Antifa Hohenschönhausen - NEA
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Einer von ihnen war Artur Becker, der aus Remscheid<br />
am südlichen Rande des Ruhrpotts stammte. Der<br />
junge Kommunist war Ende der 1920er Jahre in die<br />
kommunistische Führung gelangt und war von Oktober<br />
1930 bis März 1933 der jüngste Reichstagsabgeordnete<br />
und in den Jahren 1931/32 Vorsitzender des<br />
KJVD. Von 1929 bis 1933 lebte er in der von vielen<br />
kommunistischen und sozialdemokratischen Familien<br />
bewohnten Arbeitersiedlung „Klein-Moskau“ in der<br />
Dingelstädter Straße 48a im südlichen <strong>Hohenschönhausen</strong><br />
an der Landsberger Allee. 1933 emigrierte er<br />
in die Sowjetunion und ging 1937 nach Spanien, wo<br />
er 1938 als Politkommissar des Thälmann-Bataillons<br />
fiel. Mit Walter Runge aus der Berliner Allee 175,<br />
dem RFB-Leiter von Weißensee vor 1933, ließ ein<br />
weiterer Weißenseer Kommunist im Februar 1937 bei<br />
den Kämpfen vor Madrid sein Leben.<br />
Im Verlauf des Jahres 1933 bildeten sich im Berliner<br />
Nordosten Widerstandsgruppen, die den organisierten<br />
Kampf gegen den Faschismus unter dauerhaft<br />
illegalen Bedingungen aufnahmen. Anfang des Jahres<br />
zählte die KPD in Weißensee 8 Betriebs- und 21<br />
Straßenzellen mit ca. 600-800 Mitgliedern. Die KPD<br />
hatte es schon vor 1933 nicht verstanden, ihre Anhänger<br />
dauerhaft an die Partei und damit an ihre Politik<br />
zu binden. Sie erlebte erhebliche Mitgliederfluktuationen,<br />
Ein- und Austritte. Die Partei versuchte mit der<br />
Umstellung ihrer Organisation auf Fünfer-Gruppen,<br />
dem konspirativen Verteilen von antifaschistischen<br />
Zeitungen und Literatur, mit Geldsammlungen für<br />
Inhaftierte, und Kassierung von Mitgliedsbeiträgen<br />
ihren Kern der aktiven Mitglieder und Sympathisanten<br />
zusammenzuhalten. Das waren Gruppenstrukturen<br />
von bis zu 100 Menschen, die über die KPD-<br />
Stadtteilleitungen Propagandamaterial erhielten und<br />
bei Sammlungen anfangs noch namentlich in Listen<br />
erfasst wurden. Dieser organisierte Widerstand zielte<br />
auf das Erhalten ganzer antifaschistischer Milieus und<br />
trug halboffenen Charakter, womit der Verfolgung<br />
durch SA und Gestapo Ansatzmöglichkeiten geboten<br />
wurden. Bis in die Jahre 1935-1936 existierten diese<br />
großen organisatorisch vernetzten Gruppen des kommunistischen<br />
Widerstandes in ganz Berlin, ehe sie<br />
durch Spitzel, Verhaftungen und Zerreißen der Verbindungen<br />
zerstört wurden. In Weißensee bestand der<br />
Unterbezirk-Nordost der KPD (UB). Der UB-Nordost<br />
war in sechs Stadtteile mit seinen jeweiligen Leitern<br />
gegliedert. Der gesamte UB wurde 1933/34 von<br />
Gustav Tscharniel aus der Suermondtstraße 41, dann<br />
Bernhard Müller als Polleiter (Politischer Leiter) und<br />
nacheinander von Walter Weber, Werner Rossmann,<br />
Gustav Warmbrunn und Paul Zibell als Orgleiter<br />
(Organisationsleiter) geführt und hatte über Kuriere<br />
Verbindungen zur Berliner Bezirksleitung. Eine Verhaftungswelle<br />
1935-36 erfasste etwa 50 Weißenseer<br />
Kommunisten, unter ihnen die leitenden Genossen des<br />
UB. In zwei Prozessen wurden 21 Genossen im April<br />
1937 zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, viele<br />
verstarben in der Haft oder kamen anschließend im<br />
KZ ums Leben. Der UB Nordost gab anfänglich „Die<br />
Rote Fahne“ und dann bis Mitte 1935 die Zeitung<br />
„Der <strong>Antifa</strong>schist“ in einer monatlichen Auflage von<br />
500 Exemplaren heraus. Der Gestapo gelang es, die<br />
unnötig zentralistisch aufgebaute Widerstandsstruktur<br />
in Weißensee bis 1936 zu zerschlagen.<br />
Der <strong>Antifa</strong>schist Mai 1935 Nr. 2<br />
Eine Organisation, in der die KPD noch einige Zeit<br />
halblegal wirken konnte, war der Arbeitersportverein<br />
Weißensee. Er vereinigte vor allem jüngere Arbeitersportler.<br />
Ihm gehörte auch Karl Teschner jn. aus Malchow,<br />
Dorfstraße 47, der Sohn des kommunistischen<br />
Gutsarbeiters Karl Teschner, und weitere Gutsarbeiter<br />
der Rieselfelder an. Der Arbeitersportverein war so<br />
stark von Kommunisten dominiert, dass er 1934 von<br />
den Nazis verboten wurde. In den Betrieben sah es<br />
dagegen schlecht aus. Hier bildeten sich nur vereinzelt<br />
kleine kommunistische Gruppen.<br />
Neben der UB-Nordost-Organisation der Partei bestand<br />
in Weißensee ein illegaler Untergrundapparat<br />
der Roten Hilfe, die vor allem traditionelle Sammlungen<br />
für Inhaftierte und den Literaturvertrieb durchführte<br />
und von mehreren hundert kommunistischen<br />
Sympathisanten unterstützt wurde. Auch sie wurde<br />
um 1935/36 von der Gestapo weitgehend zerschlagen.<br />
Führend in der Roten Hilfe Weißensee war die<br />
alte Genossin Anna Gerichow.<br />
Gleich zu Anfang der Nazizeit kam es zu einer außergewöhnlichen<br />
Protestaktion in der Weißenseer 8.<br />
weltlichen Schule in der Amalienstraße 8 Ecke Parkstraße<br />
81/82. Sie war 1922 als konfessionslose Schule<br />
auf Initiative des Arbeiter-Eltern-Bundes Berlin-Weißensee<br />
entstanden und lange Zeit ein Hort des Humanismus<br />
und <strong>Antifa</strong>schismus, wie sich deren ehemalige<br />
Schüler, der Schriftsteller Wolfdietrich Schnurre, der