Industriemagazin Oktober/2008.
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Consemüller: Natürlich ist das wünschenswert.<br />
Aber Österreich kommt dem Ziel der<br />
2 /3 der Mittel aus der Wirtschaft und 1 /3<br />
aus der öffentlichen Hand schon sehr nahe.<br />
Österreich hat eine andere Wirtschaftsstruktur<br />
als vergleichbare Länder. In<br />
Deutschland, Schweden oder auch Finnland<br />
– Stichwort Nokia – wird die Innovation<br />
von einigen Großunternehmen getrieben.<br />
Die Wirtschaftsstruktur Österreichs ist zu<br />
90 Prozent geprägt von KMUS mit weniger<br />
als 250 Beschäftigten. Zudem haben wir<br />
kaum Hightech-Unternehmen im Land.<br />
Darauf muss bei der Finanzierung Rücksicht<br />
genommen werden. Wenn wir wollen, dass<br />
wir bei den Universitäten – die leider nur<br />
im Mittelfeld sind – ins Spitzenfeld wandern,<br />
muss der Staat Geld in die Hand nehmen.<br />
Aber Sie haben Recht: Bislang galt Kapital<br />
als das Hauptproblem – doch das stimmt<br />
schon lange nicht mehr. Jetzt sind Humanressourcen,<br />
Struktur und Zielgerichtetheit<br />
die Hauptthemen.<br />
Apropos Zielrichtung: Ihr Rat hat seine<br />
Vorschläge für Schwerpunktfelder der nationalen<br />
Forschungsstrategie 2010 defi niert<br />
und kürzlich für 2020 adaptiert. Was ändert<br />
sich?<br />
Consemüller: Österreich ist stark in Nischen<br />
und muss diese auch weiterentwickeln. Es<br />
gibt aber Querschnittswissenschaften, die<br />
bisher überschätzt und übergewichtet waren.<br />
Etwa die Nanotechnologie. Vor fünf<br />
Jahren haben wir uns in diesem Bereich<br />
schnellere Ergebnisse erwartet – besonders<br />
was deren Marktreife anbelangt. Die Ergebnisse<br />
sind zwar längst da – doch noch<br />
sind die Produkte nicht zu bezahlen. Wir<br />
mussten da erkennen, dass wir nicht wei-<br />
ter Milliarden in einen Bereich reinstecken,<br />
in dem wir vielleicht als Technologie-Follower<br />
besser aufgehoben wären.<br />
Das heißt, man hat erkannt, dass Österreich<br />
es sich nicht leisten kann, Nanotechnologie<br />
zur Marktreife zu bringen?<br />
Consemüller: Ja. Zur Marktreife bringen wir<br />
viele Projekte hier nur in Kooperation und<br />
im Rahmen von Projekten der EU.<br />
Also war die starke Fokussierung auf<br />
diese Technologie im Jahr 2003 ein Fehler?<br />
Consemüller: Wir sind mit dem Programm<br />
sehr gut in Gang gekommen, aber es ist<br />
nicht das zurückgekommen, was wir durch<br />
die gleiche Förderung in anderen Bereichen<br />
erreicht hätten.<br />
Was tritt an die Stelle der Nanotechnologie?<br />
Consemüller: Es tritt nichts an die Stelle der<br />
Nanotechnologie. Schon bisher stand die<br />
Nanoforschung unter dem Überbegriff<br />
Werkstoffe. Die Werkstoff-Förderanträge<br />
aus Leoben, Graz und Wien sind in der EU<br />
immer in die Nanolade geraten. Wir müssen<br />
uns jetzt wieder auf die Kernkompetenz<br />
Werkstoffe konzentrieren.<br />
Ist es problematisch, wenn die öffentliche<br />
Hand Themenschwerpunkte defi niert, nach<br />
denen sie dann ihr Füllhorn ausschüttet?<br />
FORSCHEN & WISSEN<br />
Consemüller: Ja, natürlich ist die Themensetzung<br />
der öffentlichen Hand immer ein<br />
Diskussionspunkt gewesen. Das ist auch<br />
gut und soll so bleiben. Es gibt gesellschaftsrelevante<br />
Themen und die müssen sich in<br />
einem Programm, das ein Land hat, widerspiegeln.<br />
Nachhaltigkeit ist ein gesellschaftsrelevantes<br />
Thema. Energie ist ein gesellschaftsrelevantes<br />
Thema. Life Science ist<br />
eines. Und dort muss auch jedes Land<br />
seine Profi lierung und sein Porträt selbst<br />
entwickeln.<br />
Der Nano-Flop wirft natürlich eine Frage<br />
auf: Der Staat gibt jährlich über 5 Milliarden<br />
Euro an Geldern für Forschung und<br />
Entwicklung aus. Wer kontrolliert die Effi -<br />
„Ich sage immer, es ist das vornehmste Recht jedes<br />
Einzelnen, sich jene Berater auszusuchen, zu denen<br />
man das größte Vertrauen hat. Dafür habe ich<br />
vollstes Verständnis.“<br />
Knut Consemüller über sein Verhältnis zur letzten Bundesregierung<br />
zienz der Maßnahmen? Gibt es da ein Controlling?<br />
Consemüller: Wir haben in den letzten Jahren<br />
ein Strategieelement entwickelt, das in<br />
Zukunft die Auswirkungen der Forschungsgelder<br />
auf die Produktivität und das Wachstum<br />
der Volkswirtschaft untersucht.<br />
Ist es nicht absurd, dass zuvor Unsummen<br />
in die Forschung gepumpt wurden und eigentlich<br />
niemand weiß, was dieses Geld<br />
bewirkt?<br />
Consemüller: Das ist ein ganz heißes Thema.<br />
Besonders im Finanzministerium drängt<br />
INDUSTRIEMAGAZIN 10/<strong>Oktober</strong> 2008 119