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Antifa Hohenschönhausen - NEA

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Anarchosyndikalist Kurt Wafner aus der Amalienstraße<br />

5 und der Kommunist Karl Teschner aus Malchow,<br />

erinnerten. Da ausschließlich bürgerliche und SPD-<br />

Lehrer an der Schule unterrichteten, die aus ihrer kritischen<br />

Haltung zu den Nazis keinen Hehl machten,<br />

konnten die Faschisten zunächst keinen Einfluss gewinnen.<br />

Ende Februar 1933 kam ein SA-Kommando,<br />

hisste auf dem Schulhof die Hakenkreuzflagge und<br />

forderte von den Schülern das Singen des Deutschlandliedes.<br />

Daraufhin stimmte der couragierte Rektor<br />

Rudolf Zwölfer (SPD), der auch Stadtrat in Weißensee<br />

war, das Arbeiterlied „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“<br />

an, das von allen Schülern mitgesungen wurde.<br />

Die Schüler sangen dann die „Internationale“, solange<br />

bis sie heiser waren. Rektor Zwölfer entfernte sich<br />

nach einer kurzen Rede aus der Schule und auch die<br />

Schüler entschieden spontan. Wir betreten die Schule<br />

nicht, denn „Der Lappen muss runter!“ Der Schulstreik<br />

dauerte einige Tage. Sämtliche Lehrer wurden<br />

versetzt und Rektor Zwölfer kam ins KZ. Trotzdem<br />

blieb der antifaschistische Geist der Schule noch einige<br />

Zeit erhalten. Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen<br />

und Prügeleien zwischen antifaschistischen<br />

Schülern und Hitlerjungen, und bis in das Jahr<br />

1934 hinein war es noch möglich, ohne HJ-Uniform<br />

am Unterricht teilzunehmen.<br />

Einer der Schüler, Kurt Wafner, hatte sich bereits vor<br />

1933 einer Jugendgruppe der anarchosyndikalistischen<br />

FAUD (Freie Arbeiter-Union Deutschlands),<br />

der Freien-Arbeiter-Jugend (FAJ), in Friedrichshain<br />

angeschlossen. Nach 1933 trat diese Gruppe in den<br />

Verband Märkischer Wanderer ein und unternahm<br />

unverdächtige Wanderfahrten. Auf diesen wurde anarchistische<br />

Literatur gelesen und diskutiert, passive<br />

Resistenz gegen die Nazis besprochen, die Aufklärung<br />

unter „unpolitischen“ Jugendlichen vorbereitet,<br />

Auswirkungen des faschistischen Terrors und der<br />

Verhaftungen erörtert und Anregungen zum Lesen<br />

humanistischer Literatur gegeben.<br />

Kurt Wafner, antifaschistische Jugendgruppe 1933<br />

Ein Höhepunkt der anarchistischen Jugendarbeit war<br />

die Organisation einer illegalen Jugendweihefeier im<br />

Mai 1933 am Küstriner Platz in Friedrichshain, die<br />

nicht nur im Gegensatz zur reaktionären Politik der<br />

Kirche stand, sondern nun auch von den Nazis als<br />

Ausdruck „bolschewistischer Gottlosigkeit“ verboten<br />

wurde. Über den antifaschistischen, antiklerikalen<br />

Charakter der Jugendweihe findet man im Jugendwiderstandsmuseum<br />

in der Rigaer Straße kein Wort.<br />

Der Buchdrucker und Kommunist Hugo Matz aus<br />

Weißensee arbeitete seit 1933 in der Preußischen<br />

Druckerei in der Wilhelmstraße 30 im Stadtzentrum.<br />

In dieser Druckerei wurden wichtige interne Schriften<br />

des NS-Staates gedruckt, die Matz und seine Gruppe<br />

umgehend für die KPD beschaffte. So konnte er<br />

im Sommer 1934 die geheime Gestapo-Schrift „Gesamtüberblick<br />

über die kommunistische Bewegung in<br />

Deutschland Anfang 1934“, in der Verhaftungen und<br />

Überwachungen aufgeführt waren, besorgen. Über<br />

Kuriere gelangte die Schrift, die ein Nachdruck war,<br />

zur KPD-Führung. Als das Exemplar bei der Verhaftung<br />

des ehemaligen Reichstagsabgeordneten Max<br />

Maddalena gefunden wurde, fiel der Verdacht unweigerlich<br />

auf die Druckereiarbeiter, aber sie konnten<br />

den Verdacht auf einen korrupten NSDAP-Bonzen in<br />

der Druckerei lenken.<br />

In dieser Aktion zeichnete sich bereits die Kampfform<br />

ab, die seit Mitte der 1930er Jahre bis zum Ende<br />

des Dritten Reichs den Weißenseer Widerstand prägte,<br />

und zwar Arbeit in kleinen Gruppen von <strong>Antifa</strong>schisten,<br />

die nur selten eine Verbindung zu zentralen<br />

Leitungen hatten.<br />

Eine Widerstandsgruppe, die fast die gesamten Nazijahre<br />

hindurch bestand, leitete der KPD-Funktionär<br />

des UB Nord-Ost Herbert Bogdan aus der Belforter<br />

Straße 24. Er wurde im Juni 1933 von der SA angeschossen,<br />

ein Bein wurde ihm amputiert. Anschließend<br />

begann er, eine dezentrale Widerstandsstruktur<br />

mit Fünfergruppen aufzubauen. Bogdan konzentrierte<br />

sich konsequent an konspirativen Methoden und<br />

lehnte den bisherigen zentralistischen Aufbau ab.<br />

Dies machte den Erfolg seiner bis auf ungefähr 150<br />

Kämpfer angewachsenen Organisation aus. Flugblätter<br />

wurden in der Sämerei-Fachhandlung Kurt<br />

Deckert in der Prenzlauer Allee gedruckt und über<br />

die Orthopädie-Werkstatt Robert Szmala in Weißensee,<br />

Berliner Alle 251, von dem Meister Kurt Bretzke<br />

verteilt. Sie gingen in die umliegenden Betriebe<br />

wie Niles, Warnecke & Böhm, Hanka, Trumpf-Werke<br />

und Allgemeine Werkzeugmaschinenfabrik, zu denen<br />

Verbindungen bestanden. In Weißensee waren<br />

die Genossen Gustav Förkel, Karl Keller und Alfred<br />

<strong>Antifa</strong>schistischer Widerstand in Berlin-Nordost /<br />

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