magazin für das leben in lüneburg kostenlos juni - Quadrat
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FOTOS: ENNO FRIEDRICH<br />
Nah war der Untergang, doch durch De<strong>in</strong> gnä-<br />
dig Walten hast Du uns, Herr, erhalten, drum<br />
sei Dir Lob und Dank.“ Mit dem Datum des<br />
18. April 1945 ließ die damalige Äbtiss<strong>in</strong> des Klo-<br />
sters Lüne diese Inschrift <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Eichenbalken<br />
über der westlichen Tore<strong>in</strong>fahrt zum Klosterhof<br />
schneiden. Dank wollte sie ihrem Schöpfer damit<br />
sagen, <strong>das</strong>s er sie und <strong>das</strong> Kloster sowie se<strong>in</strong>e<br />
Menschen unbeschadet durch die Wirren des mör-<br />
derischen Krieges geführt hatte. Doch nicht nur<br />
diesen Krieg hatte <strong>das</strong> Kloster heil überstanden:<br />
Der Erste und vor allem der Dreißigjährige Krieg<br />
hatten dieses Kloster verschont, wie auch se<strong>in</strong>e<br />
Kunstschätze und den Bildersturm, als <strong>das</strong> Fürstentum<br />
Braunschweig-Lüneburg protestantisch<br />
wurde.<br />
Klöster bilden seit jeher e<strong>in</strong>en starken Kontrast zur<br />
Welt „da draußen“. Auch <strong>das</strong> Kloster Lüne übt diesen<br />
entrückenden Zauber aus, nicht nur auf se<strong>in</strong>e<br />
Bewohner, auch auf se<strong>in</strong>e Besucher. „Touristen<br />
sprechen zu mir davon oder schreiben, manche von<br />
ihnen sogar <strong>in</strong> Gedichtform“, sagt Äbtiss<strong>in</strong> Freifrau<br />
Re<strong>in</strong>hild von der Goltz. „Sie spüren die Weihe dieses<br />
Ortes.“ Verena Koch, Geschäftsführer<strong>in</strong> des Cafés<br />
im Kloster, sagt: „Wenn ich morgens herkomme und<br />
mit me<strong>in</strong>er Arbeit beg<strong>in</strong>ne, tauche ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere<br />
Welt e<strong>in</strong>. Die Welt da draußen ist dann weit,<br />
weit weg.“<br />
Weit weg – es s<strong>in</strong>d nur knappe 15 M<strong>in</strong>uten zu Fuß<br />
bis <strong>in</strong> Lüneburgs quirlige Innenstadt, und gerade<br />
mal e<strong>in</strong> paar Meter h<strong>in</strong>ter der Klostermauer rauscht<br />
der Verkehr auf der Bundesstraße 209 vorbei, ebenso<br />
die Haupt-Nord-Süd-Strecke der Deutschen<br />
Bahn. Mag es e<strong>in</strong>gebildet se<strong>in</strong> oder nicht: Der Verkehrslärm<br />
sche<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>e Geräuschwellen über <strong>das</strong><br />
Kloster h<strong>in</strong>wegzuschicken.<br />
Im Kloster Lüne wohnen ke<strong>in</strong>e Nonnen. Es wurde<br />
zwar von Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen 1172 gegründet, doch<br />
im Jahre 1562 brach hier die lutherische Zeit an.<br />
Seither wohnen protestantische Damen <strong>in</strong> den Gebäuden,<br />
die im Jahre 1711 von Herzog Georg-Ludwig<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> evangelisches Damenstift umgewandelt<br />
wurde. Seit Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhunderts gehört <strong>das</strong><br />
Kloster Lüne zur Klosterkammer Hannover, führt<br />
aber se<strong>in</strong>e Geschäfte selbst.<br />
Vielfältige Kunstschätze s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>ter se<strong>in</strong>en Mauern<br />
verborgen, weltberühmt s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Wandteppiche,<br />
die Gobel<strong>in</strong>s, die von Benedikt<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen wie protestantischen<br />
Stiftsdamen gewirkt und bestickt wurden.<br />
Hier sei nur der Auferstehungs- oder Ersche<strong>in</strong>ungsteppich<br />
erwähnt, der <strong>in</strong> den Jahren 1503 bis<br />
1507 entstand. Noch heute werden Teppiche im<br />
Kloster gewebt.<br />
Jahrhunderte alte Truhen und Schränke, Kreuzgänge<br />
und Altarbilder gehören zum Schatz des<br />
Klosters. Wer e<strong>in</strong>mal die Gänge, Kapellen und Hallen<br />
durchwandert hat und die Kunstschätze bestaunte,<br />
der versteht umso besser den Text, den<br />
die dankbare Äbtiss<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Torbalken hat schneiden<br />
lassen.<br />
Es ist nicht leicht, unter all den e<strong>in</strong>maligen Kunstgegenständen<br />
e<strong>in</strong>ige besondere hervorzuheben, es<br />
sei dennoch versucht: Da ist der Hochaltar von<br />
1524 von geradezu überirdischer Schönheit: oder<br />
die „Bewe<strong>in</strong>ung Christi“ von Lucas Cranach dem<br />
Älteren auf dem Altar des Nonnenchores, <strong>das</strong> auf<br />
1538 datiert ist. Dieses Bild alle<strong>in</strong> würde e<strong>in</strong>e weite<br />
Reise nach Lüneburg lohnen. Soviel zum Augenschmaus<br />
− und nun zum Ohrenschmaus: Die Lüner<br />
Klosterkirche besitzt mit se<strong>in</strong>er Barockorgel aus<br />
IM KLOSTER WOHNEN KEINE NONNEN. ES WURDE 1711 IN EIN EVANGELISCHES<br />
DAMENSTIFT UMGEWANDELT.<br />
dem Jahre 1651 e<strong>in</strong>en Zeugen des Könnens norddeutscher<br />
Orgelbauer. Das Instrument wurde vermutlich<br />
von Jonas Weigel geschaffen, e<strong>in</strong>em Schüler<br />
des Hamburger Orgelbauers Gottfried Fritzsche.<br />
Bei aller Freude an Kultur und Geschichte sollten<br />
Besucher nicht vergessen, <strong>das</strong> Café im Kloster zu<br />
besuchen. Unter der mittelalterlich bemalten Balkendecke,<br />
an der die fünf S<strong>in</strong>ne symbolhaft abgebildet<br />
s<strong>in</strong>d, lässt es sich wahrhaft mit allen fünf<br />
S<strong>in</strong>nen genießen. Da gibt es die leckersten Torten<br />
und Kuchen, dazu wunderbare Gerichte zu Mittag,<br />
gewürzt mit frisch geernteten Kräutern aus dem<br />
Klostergarten – womit wir bei e<strong>in</strong>er der wichtigsten<br />
Personen des Klosters wären, bei He<strong>in</strong>rich Matheis:<br />
Vor 37 Jahren hat es den gebürtigen Bottroper >