang zu bringen. Das ist bei bestehenden<br />
Dienstleistungen nicht ganz einfach, wenn man sich<br />
zum Beispiel die Landverkehre anschaut. Deshalb arbeiten wir<br />
nicht nur an unserer bestehenden Organisation, sondern auch<br />
an neuen Geschäftsmodellen. Wir haben vor über einem Jahr<br />
mit dem Thema City-Logistik angefangen.<br />
Über das Thema City-Logistik sprechen wir in der Branche aber<br />
schon seit Jahrzehnten.<br />
Steffen Obermann: Das stimmt. Wobei die neuen Möglichkeiten<br />
von Cargo-Bikes <strong>und</strong> digitalen Prozessen das Thema ganz schön<br />
in Fahrt bringen. Zusätzlich treiben da noch die Veränderungen<br />
in der Gesellschaft. Wir denken als Gesellschaft mittlerweile<br />
regionaler, es kommt immer mehr darauf an, Produkte vor Ort zu<br />
reparieren <strong>und</strong> in Kreisläufen zu denken <strong>und</strong> zu arbeiten. Vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> haben wir uns in einem internen Arbeitskreis<br />
auf das Thema City-Logistik fokussiert. Wir haben angefangen<br />
den Markt kennenzulernen <strong>und</strong> in Start-ups investiert. Nach<br />
einigen Monaten haben wir unsere Erkenntnisse dann im<br />
zufall.lab mit echten K<strong>und</strong>en in die Praxis umgesetzt <strong>und</strong> selbst<br />
City-Logistik ausprobiert. Also raus aus Powerpoint <strong>und</strong> Excel-<br />
Dateien <strong>und</strong> auf die Straße. Wir haben uns die Frage gestellt:<br />
„Was heißt City-Logistik überhaupt faktisch?“ Denn genau das<br />
kennen wir doch alle: Die Zahlen, die man sich am r<strong>und</strong>en Tisch<br />
überlegt, die sehen in den Präsentationen immer ganz toll aus.<br />
Aber was heißt das denn, wenn wir für K<strong>und</strong>en in der Praxis City-<br />
Logistik betreiben? Wie ist es, mit einem Cargo-Bike in der Stadt<br />
unterwegs zu sein? Was bringt uns das Ganze nachher für einen<br />
Deckungsbeitrag? Mit diesen <strong>und</strong> weiteren Fragen haben wir uns<br />
im vergangenen Jahr beschäftigt <strong>und</strong> dann Personal eingestellt.<br />
Momentan legen die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen aus dem City-<br />
Logistik-Team in Göttingen 13 Touren pro Woche zurück.<br />
City-Logistik ist für Zufall also eine Innovation, weil es sich ein<br />
neues Geschäftsmodell handelt?<br />
Steffen Obermann: Genau. Wenn wir People, Planet, Profit leben<br />
wollen, geht das nur mit neuen Geschäftsmodellen zusätzlich<br />
zu unseren aktuellen. Wir schauen Stückchen für Stückchen,<br />
ob das Geld, was wir da reinstecken, gut investiert ist oder<br />
nicht. Im Vergleich zu dem Beispiel mit dem automatischen<br />
Kleinteilelager ist es unsere Aufgabe, Geld risikobewusst auszugeben<br />
<strong>und</strong> ein Projekt unter Umständen schnell zu stoppen.<br />
Aber aktuell laufen beide Projekte, der digitale Zwilling <strong>und</strong> die<br />
City-Logistik gut.<br />
Wie wird sichergestellt, dass Zufall Treiber von Innovationen ist<br />
<strong>und</strong> nicht Getriebener ist?<br />
Steffen Obermann: Wir haben nicht den Anspruch, die Tollsten<br />
<strong>und</strong> in irgendwelchen Statistiken ganz vorne zu sein. Sondern<br />
wir haben den Anspruch, unser Leitbild, also das Streben zu<br />
achtsam nachhaltiger Logistik, nach vorne zu bringen. Das<br />
heißt, für uns ist es wichtig, genau in diesen Themen weit vorne<br />
zu sein. Und zwar für uns. Wir wollen keine Preise einheimsen<br />
oder in der Branche Spitzenreiter sein. Das ist für uns völlig<br />
okay. Vielmehr ist es unser Job, das Spiel zum Leitbild schneller<br />
zu machen. Wenn uns das gelingt, sind wir an der ein oder anderen<br />
Stelle automatisch diejenigen, die weit vorne sind. Weil es<br />
nicht so viele Logistiker gibt, die sich so explizit diesem Thema<br />
People, Planet, Profit verschrieben haben.<br />
Aus welchen Mosaiksteinen setzt sich das Leitbild zusammen?<br />
Steffen Obermann: Zufall ist ein familiengeführtes Unternehmen<br />
mit einer fast 100-jährigen Historie. Vor ziemlich genau<br />
zehn Jahren hat Peter das Ruder übernommen <strong>und</strong> vor ungefähr<br />
fünf Jahren ein neues Leitbild ins Leben gerufen. Er hat den<br />
Unternehmenszweck „mit aller Kraft, nach achtsam nachhaltiger<br />
Logistik streben“ geprägt. Inzwischen sind wir so weit, dass<br />
aus dem Satz konkrete Ziele <strong>und</strong> Leitplanken geworden sind, die<br />
uns den Weg weisen. Das ist für uns der Nordstern, nach dem<br />
wir alles ausrichten. Logischerweise ist es schwer, im Alltag ad<br />
hoc große Veränderungen anzustoßen. Aber dafür wurde das<br />
zufall.lab eingerichtet. Unser Job ist es, sich damit zu beschäftigen,<br />
wie das Unternehmen schneller Richtung Leitbild kommt.<br />
Ich finde, sich solch eine Einheit zu leisten, zeugt für mich von<br />
großer Visionärskraft.<br />
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