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Von Karl-Heinz Hildebrandt 45<br />
te lief demnach ohne Marineinfanterie<br />
aus. Aber was sollte sie jetzt bewirken?<br />
Den Feind abschnüren<br />
Offensichtlich lautete deren Auftrag jetzt:<br />
Blockade, das heißt den Feind von der<br />
Außenwelt abschnüren. Abgesehen vom<br />
psychologischen Effekt würde die Maßnahme<br />
sich für die deutsche Wirtschaft<br />
katastrophal auswirken. Da mit den Dänen<br />
eigentlich nicht mehr zu rechnen<br />
war, kam folgender Plan zur Ausführung:<br />
Die Nordsee-Flotte sollte um Skagen<br />
herum in die Ostsee fahren, um dann<br />
Flussmündungen und Häfen zu blockieren.<br />
Abstützen sollte sie sich auf einen<br />
dänischen Hafen und dabei wegen der<br />
Neutralität auf Reede liegen. Den Platz<br />
der Nordsee-Flotte würde das Mittelmeer-Geschwader<br />
einnehmen mit dem<br />
Auftrag, um Belgien und Niederlande<br />
herum Ems, Weser und Elbe dichtzumachen<br />
und auch den entstehenden Kriegshafen<br />
Wilhelmshaven zu bombardieren.<br />
Als Stützpunkt war an das damals englische<br />
Helgoland gedacht. Dieser Gedanke<br />
kam dem „perfiden Albion“ mehr als<br />
ungelegen. Auf preußischer Seite wurde<br />
eine Gegenwehr derart getroffen, dass<br />
die paar Schiffe, die es besaß, bei passender<br />
Gelegenheit der französischen<br />
Flotte einige Nadelstiche verabreichen<br />
sollte. Dies setzte allerdings voraus,<br />
dass die preußische Marine wenigstens<br />
die hohe See erreichen würde. Weil der<br />
Eider-Kanal viel zu klein war, um von<br />
Nordsee zur Ostsee rochieren zu können,<br />
konnte sich alles nur westlich von<br />
Schleswig-Holstein abspielen. Zu bemerken<br />
ist, alldieweil der Krieg als Überraschung<br />
kam, dass einige deutsche Schiffe,<br />
die sich gerade im Atlantik kreuzten,<br />
möglichst schnell und unauffällig „nach<br />
Hause” dampfen mussten, was ihnen übrigens<br />
auch gelang. Anders stand es mit<br />
denen, die zu dieser Zeit in Fernost und<br />
in der Karibik auf großer Fahrt waren.<br />
Für das Kriegsgeschehen war deren<br />
Schicksal irrelevant, für die Presse allerdings<br />
höchst interessant. Es muss<br />
hier gesagt werden, dass die Ereignisse<br />
in Frankreich - Sturz des Regimes, Ausrufung<br />
der Republik, Fortsetzung des<br />
Krieges mit allen Mitteln - den Handlungsspielraum<br />
der Flotte allmählich<br />
stark beschränkten. War schon das vorgesehene<br />
Landungskorps dem Heer zugeführt<br />
worden, sollten weitere Abgaben<br />
folgen, insbesondere zur Bemannung<br />
der Festungsartillerie. Dennoch war die<br />
französische Küstenblockade mehr als<br />
ein Ärgernis, es war einfach eine reale<br />
Bedrohung. lm Einzelnen spielte sich<br />
folgendes ab: Das französische Nordsee-<br />
Geschwader unter Admiral Graf Bouet-Willaumez<br />
verließ Cherbourg am 24.<br />
Juli, fuhr um Skagen herum und ankerte<br />
am 30. auf der Reede von Kopenhagen.<br />
Der Admiral erhielt dort die Weisung,<br />
die deutschen Ostseehäfen zu blockieren<br />
und setzte am 5. August die Fahrt<br />
fort. Dänische Lotsen führten ihn durch<br />
den Großen Belt. Am 6. August wurde die<br />
Flotte vor Kiel gesichtet. Sie nahm dann<br />
Kurs auf die Mecklenburgische Küste,<br />
um schließlich an Rügen vorbei wieder<br />
die offene See anzusteuern. Zwischen<br />
Arrö und Langeland ging sie vor Anker.<br />
Bouet-Willaumez erfuhr dort, dass er<br />
nicht mehr mit einer Transportflotte, die<br />
ihm das Landungskorps zuführen sollte,<br />
rechnen könne. Er sah jetzt ein, dass ein<br />
angriffsweises Vorgehen nicht mehr in<br />
Betracht käme. Allein die Blockade lag im<br />
Bereich des Möglichen. Daher teilte der<br />
Graf den Flottenverband in ein Geschwader<br />
unter seiner persönlichen Führung