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24<br />
MARKETING<br />
Anne M. Schüller<br />
DER STOFF, AUS DEM EMPFEHLUNGEN SIND<br />
Mit einer erstklassigen Empfehlung kann man sich<br />
schmücken und sein Selbstwertgefühl steigern. Man<br />
kann sich als Kenner präsentieren, Menschen beeinflussen<br />
und damit in gewissem Sinn auch Macht<br />
ausüben. Oder man kann helfen und Gutes tun und so<br />
vertrauensvolle Beziehungen aufbauen und Freundschaften<br />
festigen.<br />
Die entscheidende Triebfeder eines Empfehlers ist<br />
in den wenigsten Fällen vordergründig materieller<br />
Profit, sondern vielmehr: jemand zu sein oder etwas<br />
beizutragen. Speziell bei der Mundpropaganda ist noch<br />
ein dritter Aspekt relevant: Zu den ersten zu gehören,<br />
die von einer Sache Wind bekommen haben, und/<br />
oder Mitglied eines ‚eingeweihten‘ Kreises zu sein. Ein<br />
Produkt, das sich durch künstliche Verknappung rar<br />
macht, nutzt diesen Aspekt in besonderem Maße.<br />
Man gebe also potenziellen Empfehlern etwas, was<br />
sie gut aussehen lässt, womit sie anderen nützen<br />
oder sich selbst profilieren können. Empfehlungen<br />
sind allerdings immer subjektiv und sehr persönlich.<br />
Sie sagen etwas über die eigenen Wertvorstellungen.<br />
Und sie polarisieren. Das, was man empfiehlt, mag<br />
man sehr, manchmal leidenschaftlich — und anderes<br />
gar nicht, zuweilen hasst man es.<br />
Damit wird klar: Empfehlungen sind eine höchst<br />
emotionale Angelegenheit. Und für Emotionen ist<br />
unser Gehirn zuständig. Schauen wir also mal kurz<br />
dort vorbei.<br />
Hirnforscher liefern uns immer mehr Einsichten darüber,<br />
was im Oberstübchen des Menschen vorgeht.<br />
Was genau gedacht wird, das sieht man leider nicht.<br />
Zumindest aber erkennen wir in welch unterschiedlichen<br />
Hirnarealen gedacht, verarbeitet und schließlich<br />
entschieden wird, und wie sich das alles verknüpft.<br />
Zunächst: Für Emotionen ist nicht eine einzelne Hirnregion<br />
zuständig, sondern quasi unser ganzes Hirn. Jeder<br />
Impuls, der über die Sinne auf unsere Hirnwindungen<br />
trifft, wird in blitzschnellen Schritten zunächst emotional<br />
bewertet. Dabei geht es erst einmal nur um zwei<br />
Entscheidungen: Vermeide Negatives, suche Positives!<br />
Das heißt: Unser Hirn liebt das Happy End. Zu diesem<br />
Zweck ist es mit einem Belohnungszentrum ausgestattet.<br />
Dieses bedankt sich für angenehme Erfahrungen<br />
indem es Glückshormone ausschüttet. Diese körpereigenen<br />
Opiate, den Drogen chemisch sehr ähnlich,<br />
geben uns ein wohliges Gefühl, machen glücklich,<br />
euphorisch, ekstatisch. Davon wollen wir mehr!<br />
Wer einen solchen ‚Kick’ erlebt hat, kauft nicht nur<br />
immer wieder, er teilt dieses Erlebnis auch gerne mit<br />
Gleichgesinnten. Er findet offene Ohren – und Nachahmer.<br />
Negatives hört unser Hirn übrigens aus zwei<br />
Gründen so gern: Erstens, weil eine schlechte Nachricht<br />
– wenn sie uns nicht selbst betrifft – diesen Nervenkitzel<br />
verursacht, den auch Schaulustige verspüren:<br />
Wir waren nahe dran, aber es ist uns nichts passiert,<br />
wir sind noch mal davongekommen. Und zweitens, weil<br />
es dabei etwas zu lernen gibt und eine prophylaktische<br />
Vermeidungsstrategie entwickelt werden kann, die<br />
dann beispielsweise heißt: Nicht kaufen! Eine hilfreiche<br />
Empfehlung für eine gute Sache auszusprechen, die<br />
beim anderen wohlwollend aufgenommen wird, macht<br />
beide Seiten froh. So kommt eine Empfehlungswelle in<br />
Gang, die Firmen und Marken auf der Beliebtheitsskala<br />
plötzlich ganz nach oben spült. In der Mode und bei<br />
trendigen Produkten ist dieses Phänomen besonders<br />
gut zu beobachten: Ein ‚Hype‘ entsteht und dies bekommt<br />
manchmal geradezu epidemische Ausmaße.<br />
Insofern ist der Begriff des viralen Marketing, auch<br />
wenn er zunächst eher negative Assoziationen auslöst,<br />
recht treffend gewählt.<br />
Wenn wir einmal genauer hinschauen, gibt es gleich<br />
zwei Gründe, weshalb unser Hirn Empfehlungen zu<br />
lieben scheint:<br />
1. UNSER HIRN MAG ES EINFACH.<br />
Es favorisiert anstrengungslose Informationsverarbeitung.<br />
In Zusammenhang mit Marken ist dieses<br />
Phänomen ausgetestet. Starke Marken machen<br />
unserem Hirn die Arbeit leicht, denn es (er)kennt die<br />
Marke, es versteht, wofür die Marke steht, und braucht<br />
sich daher nicht mühen, sie zu decodieren. Schwache<br />
Marken hingegen sind anstrengend, denn es erfordert<br />
zusätzliche Energie, sie zu entziffern. Und dabei können<br />
Fehler passieren. Unser Hirn ist aber ständig auf der<br />
Suche nach Risikominimierung. Positive Erfahrungen<br />
hingegen sucht es zu maximieren. Folge: Unser Hirn<br />
liebt Empfehlungen. Sie machen uns das Leben<br />
einfach, sie reduzieren Komplexität, verschaffen Sicherheit<br />
und geben uns damit ein gutes Gefühl. Gute<br />
Gefühle sind nun nichts anderes als die Ausschüttung<br />
von Glücksbotenstoffen – und diese wiederum machen<br />
uns süchtig. So werden beide Seiten, also der<br />
Empfehler wie auch der Empfehlungsnehmer, wenn<br />
die gemachte Erfahrung eine positive war, diesen<br />
Vorgang wiederholen. Den Empfehlungsgeber, der uns<br />
solchermaßen gute Gefühle verschafft hat, werden<br />
wir stärker ins Vertrauen ziehen. Und die empfohlene<br />
Leistung, mit der wir gute Erfahrungen gemacht haben,<br />
werden wir zunehmend frequentieren – und ebenfalls<br />
weiterempfehlen.<br />
Empfehlungen stimulieren unser Belohnungssystem.<br />
Dieses tritt immer dann in Aktion, wenn eine Sache<br />
von unserem Hirn für gut geheißen wird. Bei Sportwagen,<br />
das wurde im Hirnscanner getestet, ist das<br />
Belohnungssystem besonders aktiv, bei Kleinwagen<br />
hingegen fährt es auf Sparflamme.<br />
Auch altruistisches Verhalten und ‚Gutes tun‘ machen<br />
uns glücklich. ‚Helpers high‘ wird dieser Zustand<br />
genannt. So haben US-Wissenschaftler festgestellt,<br />
dass freiwilliges Spenden für einen guten Zweck die<br />
gleichen Hirnareale mobilisiert, die auch dann aktiv<br />
sind, wenn wir einen Zuwachs beim eigenen Vermögen<br />
erwarten. Selbst die Bestrafung unmoralischen<br />
Verhaltens mobilisiert unser Belohnungssystem.<br />
Soziales Engagement und gute Taten sind demnach<br />
starke Motivatoren und können eindeutig vor monetären<br />
Beweggründen stehen. Rein egoistische und<br />
auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Ziele sind<br />
jedoch bei Weitem nicht für jeden ein Thema. Durch<br />
Studien wurde übrigens bewiesen, dass wir sogar auf<br />
Geld verzichten, wenn uns eine Sache als ungerecht<br />
erscheint.<br />
So erfasst das Nürnberger Marktforschungsinstitut<br />
Puls, das ein sogenanntes ‚Moralbarometer‘ entwickelt<br />
hat, unter anderem die Bereitschaft der Verbraucher,<br />
für sozialverantwortliche Leistungen einen Aufpreis zu<br />
zahlen. Etwa drei Viertel aller Befragten geben an, dies<br />
zu tun. Der ‚Moralzuschlag‘ lag 2007 bei 12,4 Prozent.<br />
Somit gilt: Tue Gutes, rede kontinuierlich darüber und<br />
sei glaubwürdig dabei! Dann spricht man nicht nur gut<br />
über dich, sondern ist – wenn man kann – gerne auch<br />
bereit, sich das etwas kosten zu lassen.<br />
Übrigens: Es gibt aktive und passive Empfehler. Passive<br />
Empfehler warten, bis sie bei passender Gelegenheit<br />
gefragt werden. Aktive Empfehler ergreifen von sich<br />
aus die Initiative. Sie sind oft anspruchsvolle Verbraucher<br />
mit hoher Durchsetzungskraft. Sie reden gerne<br />
darüber, wofür sie ihr Geld ausgeben. Sie sind Vorreiter<br />
und kennen die neuesten Trends. Sie sind Experten auf<br />
ihrem Gebiet. Sie genießen einen guten Ruf, daher wird<br />
ihr Rat besonders geschätzt. Sie sprechen allerdings<br />
eine Empfehlung erst dann aus, wenn sie sich ihrer<br />
Sache absolut sicher sind. Denn mit jeder Empfehlung<br />
steht auch die eigene Reputation auf dem Spiel.<br />
Aktive positive Empfehlungen sind das Wertvollste, das<br />
ein Unternehmen von seinen Kunden bekommen kann.<br />
Das Marketing und die komplette Vertriebsmannschaft<br />
müssen lernen, gezielt ihre Kunden als positive Kommunikatoren<br />
so mit einzubinden, dass diese begeistert<br />
Empfehlungen aussprechen. Solchermaßen ‚infizierte‘<br />
Kunden werden gerade dann zu vehementen Verteidigern,<br />
wenn ein anderer Kunde einmal Bösartiges<br />
erzählt. „Da haben Sie sicher einen schlechten Tag<br />
erwischt“, heißt es dann. „Bei mir hat immer alles<br />
ganz prima geklappt. Ich kann Ihnen das Unternehmen<br />
wirklich wärmstens empfehlen.“<br />
EMPFEHLUNGSMARKETING – DIE STRATEGIE-<br />
ENTWICKLUNG<br />
Empfehlungsmarketing: Die Strategie-Entwicklung Erstellen<br />
Sie zunächst eine Liste, auf der steht, wohin Sie