Antifa Hohenschönhausen - NEA
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dürfte etwa 10 bis 15 % der Einwohner erreicht haben.<br />
Dies war zu wenig, um sich selbst von der Nazi-<br />
Herrschaft befreien zu können.<br />
Wartenberg 21.4.1945<br />
Die Rote Armee erreichte im Kampf um Berlin in den<br />
Vormittagsstunden des 21. April 1945 den nordöstlichen<br />
Berliner Stadtrand. An diesem Tag überschritten<br />
Aufklärer der 219. Panzerbrigade des 1. Mechanisierten<br />
Korps der 5. Stoßarmee mit ihrem Kommandeur<br />
Jewsej Wainrub gegen 10.00 Uhr die Berliner Stadtgrenze<br />
und hissten bei Wartenberg die erste rote Fahne<br />
auf Berliner Territorium. In Marzahn, das heftig<br />
umkämpft wurde, wehten noch am gleichen Nachmittag<br />
ebenfalls zwei rote Fahnen. SS- und Wehrmachteinheiten<br />
hatten in letzter Stunde die Dorfkirchen in<br />
Wartenberg, Falkenberg und Malchow gesprengt.<br />
Bereitwillig ließ der Malchower Nazi-Pfarrer Anton<br />
Pöschl dies geschehen. In <strong>Hohenschönhausen</strong> fanden<br />
nur kleinere Kämpfe statt. Manch einer wagte<br />
sogar, eine weiße Fahne aus dem Fenster zu hängen.<br />
Namenlos bleiben die vielen Deserteure der Wehrmacht,<br />
die in jenen Tagen den Krieg auf eigene Faust<br />
beendeten und dafür mit Standgerichten ermordet<br />
wurden. In Berlin waren es wahrscheinlich mehr als<br />
einhundert. Am Faulen See und in der Quitzowstraße<br />
in <strong>Hohenschönhausen</strong> kämpften noch fanatische<br />
Nazis. Kommunisten wie Else Eisenkolb-Großmann,<br />
Hermann Kratzenstein und Willi Retzke leisteten unter<br />
den Deutschen in ihrem Kiez in der Goeckestraße<br />
Überzeugungsarbeit zur Beendigung des Krieges<br />
und stellten sich mutig an die Seite der Roten Armee.<br />
Der <strong>Hohenschönhausen</strong>er Sozialdemokrat Schneidermeister<br />
Emil Bolatzky, der den ganzen Krieg über<br />
eine Anlaufstelle für Nazigegner war, verhinderte mit<br />
weiteren <strong>Antifa</strong>schisten die Sprengung der „Schweinebrücke“<br />
am S-Bahnhof Landsberger Allee. Sie<br />
überredeten Volkssturmmänner zur Einstellung der<br />
Kampfhandlung und kappten die Zündschnüre. Emil<br />
Bolatzky entstammte einer alten sozialistischen Fa-<br />
milie. 1896 geboren, trat er 1908 der sozialistischen<br />
Arbeiterjugend und 1912 der SPD bei. 1918 schloss er<br />
sich der linken Unabhängigen Sozialdemokratischen<br />
Partei Deutschlands an und kämpfte im März 1919<br />
gegen die Noske-Truppen. Später wieder zur SPD<br />
zurückgekehrt, war er bis zum Juni 1933 der letzte<br />
Kreisleiter der Partei in Weißensee. Er gehörte in der<br />
Nazizeit den illegalen Gruppen „Kleiner Vorwärts“<br />
und „Roter Stosstrupp“ an. Die Erfahrungen seines<br />
politischen Lebens führten ihn 1945 an die Seite der<br />
Roten Armee und 1946 in die SED.<br />
Die Panzersperren, die den Zugang nach Weißensee<br />
unterbinden sollten, waren am 22. April 1945 um 6.00<br />
Uhr unter Kontrolle der Roten Armee. Innerhalb von<br />
zwei Stunden besetzten Truppenteile der 3. Stoßarmee<br />
mit Panzern kampflos den Kern von Weißensee. Sie<br />
drangen über die Berliner Allee, die Buschallee und<br />
die Lichtenberger Straße vor. Zahlreiche Einwohner<br />
waren in die Innenstadt geflüchtet.<br />
Vom Antonplatz in Weißensee und von der <strong>Hohenschönhausen</strong>er<br />
Sommerstraße (seit 1954 im Sportforum)<br />
aus nahmen die gefürchteten Salvenwerfer<br />
„Katjuschas“, die „Stalinorgeln“, das Berliner Stadtzentrum<br />
unter Beschuss. Reichspropagandaminister<br />
Goebbels beschimpfte danach die Weißenseer als<br />
„ehrlos und feige“. Einen Tag darauf wurde der Ort<br />
von faschistischen Flugzeugen bombardiert. Auch in<br />
Weißensee gaben sich die überlebenden deutschen<br />
Kommunisten und Sozialdemokraten sofort den Rotarmisten<br />
freudig zu erkennen.<br />
Else Jahn Gedenktafel