2024-04_RegioBusiness
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April <strong>2024</strong>IJahrgang23INr.256<br />
Girls Day 21<br />
Holzbauer sucht Zimmerin<br />
Ende April findenwieder der Girls‘ und der Boys’Day statt. Auch in derRegionHeilbronn-Franken beteiligen sichviele Unternehmen an<br />
dem Aktionstagfür Schülerinnen und Schüler ab derfünften Klasse. VONANTONIO DE MITRI<br />
Für Antonia Stütz ist ein<br />
Traum in Erfüllung gegangen.<br />
Seit September 2022<br />
arbeitet sie bei Schlosser Holzbau<br />
in Jagstzell. Als Zimmerin.<br />
„Holzund Handwerk habenmich<br />
schon immer fasziniert. Gleichzeitig<br />
wollte ich einen Beruf, der<br />
sich immerfortentwickeln kann“,<br />
erzählt sie. Zimmerin kombiniert<br />
für sie genau das. „Man lernt einen<br />
klassischen Handwerksberuf,<br />
und trotzdem gibt es viele Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
und berufliche<br />
Spezialisierungen.“<br />
Nach wie vor viele<br />
Geschlechterklischees<br />
An ihren Job ist die 19-Jährige<br />
über den Girls‘ Day gekommen.<br />
Der Aktionstag findet einmal<br />
imJahr statt –immer am<br />
vierten Donnerstag im April. Ziel<br />
ist, Schülerinnen ab der fünften<br />
Klasse für Berufe oder Studienfächer<br />
zu interessieren, in denen<br />
der Frauenanteil unter 40<br />
Prozent liegt. Der Grund: Viele<br />
Mädchen und junge Frauen treffen<br />
ihre Berufswahl nach wie vor<br />
geschlechtsspezifisch, geprägt<br />
von gesellschaftlichen Klischees.<br />
Dies ist, neben anderen Faktoren,<br />
ein Grund für den eklatanten<br />
Fachkräftemangel in vielen Berufen,<br />
wie das Institut der deutschen<br />
Wirtschaft untersucht hat:<br />
„Auffällig ist, dass die Berufe mit<br />
dem größten Fachkräftemangel<br />
ein sehr ungleiches Geschlechterverhältnis<br />
unter den Beschäftigten<br />
haben“,heißtes.<br />
Unter den zehn Berufen mit den<br />
größtenLücken sind demnach alleine<br />
fünf dem sozialen und dem<br />
Gesundheitssektor zuzuordnen.<br />
Rund vier von fünf Beschäftigten<br />
in den Bereichen Sozialarbeit und<br />
Sozialpädagogik sind Frauen, bei<br />
der Kindererziehung liegt der Anteil<br />
nochhöher.<br />
Zahlreiche Schnuppertage<br />
in der Region<br />
„Die meisten<br />
Firmen mit gemischten<br />
Teams<br />
aus Frauen und<br />
Männern bestätigen,<br />
dass diese<br />
innovativerund<br />
erfolgreicher<br />
arbeiten.“<br />
Umgekehrt ist bei den übrigen<br />
Top 10 des Fachkräftemangels,<br />
den gewerblich-technischen Berufen,<br />
der Männeranteil überproportional<br />
hoch: Im Informatikbereich<br />
sind geradeeinmalein<br />
Fünftel der Beschäftigten Frauen,<br />
in der Kraftfahrzeugtechnik sind<br />
es nur noch 4,5 Prozent, und bei<br />
Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik<br />
verschwindende 0,4 Prozent.<br />
Kein Wunder also, dass es<br />
angesichts dieser Ungleichverteilung<br />
nicht nur einen Girls‘ Day,<br />
sondern auch einen Boys‘ Day<br />
gibt, ebenfalls am letzten Donnerstag<br />
im Monat. Der soll Schüler<br />
abder fünften Klasse für die<br />
traditionell weiblich dominierten<br />
Berufemotivieren.<br />
Den Girls‘ Day gibt es in Deutschland<br />
seit 2001, zehn Jahre später<br />
ist das Pendant für Jungen hinzugekommen.<br />
Die Resonanzbei den<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
ist ausgezeichnet. 96 Prozent<br />
derMädchen und 94 Prozent<br />
der Jungen bewerten die Aktion<br />
nach Angaben der beiden bundesweiten<br />
Koordinierungsstellen<br />
als gutodersehrgut.<br />
Kooperationspartner des Girls‘<br />
Day sind vor allem Unternehmen<br />
und Institutionen aus handwerklich-technischen<br />
Branchen, während<br />
am Boys‘ Day viele Betriebe<br />
den Interessenten in den Bereichen<br />
Gesundheit und Pflege, Soziale<br />
Arbeit oder auch Erziehung<br />
und Bildung ihren Schnuppertag<br />
anbieten. Firmen, die mitmachen<br />
wollen, können ihr Angebot auf<br />
der Website des Aktionstages online<br />
stellen.<br />
Auch für die Region Heilbronn-<br />
Franken finden sich in diesem<br />
Jahr wieder zahlreiche Tagespraktika:Sowirbtetwa<br />
das Landratsamt<br />
Schwäbisch Hall bei<br />
Schülern ab 13 Jahren mit einem<br />
Tag in der Landkreisverwaltung<br />
oder die Außenstelle der Breit-<br />
Eich-Grundschule in Gailenkirchen<br />
miteinem Taginder Grundschule,<br />
um in den Lehrerberuf<br />
hineinzuschnuppern. Die Firma<br />
Aluca in Rosengarten, Anbieter<br />
von Fahrzeugzubehör, sucht eine<br />
Monteurin, und dieVerpackungsexperten<br />
von R. Weiss in Crailsheim<br />
eine Mechatronikerin.<br />
Gemischte Teams arbeiten<br />
erfolgreicher<br />
„Die meisten Firmen mit gemischten<br />
Teams aus Frauen und Männern<br />
bestätigen, dass diese Teams<br />
innovativer und erfolgreicher arbeiten“,<br />
erklärt Elena Reinecker.<br />
Sie ist Beauftragte für Chancengleichheit<br />
am Arbeitsmarkt bei<br />
der Heilbronner Agentur für Arbeit<br />
und wirkt mitbeim Girls‘ Day<br />
Azubi: Antonia Stütz arbeitet seit September 2022 alsZimmerin bei<br />
Schlosser Holzbau in Jagstzell.<br />
Foto: Schlosser<br />
Heilbronn. Reinecker unterstützt<br />
Unternehmen in der Region, die<br />
sich mit eigenen Angeboten an<br />
demAktionstagbeteiligen wollen.<br />
Gerade junge Frauen sollten mutiger<br />
in klassische Männerberufe<br />
vordringen, meintsie:„Weil ihnen<br />
der Fachkräftemangel indie<br />
Hände spielt.“ Beruf oder Studium<br />
solle man immer nachseinem<br />
Talent wählen. Oft fehle denFrauen<br />
aber ganz einfach der Blick auf<br />
ihre Fähigkeiten oder das Wissen<br />
umdie Möglichkeiten in ihrem<br />
Berufsleben. Beispiel Autowerkstatt:<br />
„Viele meinen immer<br />
noch, das sei Schraubendreherei<br />
und damit Männersache. Dabei<br />
ist Kfz-Mechatroniker ein Beruf,<br />
in dem es um jede Menge Knowhow<br />
in Elektronik und Digitaltechnik<br />
geht.“<br />
SchlosserHolzbau macht seit drei<br />
Jahren gute Erfahrungen mit dem<br />
Girls‘ Day. „Wir stellen Frauen als<br />
Zimmerin ein, weil in diesem Bereich<br />
der größte Bedarf herrscht<br />
und uns die bunte Mischung aus<br />
Frauen und Männernwichtig ist“,<br />
erklärt Personalchefin Anna-Lena<br />
Hemminger.Zurzeit ist in dem Betrieb<br />
mit seinen insgesamt 75 Beschäftigten,<br />
davon 30 im Holzbau,<br />
knapp jede fünfte Stelle im<br />
handwerklichen Bereich mit einer<br />
Frau besetzt. Das Interesse<br />
von Schülerinnen, sich imRahmen<br />
des Girls‘ Dayinder Zimmerei<br />
umzuschauen, ist groß. Jedes<br />
Jahr melden sich 15bis 20 Mädchen<br />
an.<br />
VielfältigeKarrierechancen<br />
für Frauen<br />
Der Grund? „Wir sind mehr als<br />
nur eine Zimmerei“, erklärtHemminger.<br />
„Wir machen auch die<br />
gesamte Projektentwicklung am<br />
3-D-Modell im Haus. Man kann<br />
sich inalle Richtungen bei uns<br />
entwickeln.“ Außerdem, so die<br />
Personalchefin, sei Holzbau an<br />
sich sehr gefragt, „auch weil es<br />
sich umnachhaltige Materialien<br />
handelt.“<br />
Die Auszubildende Antonia kann<br />
das bestätigen: Am besten gefällt<br />
ihr die Abwechslung durch die<br />
unterschiedlichen Schwerpunkte.<br />
„Inder Berufsschule lerne ich<br />
die fachliche Theorie, im Ausbildungszentrum<br />
in Biberach praktische<br />
Grundlagen im Handwerk.“<br />
Im Betrieb werde dann beides an<br />
echten Projekten umgesetzt.<br />
www.girls-day.de<br />
www.boys-day.de<br />
Girls‘ Day <strong>2024</strong>– Wir zeigen neue Perspektiven