Antifa Hohenschönhausen - NEA
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Befreiung<br />
Die Befreiung Nordostberlin vom Nationalsozialismus<br />
„Nun ist das neue Jahr erschienen. Ein Jahr des Friedens? Wer kann das sagen? Ach, wenn man es doch fühlen<br />
könnte: Aber zu oft sind die Hoffnungen schon zunichte gemacht worden, als daß sie noch eine starke Macht<br />
hätten, wie am Anfang des Krieges. Es ist manchmal schwer, an die gute Sache noch zu glauben, die einmal<br />
kommen soll und nicht zu verzweifeln an der menschlichen Dummheit, die man täglich vor Augen hat. Doch,<br />
wozu leben wir denn sonst? Denn was jetzt geschieht, ist ja kein Leben. Immer und überall spürt man die<br />
grausame Knute des Krieges. Ach, wie herrlich ist es, daß ich so glücklich lieben darf. Hier bin ich frei und<br />
wahrhaft froh. Noch haben wir unsere Liebe für uns und der Krieg hat noch nicht hineingegriffen. Nein, unsere<br />
Herzen darf er nicht gewinnen! Die gehören uns nur allein.<br />
Manchmal habe ich ein bitteres Gefühl dabei, wenn ich an unsere Zukunft denke. Wird alles so bleiben, so<br />
schön und rein, oder wird auch uns die grausame Kriegsmaschine noch in ihre Krallen nehmen?“ 1<br />
Diese Zeilen schrieb Kurt Waffner am 1. Januar 1945 nieder. Seit Beginn des Jahres führte er Tagebuch.<br />
Oft sinnierte er darüber, wie es weiter ginge und ob er und seine damalige Liebe Bärbel Marcuse<br />
nicht doch irgendwann ein Leben in Freiheit führen könnten. Waffner, seit frühster Jugend in anarchistischen<br />
Gruppen engagiert, verfolgte wie viele andere Weißenseer <strong>Antifa</strong>schist_innen zu dieser Zeit die sogenannten<br />
„Feindsender“. Oft ließen die Meldungen ein baldiges Ende der Nazi-Herrschaft erhoffen – und<br />
doch sollte die endgültige militärische Zerschlagung des deutschen Faschismus erst im Mai 1945 erfolgen.<br />
Sie waren noch jung als der von Deutschland entfachte Krieg mit all seiner Wucht in das Land zurückkehrte,<br />
in dem er seinen Ursprung gefunden hatte. Deutsche Städte fielen in Schutt und Asche. Flüchtlingstrecks<br />
zogen von Pommern, Schlesien und Ostpreußen nach Westen. Fliegeralarm und Bombennächte<br />
bestimmten in dieser Zeit den Alltagsrhythmus. Artillerie und Panzer kündigten das Nahen der Sieger an.<br />
Erster geographischer Berührungspunkt mit der Roten Armee<br />
Der Verwaltungsbezirk Weißensee, zu dem damals die Stadtdörfer Wartenberg, Malchow und <strong>Hohenschönhausen</strong><br />
gehörten, war auf Grund seiner geographischen Lage unmittelbar in die Kampfhandlungen mit den im<br />
April 1945 anrückenden russischen Truppen verwickelt. Der Bezirk gehörte zum äußeren Verteidigungsring,<br />
der sich bis Alt-Landsberg hinzog und sollte im Kampf um die, zur Festung erklärten, „Reichshauptstadt“<br />
unbedingt gehalten werden. Weißensee wurde mit Panzersperren und Schützengräben versehen, an den noch<br />
heilen Wänden prangten Durchhalteparolen wie „Berlin bleibt deutsch!“. Bis zu letzt mussten Zwangsarbeiter_innen<br />
bei andauernden Bodenkämpfen und Fliegerangriffen Panzersperren und Hindernisse errichten.<br />
Das die „Reichshauptstadt“, die für die Sowjets gewissermaßen als das „Herzen der Bestie“ der nationalsozialistischen<br />
Tyrannei galt, verwundbar war, zeigten die Luftangriffe am 20. Januar 1944. In einer Schadensmeldung<br />
dazu hieß es, dass drei Häuser total, vier schwer, sechs mittelschwer und 80 leicht beschädigt wurden. Bei<br />
den Aufräumarbeiten konnten anhand der geborgenen Knochenreste und Bekleidungsgegenstände die letzten<br />
Toten identifiziert werden. Die Luftangriffe waren gewissermaßen Vorboten, der sich anbahnenden Niederlage<br />
„Großdeutschlands“. Beim Bombenangriff am 18. März 1945 wurden mehrere <strong>Hohenschönhausen</strong>er<br />
Betriebe in der Berliner Straße (heute Konrad-Wolf-Straße) und den umliegenden Straßen schwer beschädigt.<br />
Darunter Teile des ASID-Seruminstituts, die Maschinenfabriken Heike, Groß & Graf und Max Uhlendorff,<br />
das Tobias-Filmlager und die Seifenfabrik Dr. med. Singer & Co.