magazin für das leben in lüneburg kostenlos juni - Quadrat
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58 quadrat 06 / 2010 � hoffmanns erzählungen<br />
alerte Mehrfach-Millionär Eddy Barclay, erfolg-<br />
reichster Plattenboss <strong>in</strong> Frankreich, viermal von<br />
se<strong>in</strong>en jeweiligen K<strong>in</strong>dfrauen geschieden, hatte<br />
zur Premiere der brandneuen „Roll<strong>in</strong>g Stones Re-<br />
cord Companie“ die europäische Showbus<strong>in</strong>ess-<br />
Elite e<strong>in</strong>fl iegen lassen. Ich begleitete den deut-<br />
schen Plattenboss Siggi Loch, dieser war durch<br />
die Medien-Betreuung von drei „Stones“-Deutsch-<br />
land-Tourneen auch <strong>für</strong> Mick & Co ke<strong>in</strong> Unbe-<br />
kannter. Party-Löwe Barclay schmückte sich auf<br />
der „Stones“-Fete mit „me<strong>in</strong>er exotischen Blume<br />
Bianca“, wie er die bildhübsche Frau mit den langen<br />
blauschwarzen Haaren, den tiefdunklen Augen<br />
und den hoch stehenden Wangenknochen vorstellte.<br />
Aus den Augenw<strong>in</strong>keln konnte ich sehen,<br />
wie sich Mick Jagger an die Barclay-Freund<strong>in</strong> heranpirschte,<br />
mit e<strong>in</strong>em frischen Champagnerglas<br />
e<strong>in</strong>e leicht-lockere Plauderei begann und ihr am<br />
üppigen Büffet kle<strong>in</strong>e Leckereien auf den Teller<br />
jonglierte, während der ältliche Barclay mit britischen<br />
und italienischen Geschäftspartnern parlierte.<br />
In der unterkühlten Koketterie der halb<strong>in</strong>dianischen<br />
Schönheit war unverkennbar, <strong>das</strong>s der<br />
junge Mick bestens <strong>in</strong> ihr Beuteschema passte,<br />
egal, ob ihr die richtige Rocklänge wichtiger war<br />
als die Rockmusik der „Roll<strong>in</strong>g Stones“. Als e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>er Tumult entstand, weil l<br />
Keith Richard mit se<strong>in</strong>er r<br />
Freund<strong>in</strong> Anita Pallenberg g<br />
quer vor den Toiletten-Türen n<br />
lag, dem Rausch des weißen<br />
Pulvers ergeben, entführte<br />
Mick unbemerkt se<strong>in</strong>e neue<br />
Eroberung.<br />
„Shock<strong>in</strong>g, die Vandalen<br />
kommen“, ereiferte sich e<strong>in</strong>e<br />
überreife Brit<strong>in</strong>, als die Londoner<br />
Hochzeitsgesellschaft<br />
im Mai ’71 <strong>in</strong> <strong>das</strong> Luxushotel<br />
„Byblos“ <strong>in</strong> St. Tropez<br />
e<strong>in</strong>fi el. 130 Ausgefl ippte <strong>in</strong><br />
kunterbunten Klamotten, von<br />
Mick <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sonderfl ug<br />
an die Cotê d’Azur gekarrt,<br />
besetzten <strong>das</strong> vornehme Fo-<br />
yer. Die Beatles-Boys R<strong>in</strong>go<br />
Starr und Paul McCartney<br />
fühlten sich wie beim Karneval<br />
<strong>in</strong> Rio. Der zweijäh-<br />
rige Marlon, Sohn von Richard und der Pallenberg,<br />
machte die Be<strong>in</strong>chen breit, g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong> die<br />
Knie und pieselte auf den kostbaren Teppich. In<br />
wenigen M<strong>in</strong>uten glich die Empfangshalle e<strong>in</strong>em<br />
Zigeunerlager, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> schüchternes Paar im<br />
Sonntagsstaat mit Hilfe e<strong>in</strong>es Pagen versuchte,<br />
e<strong>in</strong> Päckchen mit schöner roter Schleife an die<br />
Braut zu br<strong>in</strong>gen. Micks Eltern, der Sportlehrer<br />
Basil Joe Jagger und se<strong>in</strong>e Frau, die Australier<strong>in</strong><br />
Eva-Marie, konnten ihr Päckchen nicht loswerden,<br />
h<strong>in</strong>terließen es verzweifelt beim Hotelportier.<br />
Die Hochzeitsfete startete am frühen Abend im<br />
„Café des Arts“, dem Billardplatz von Brigitte Bardot,<br />
mitten <strong>in</strong> der Schicki-Micki-Metropole. Die<br />
übermütige Hundertschaft fi el wie die Hunnen<br />
über <strong>das</strong> überladene Fe<strong>in</strong>kost-Buffet her, schob<br />
lautstark die fe<strong>in</strong>en Kellner mit ihren Vorlage-<br />
bestecken zur Seite, langte mit den F<strong>in</strong>gern <strong>in</strong> Ka-<br />
viarschalen und Gänseleberpastete, ließ die Pom-<br />
mery-Flaschen kreisen. Nach kurzer Zeit hatte<br />
sich <strong>das</strong> weiträumige „Café“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neuzeitliche<br />
römische Orgie verwandelt, mit sich verlustie-<br />
renden Paaren auf dem Parkett, mit unzähligen<br />
blanken Busen, heruntergelassenen Hosen und ei-<br />
ner pummeligen Blond<strong>in</strong>e – nur mit e<strong>in</strong>em grünen<br />
M<strong>in</strong>i-Slip bekleidet. Laute Rockmusik dröhnte<br />
über die dicht wabernde Haschischwolke, Keith<br />
Richard taumelte mit se<strong>in</strong>er Anita Pallenberg voll-<br />
trunken <strong>in</strong> <strong>das</strong> opulente Dessert-Buffet und riss<br />
mit sich die fe<strong>in</strong>sten Leckereien zu Boden, schlief<br />
zwischen weißer Mousse, Obstsalat und Eiscreme<br />
bekleckert auf der halbnackten Pallenberg e<strong>in</strong>.<br />
< Hansi Hoffmann und Mick Jagger – dem <strong>das</strong> Bier<br />
offensichtlich gut schmeckt …<br />
FOTOS: PRIVAT