magazin für das leben in lüneburg kostenlos juni - Quadrat
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38 quadrat 06 / 2010 � <strong>lüneburg</strong>er <strong>in</strong>stitutionen<br />
… Eltern se<strong>in</strong> dagegen sehr?<br />
DIE ERZIEHUNGSBERATUNGSSTELLE LÜNEBURG HILFT ELTERN UND KINDERN BEI PROBLEMEN<br />
Oft regiert die Hilfl osigkeit, wenn es zu familiären<br />
Problemen kommt, <strong>in</strong> deren Zentrum<br />
der eigene Nachwuchs steht. Ob Patchwork,<br />
klassische Familie oder alle<strong>in</strong> erziehend:<br />
wenn es um die K<strong>in</strong>der geht, ist kluges Handeln<br />
angesagt. Aber wer kann helfen? Gut geme<strong>in</strong>te<br />
Tipps von Freunden und Nachbarn verkomplizieren<br />
die Lage oft mehr als <strong>das</strong>s sie<br />
sie entspannen; die Buchläden stehen voll<br />
mit Erziehungsratgebern, doch liefern sie nur<br />
graue Theorie, wenn’s wieder e<strong>in</strong>mal kracht.<br />
Auf der Suche nach versiertem Rat stößt<br />
man auf die Erziehungsberatungsstelle des<br />
Landkreises. E<strong>in</strong> Team von fünf Beratern<br />
und e<strong>in</strong>er Sekretär<strong>in</strong> bietet hier nach telefonischer<br />
Anmeldung bei erfreulich kurzen<br />
Wartezeiten Hilfestellung <strong>in</strong> allen Erzie- Erziehungsberatung: Dietmar Gerken & Birgit Dimke.<br />
hungsfragen und Familienangelegenheiten<br />
an, wobei Vertraulichkeit gewährleistet wird und Dabei kann es um die oft schmerzvollen, langwie-<br />
der kostenfreie Beratungsprozess auf ke<strong>in</strong> berigen Trennungsprozesse der Eltern gehen, um<br />
stimmtes Stundenkont<strong>in</strong>gent limitiert ist. Manche Über- oder Unterforderung, um zu wenig Aufmerk-<br />
Eltern bedürfen nur e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Beratung, samkeit oder Überbehütung. Ob <strong>das</strong> K<strong>in</strong>d dann<br />
während andere Familien über e<strong>in</strong>en längeren mit Rückzug oder extrovertierter Verhaltensauffäl-<br />
Zeitraum begleitet werden.<br />
ligkeit reagiert, ist e<strong>in</strong>e Frage von Sozialisation<br />
„Eigentlich könnte man uns auch BE-ziehungsberatung<br />
nennen“, sagt Dietmar Gerken, Psychologe<br />
und seit 1985 Leiter der Erziehungsberatungsstelle.<br />
„Wir arbeiten systemisch, betrachten <strong>das</strong> K<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>es familiären Kontextes, um so Ursachen<br />
und Lösungsmöglichkeiten von Problemen<br />
geme<strong>in</strong>sam mit den Eltern fi nden zu können, denn<br />
oft haben diese ihre Wurzeln im häuslichen Be-<br />
reich“, „und wir gehen davon aus, <strong>das</strong>s K<strong>in</strong>der mit<br />
allen notwendigen sozialen Kompetenzen ausge-<br />
stattet s<strong>in</strong>d“, ergänzt die Sozialpädagog<strong>in</strong> und Me-<br />
diator<strong>in</strong> Birigt Dimke. „K<strong>in</strong>der legen e<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>ger<br />
dann <strong>in</strong> die Wunde, streben auf e<strong>in</strong>en Konfl ikt zu,<br />
wenn es nötig ist, denn meist neigen K<strong>in</strong>der zu<br />
Kooperation. Aufmerksam wird man auf etwaige<br />
Missstände also erst, wenn es zum Konfl ikt kommt<br />
− der kann sich zwar <strong>in</strong> der Schule äußern, aber<br />
auf <strong>das</strong> Zuhause h<strong>in</strong>weisen.“<br />
„EIGENTLICH KÖNNTE MAN UNS AUCH BE-ZIEHUNGSBERATUNG NENNEN“<br />
und Temperament. Wichtig ist <strong>in</strong> jedem Fall die<br />
Bereitschaft der Eltern zur Refl exion und Relativierung<br />
des eigenen Verhaltens.<br />
Und dann ist da natürlich <strong>das</strong> große Mysterium der<br />
Pubertät. Man sucht verzweifelt <strong>das</strong> Gespräch,<br />
doch alle guten Worte erreichen den <strong>in</strong>zwischen<br />
hoch gewachsenen Spross nicht mehr; unnahbar<br />
und fern sche<strong>in</strong>en er und se<strong>in</strong>e Welt, die geme<strong>in</strong>same<br />
Vergangenheit, die K<strong>in</strong>dheit − alles vergessen.<br />
Was ist nur los?<br />
Entsprechende Ausführungen durfte sich wohl e<strong>in</strong><br />
jeder von uns <strong>in</strong> der Adoleszenz anhören; unruhig<br />
rutschte man auf dem plötzlich viel zu kle<strong>in</strong>en<br />
Stuhl, von dem man seit K<strong>in</strong>desbe<strong>in</strong>en an ebenjene<br />
sorglos baumeln ließ, demonstrative Blicke auf<br />
die Uhr, die Freunde warten unten bestimmt<br />
schon, man geht mit dem Schwur, es später bei<br />
den eigenen K<strong>in</strong>dern alles anders zu machen.<br />
Schlaft gut, Eltern!<br />
Soll heißen: „Macht euch ke<strong>in</strong>e Sorgen.“<br />
Aber <strong>das</strong> ist nicht immer ganz so e<strong>in</strong>fach <strong>für</strong><br />
die plötzlich abgemeldeten Ernährer, die die<br />
Autonomieentwicklungen der Nachkommenschaft<br />
als kränkend empfi nden. Birgit<br />
Dimke erläutert: „Der emotionale Ablöse-<br />
prozess vom Elternhaus ist <strong>für</strong> beide Seiten<br />
nicht e<strong>in</strong>fach. Eltern sollten sich immer die<br />
Frage stellen: „Wieviel Vater/Mutter<br />
brauchst Du noch?“, sollten die Entscheidungen<br />
des Jugendlichen respektieren und<br />
viel Empathie aufbr<strong>in</strong>gen. Druck erzeugt nur Gegendruck<br />
und Verweigerung. Die Liebe geht nicht<br />
verloren, sie verändert sich nur − und äußert sich<br />
seitens der Eltern bestenfalls <strong>in</strong> liebevollem, unterstützendem<br />
Handeln. So ist sich auch der Jugendliche<br />
dieser Zuneigung bewusst und kommt<br />
früher oder später darauf zurück, weil er <strong>in</strong> der Familie<br />
Respekt und Wohlwollen gelernt hat und entsprechend<br />
<strong>leben</strong> kann.“<br />
Dietmar Gerken ergänzt: „Natürlich kommt e<strong>in</strong>em<br />
die heutige Jugend befremdlicher vor als die eigene,<br />
zumal sie deutlich selbstbewusster geworden ist,<br />
<strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e gute Entwicklung, von der besonders<br />
die Mädchen profi tiert haben; und ist es nicht<br />
so, <strong>das</strong>s heutige Eltern über <strong>das</strong> klagen, worüber<br />
sich bereits ihre Eltern beschwert haben?“ (ap)<br />
Erziehungsberatungsstelle / Landkreis Lüneburg<br />
Große Bäckerstr 23<br />
21335 Lüneburg<br />
Tel.: (04131) 22 44 96 0<br />
FOTO: LAURA REDELEIT