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Bibliothek Kurt Hirschfeld - Peter Bichsel · Fine Books

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V O R W O R T<br />

nauso wenig sollte einer sich unterfangen, Orangen nach Israel einzuführen,<br />

vor allem nicht Orangen aus Haifa, ihrem Geburts- und Heimatort. //<br />

Die israelischen Behörden hatten denn auch gar keinen Humor für den<br />

Humor aus der Schweiz. //<br />

<strong>Hirschfeld</strong> musste sich hochnotpeinlichen Verhören unterziehen, man<br />

sprach gar von Sabotage der einheimischen Industrie und malte dem völlig<br />

Gebrochenen die Möglichkeiten eines totalen Zusammenbruchs der vaterländischen<br />

Orangenbelange aus, verursacht durch das Importieren von<br />

bereits exportierten stammverwandten Früchten. //<br />

Die ‘Schweizer’ Orangen waren inzwischen faulig geworden, so dass sie a)<br />

ungeniessbar waren und b) einen Infektionsherd ersten Ranges bildeten. //<br />

Der arme <strong>Hirschfeld</strong> hatte jedenfalls weder sub a), noch sub b) Freude an der<br />

Spende aus Zürich. //<br />

Er wurde vor unzählige Ämter zitiert. Zum Zollamt, zur Polizei, vor die<br />

Ein- und Ausführbehörde, vor die Handelskammer, zum Schweizer Konsulat,<br />

zum Amt für geistige Landesverteidigung und so weiter. //<br />

Prüfis und Messerlis Spass kostete ihn neben all den Aufregungen noch<br />

eine hübsche Menge Geld. Als da sind: die Straf-, Nachporto-, Einfuhr-, Behandlungs-,Vorlade-<br />

und Ausladegebühren. Und von den Taxispesen hätten<br />

Dutzende von unterentwickelten Völkern sich entwickeln können. //<br />

Heute, in der Rückblende der Erinnerung, mag <strong>Hirschfeld</strong> seinen Spass<br />

an dem Spass haben, wie denn jeder Ärger im Quadrat der Entfernung abnimmt.<br />

Dieses war der letzte Streich.»<br />

Im Vorwort zur erwähnten Sammlung «Abschied» zitiert <strong>Hirschfeld</strong> einen<br />

Brief des japanischen Holzschnittkünstlers Hokusai, um darin Unterschiede<br />

zwischen europäischer und asiatischer «Abschiedskultur» aufzuzeigen, in<br />

welch letzterer der Schreibende seine Individualität gleichsam mit sich nehme:<br />

«An der Ecke der Strasse zur Unterwelt werde ich mir eine Wohnung mieten,<br />

wo ich mich glücklich schätzen werde, Dich zu empfangen, wenn Du Gelegenheit<br />

findest, dort vorüberzukommen ...». <strong>Hirschfeld</strong>s hier angebotene Bücher<br />

bieten Gelegenheit, an einer Ecke der «Herbergen des Geistes» vorbeizukommen,<br />

wo uns kaum etwas besseres wiederfahren kann, als Büchern zu begegnen,<br />

die in der Lage sind, uns über ihren Inhalt hinaus Geschichten zu erzählen.<br />

Und in diesen Geschichten empfängt uns <strong>Kurt</strong> <strong>Hirschfeld</strong>. Martin Dreyfus<br />

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