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Antifa Hohenschönhausen - NEA

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Röhr Verbindungsleute. Im März 1943 wurden Verstecke<br />

für 15 Juden organisiert, z.B. für Gerhard Danelius,<br />

der nach dem Krieg der Vorsitzende der SED<br />

in Westberlin (SEW) war. Im September 1943 wurde<br />

die Bogdan-Gruppe durch den Verrat des Stuttgarters<br />

Emil Krath, dem nach vier Jahren Zuchthaus eine<br />

KZ-Einlieferung drohte, von der Gestapo aufgerollt<br />

und größtenteils verhaftet.<br />

Originell und öffentlichkeitswirksam war eine Aktion<br />

<strong>Hohenschönhausen</strong>er Kommunisten, die im Jahr<br />

1937 um Margarete und Wilhelm Hischer, Erich<br />

Wichmann, Erich Neumann, Häsner und Ernst Koch<br />

in der damaligen Treskowstraße 68 (seit 1951 Manetstraße<br />

70) Agitations-Groschenstücke herstellten.<br />

Diese wurden aus Aluminiumblech gestanzt und trugen<br />

auf der Vorderseite einen fünfzackigen Stern mit<br />

Hammer und Sichel, das Symbol der KPD, mit der<br />

umlaufenden Schrift: „Kommunismus – Frieden –<br />

Fortschritt – Brot“ und auf der Rückseite ein Hakenkreuz<br />

mit den Worten: „Lüge – Elend – Krieg – Tod“.<br />

Die hergestellten 600 Stück wurden unter Sympathisanten<br />

verkauft und der Erlös für den Freiheitskampf<br />

des spanischen Volkes gespendet, andere Groschen<br />

sind vor Lichtenberger Betrieben bei Schichtschluss<br />

verstreut worden. Die Aktion konnte von der Gestapo<br />

nicht aufgeklärt werden.<br />

Als nahezu offener <strong>Antifa</strong>schist war seit den ersten Tagen<br />

der Nazi-Diktatur der evangelische Pfarrer Ernst<br />

Berendt junior bekannt. Er war Direktor der sozialen<br />

Bethabara-Stiftung mit einem Säuglingsheim, einem<br />

Fürsorge-Erziehungshaus für Mädchen, einem Krankenhaus<br />

für Geschlechtskranke und einem Heim für<br />

psychisch Kranke in der Albertinenstraße 20-23 und<br />

in der Parkstraße 17/18. Er wohnte im Pfarrhaus in der<br />

Parkstraße 19/20. Bethabara hieß Haus der Hoffnung.<br />

Pfarrer Berendt verweigerte den Hitlergruß, schützte<br />

jüdische Menschen und predigte politisch gegen den<br />

Nazistaat. Nach Hausdurchsuchungen, mehrmaligen<br />

Verhaftungen und Schikanen sowie der Einquartierung<br />

von Naziflüchtlingen aus der Tschechoslowakei<br />

im Jahr 1937 in seinen Heimen ging er 1938 nach Baden-Baden,<br />

wo er in überfüllten Gotteshäusern weiterhin<br />

humanistische Predigten abhielt, bis er 1941<br />

verhaftet und ein Jahr später im Pfarrer-Block des KZ<br />

Dachau ermordet wurde.<br />

<strong>Antifa</strong>schistische Positionen und Aktivitäten hatten<br />

es unter den 45.000 Weißenseer und 18.000 <strong>Hohenschönhausen</strong>er<br />

Christen sehr schwer, hatten hier doch<br />

in der NS-Zeit die „Deutschen Christen“ (DC), eine<br />

faschistische Kirchenrichtung, eindeutig die Oberhand<br />

gewonnen. Widersprüchlich waren z.B. die Positionen<br />

von Pfarrer Emil Vogel von der Pfarrkirche in<br />

der Berliner Allee 87, einem Mitglied der Bekennenden<br />

Kirche, der zwar zum Christentum konvertierten<br />

Juden zur Emigration verhalf, aber nicht generell die<br />

faschistische Judenpolitik ablehnte. Diese Halbheiten<br />

entsprangen den geistig-autoritären Kontinuitäten<br />

des deutschen Protestantismus und seinem Festhalten<br />

an nationalistisch-monarchistischen Werten. Pfarrer<br />

Vogel war schon im Kaiserreich in der Weißenseer<br />

Gemeinde tätig. Führt es nicht zu einem „selektiven<br />

<strong>Antifa</strong>schismus“, wenn man Juden, die zu Christen<br />

wurden, beschützt, aber Juden, die Juden blieben,<br />

vergisst? Es blieb ein rassisch-völkischer Geist, der<br />

die Frage unbeantwortet ließ, ob er den Faschismus<br />

abmildern oder abschaffen wollte.<br />

Noch klarer wird die Nähe zum faschistoiden Denken<br />

bei einer früheren Abspaltung der NSDAP, die durch<br />

einen Einzelfall ihre Spuren in Weißensee hinterließ.<br />

Rainer Sandvoß (2000, S. 232ff) berichtete über einen<br />

Anhänger der „Schwarzen Schar“ in Weißensee,<br />

den Laboranten und Weltkrieg I.-Invaliden Karl Petrick<br />

aus der Schönstraße 24. Petrick verteilte illegale<br />

Schriften von Otto Strasser, und seine Wohnung diente<br />

1933/34 als Treffpunkt der „Schwarzen Schar“ im<br />

Berliner Nordosten. Sie wurde vor allem unter Nationalsozialisten<br />

aktiv und propagierte Forderungen<br />

nach einer „Zweiten Revolution“ insbesondere unter<br />

der SA. Dabei zielte sie auf ein Zusammengehen mit<br />

SA-Chef Ernst Röhm. Zunächst vertrat diese „nationalrevolutionäre“<br />

Richtung ebenfalls antisemitischnationalistische<br />

und völkische Positionen. Da sie<br />

jedoch mit den späteren Hauptverbrechen des Faschismus,<br />

der Vernichtung von Millionen Juden und<br />

Nazigegnern, nicht in Verbindung zu bringen ist und<br />

selbst von der NS-Justiz brutal bis hin zu Todesurteilen<br />

verfolgt wurde, spielt sie heute als angeblich<br />

„unbelastete“ Denkrichtung des Neonazismus eine

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